Epilog

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Drei Monate später

Gehetzt lief ich in Richtung U-Bahn. Ich würde bestimmt zu spät kommen. Das wusste ich bereits. Aber ich hatte ja keine Ahnung gehabt, dass mein Schauspiellehrer die Stunde überziehen würde und ich dadurch ebenfalls vollkommen auf die Zeit vergessen würde. Das Thema heute war einfach so spannend gewesen, dass ich gar nicht bemerkt hatte, wie spät es eigentlich schon war. Außerdem hatte ich im Anschluss erfahren, dass ich meine erste Rolle in einem Theaterstück der Royal Academy of Dramatic Art spielen würde.

Dass sie mich ausgewählt hatten, war für mich immer noch so surreal. Obwohl meine Rolle eine sehr kleine war und ich die meiste Zeit der Protagonistin folgen würde, machte es mich stolz, dass man mir jetzt schon die Möglichkeit gab, mein Talent unter Beweis zu stellen.

Ich bog um die Ecke, zückte meine Bahnkarte aus meiner Tasche, damit ich gleich das Drehkreuz passieren konnte, und schaute dabei gar nicht auf meine Umgebung. Was sich als schlecht herausstellte, denn ich lief schnurstracks gegen die erste Person, die mir entgegenkam.

„Oh mein Gott, es tut mir so unglaublich leid", entschuldigte ich mich bei der Person, die sich, wie ich jetzt herausfand, um eine Frau handelte, dessen pinke Haarsträhnen in alle Richtungen standen. Sie dürfte eine Akte unter dem Arm gehabt haben, denn um uns herum waren nun Zettel aller Art verteilt.

Obwohl es die Zeit eigentlich nicht zuließ, konnte ich mich nicht davon abhalten, ihr zu helfen. Immerhin war es meine Schuld gewesen, dass sie jetzt ein solches Chaos beisammen hatte.

„Alles gut. Ich habe auch nicht auf meinen Weg geschaut", versicherte sie mir und blickte mich aus ihren braunen Rehaugen an.

Gemeinsam sammelten wir ihre herausgefallenen Zettel wieder ein und ich verabschiedete mich bei ihr. Nicht aber, ohne mich nochmal bei der Frau zu entschuldigen. Anschließend lief ich zur Station und erwischte noch gerade rechtzeitig die U-Bahn, bevor sich die Türen schlossen. In London musste man wirklich schnell sein, denn die Türen der Züge kannten keine Gnade. Wenn man eingeklemmt war, fuhr sie trotzdem los.

Nach einem Blick auf mein Handy, erkannte ich, dass ich wirklich spät dran war, um es noch rechtzeitig zu meinem Date mit Lando zu schaffen. Aber ich konnte echt nichts dafür und ich hoffte, er würde meine erneute Verspätung verkraften. Mittlerweile war das schon zur Gewohnheit geworden.

Als ich endlich an der Station ankam, bei der ich aussteigen musste, beeilte ich mich, um Lando nicht noch länger warten zu lassen. Ich lief die Treppen hoch und trat hinaus ins Freie. Der Verkehrslärm Londons fühlte sich mittlerweile schon so vertraut an, genauso wie die Menschenmassen, die tagtäglich von ihrem Appartement zu ihrem Arbeitsplatz eilten und später wieder zurück. Touristengruppen, sowie Obdachlose begegneten mir zahlreiche den ganzen Tag über. Und doch hatte ich noch nicht genug von London. Ich liebte diese Stadt und konnte mir vorstellen, für immer hier zu wohnen.

Ich kam vor dem Restaurant an, vor dem Lando schon auf mich wartete und mich mit einem amüsierten Blick betrachtete. „Du kannst froh sein, dass ich extra eine Viertelstunde später reserviert habe, als ausgemacht war, Prinzessin", begrüßte er mich mit einem Lachen.

Es fiel mir nicht schwer, ebenfalls in sein Lachen miteinzusteigen und drückte ihm einen Kuss zur Begrüßung auf die Lippen. Ich hatte ihn vermisst. Nachdem er vor zwei Tagen aus Brasilien zurückgekommen war, wollte ich Lando nun einfach nur mehr für mich haben. Zumindest so lange, bis er zum Saisonfinale nach Abu Dhabi aufbrechen musste.

Leider konnte ich bei dem Rennen nicht dabei sein, weil mich die Schauspielschule sehr viel meiner Zeit kostete. Aber so spielte nun mal das Leben und Lando wusste, dass ich ihn von meinem Appartement aus anfeuern würde. Jeden Rennsonntag lief in meinem Fernseher der Sportkanal und so langsam fand ich Gefallen an dem Sport, mit dem ich noch nie in meinem Leben etwas hatte anfangen können.

„Ach so, jetzt reservierst du also immer später, als ausgemacht?", witzelte und stieg auf seinen Kommentar ein. So lief das nun schon eine Weile zwischen uns und ich war froh, dass wir nach unserem holprigen Start, endlich keine Steine mehr in den Weg gelegt bekamen. Seit unserem Neustart im Sommer war unsere Beziehung aufgeblüht und ich fühlte mich besser, denn je.

Auch meine Therapie bei Dr. Summers lief gut. Ich merkte nach jeder Sitzung ein paar mehr Fortschritte und freute mich über jeden noch so kleinen. Zwar gab es immer noch die Momente, in denen ich mich in den Spiegel schaute und Dinge an meinem Körper fand, die mir nicht gefielen, aber ich lernte mehr und mehr, damit umzugehen. Ich war stolz auf mich, dass ich es geschafft hatte und mich auf einem Weg befand, auf dem ich mich auch wohl fühlte.

„Kommst du nachher mit zu mir?", fragte ich Lando, als wir das Restaurant betraten, das eher klein war und wo wir nicht gestört werden würden.

Durch Landos Bekanntheit im Sport war es nicht immer einfach für uns, Dates zu genießen, denn es kam durchaus vor, dass Fans uns entdeckten und Fotos mit Lando machen wollten. Zwar störte mich das nie und ich sagte auch nie etwas, doch es war auf Dauer doch lästig, wenn unsere Zweisamkeit unterbrochen wurde.

„Aber sicher doch", erwiderte Lando. Er nahm mir meinen Mantel ab und hängte ihn auf die Garderobe in dem Restaurant.

Da mittlerweile schon November war, war auch schon wieder die Kälte in Großbritannien eingekehrt und kündigte damit den Winter an, der kurz bevorstand. Die ersten Weihnachtsbeleuchtungen hingen bereits und ich freute mich schon wie ein kleines Kind auf diese Zeit. Weihnachten wollten Lando und ich zusammen bei meiner Mum und meinem Bruder in Cardiff verbringen und dann einen der Feiertage zu seiner Familie fahren. Dann würden auch Ferien sein und ich konnte mich voll und ganz darauf konzentrieren und musste keine Abgaben oder Prüfungen beachten.

Seit September wohnte ich auch in meiner eigenen Wohnung. Entgegen Landos Protest, waren wir nicht gleich sofort zusammengezogen. Ich fand, dass wir uns erst einmal Zeit lassen sollten. Unser Start war teilweise zu schnell gewesen, sodass wir nun einen Gang zurückschalten sollten. Aber das war gut so und funktionierte bestens.

„Ich muss dir übrigens was erzählen", begann ich begeistert, als der Kellner unsere Bestellungen aufgenommen hatte. Ich grinste bis über beide Ohren und Lando kam nicht dagegen an, ebenfalls zu lächeln.

„Ja? Schieß los. Was ist passiert?", fragte Lando und griff über den Tisch hinweg nach meiner Hand. Noch immer löste eine einfache Geste wie Händchen halten ein Kribbeln in meinem Bauch aus, das mich beinahe vom Hocker fegte. Ob ich mich jemals daran gewöhnen würde?

„Ich habe eine Rolle im Wintertheater der RADA bekommen", rückte ich schließlich mit der Sprache heraus und spürte, wie mich der Stolz erneut überkam. Endlich fühlte ich mich nicht mehr, als wäre ich nicht gut genug. Ich hatte für diese Möglichkeit hart gearbeitet und auch, wenn es keine Hauptrolle geworden war, so war ich dennoch dankbar, dass ich überhaupt gleich in meinem ersten Studienjahr auf der renommierten Schauspielschule eine Rolle in einem Theaterstück bekommen hatte.

„Ehrlich? Das ist ja unglaublich. Dann haben wir heute gleich einen Grund, um ausgiebig zu feiern", sagte Lando.

Sein Lächeln war ehrlich und die Freude darüber, dass ich es geschafft hatte ebenfalls. Er war stolz auf mich, das merkte ich mit jeder Faser meines Körpers. Lando unterstützte mich und ich unterstützte ihn. Wir standen hinter einander und freuten uns über jeden noch so kleinen Erfolg im Leben des jeweils anderen.

All diese kleinen Dinge formten unsere Beziehung und wir wuchsen mit ihr. Wir lernten immer weiter und fanden jeden Tag neue Dinge über den anderen heraus. Ich liebte Lando und er liebte mich.

Und unsere Geschichte hatte gerade erst begonnen.


*+*+*+*+* bitte weiterblättern! *+*+*+*+*

Play my Heart (Lando Norris FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt