VII

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"Was sind deine schlechten Eigenschaften?"

"Die willst du nicht wirklich wissen."

"Doch, will ich."

Nachdem es heute fast den ganzenTag geregnet hatte, war der Boden immernoch ziemlich nass. Aber zum Glück hat es schon vor ein paar Stunden aufgehört & der Himmel war nun klarer denn je. Mir kam es so vor, als hätten die Sterne noch etwas an Leuchtkraft hinzu bekommen, als wollten sie sich bemühen nach dem Unwetter noch heller & schöner zu funkeln. Wie die Blüten eines Kirschbaums, nach dem langem & kalten Winter, die wie es schien jeden Frühling noch schöner & noch größer zu werden.

"Okay wie du meinst. Ich beise Fingernägel & ich weiß, dass das richtig widerlich ist, aber ich kann nichts dagegen tun. Ich hab schon so oft versucht damit afzuhören, aber nichts hat geholfen, also hab ichs mittlerweile aufgegeben. Die Zweite ist, dass ich einfach mal einen ganzen Tag garnichts esse & am nächsten mich mit Zeug vollstopfe, als gäbe es kein Morgen. Ich mach das nicht, weil ich irgendwie Magersüchtig oder so bin, ich mach das, weil Essen zurzeit das Einzige ist, das ich meinem Leben kontrollieren kann, der Rest läuft einfach alles aus dem Ruder & ich bin mir ziemlich sicher, dass jeder irgendetwas braucht, das er unter Kontrolle hat, bei mir das essen.

"& jetzt will ich deine hörn."

"Meine schlechten Eigenschaften, hm?"

"Mhm."

Stille.

"Ich hibbele immer mit meinen Beinen & irgendwie regt das manche Leut so richtig auf. Wenn sie mir das sagen, hör ich vielleicht für ne Minute damit auf, aber dann fange ich unbewusst wieder an. Die Leute meinen immer, dass ich das mit Absicht mache, um sie zu nerven. Dann bin ich auch noch ziemlich unmutig, mir fällt gerade irgendwie das Wort nicht ein. Das Gegenteil von Mutig."

"Feige?"

"Ja genau, Feige. Jetzt nicht im Hinblick auf Falschirmspringen oder so, da wäre ich wahrscheinlich die Erste, die aus dem Flugzeug springen würde, sondern eher im Hinblick darauf, dass ich zu feige bin über meine Gefühle zu sprechen, egal mit wem & die dritte schlechte Eigenschaft von mir ist, dass ich fast nicht schlafe. In manchen Nächten gar nicht, in anderen nicht mehr als 3 Stunden. Denn wenn ich wirklich schlafen würde, könnte ich nicht kontrollieren, was ich Träumen würde, ob es ein Albtraum ist oder ein schöner Traum, um was er handelt und so weiter. Wenn ich wach bleibe kann ich genau das vormich hin träumen, das ich möchte. Bei dir das Essen, bei mir die Träume."

"Noceur. Du bist ein Noceur."

"Ein was?"

"Jemand der erst spät, nur wenig oder garnicht schläft."

Ich lachte.

"Ich könnte auch einfach nur ein Freak sein."

"Ist nicht jeder irgendwie ein Freak?"

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