Kapitel 1: Die neue Schule

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Sie erwachte mit einem Ächzen als der Wecker ihre sämtlichen Träume, gute wie schlechte, zerklingelte um sie endlich zum Aufstehen zu bewegen. Wobei er in Aimeés Fall vielmehr versuchte sie wach zu singen, die leidenschaftlicher Gamerin hatte nämlich einen ihrer Lieblingssoundtracks als Weckton eigestellt. Schließlich erhob sie sich mit einem leichten Murren, wie bereits in den letzten Wochen und Monaten hatte sie schlecht geschlafen. Heute sogar besonders schlecht, der erneute Beginn ihres Schullebens sorgte nicht unbedingt für Wohlbehagen bei ihr. Am liebsten hätte sie daraus verzichtet aber sowohl Tante Tomomi als auch Dr. Riebmann hatten gemeint sie müsse langsam wieder an die Außenwelt herantreten, das Leben herausfordern, um alles besser verarbeiten zu können. Am meisten hasste sie das beide damit recht hatten und als sie Alex um Hilfe gebeten hatte war sie der gleichen Meinung gewesen.

Die junge Frau seufzte erneut und stellte den Wecker aus um sich langsam, schlurfend auf den Weg in das Badezimmer zu machen. Die kleine Wohnung, die ihre Tante ihr besorgt hatte, gefiel ihr, klein und gemütlich, abgeschirmt und vor allem gab es eine Badewanne. Ein kleines, aber wichtiges Detail für Jemanden der so vernarrt in Entspannungsbäder, Salze und dergleichen war wie es bei Amieé der Fall war. Ein schönes warmes Bad war so viel verlockender als ein erster Schultag an einer neuen Schule, noch dazu, wenn man das halbe Schuljahr bereits vom Stoff her kannte.

Eine Viertelstunde später war sie frisch geduscht und damit auch ein ganzes Stückchen wacher als sie sich ihr Smartphone schnappte und in die Küche spazierte. Eigentlich frühstückte sie morgens nie etwas, aber heute hatte sie ein Gefühl der Übelkeit übermannt, wahrscheinlich die Aufregung. Als ihr Handy auf dem Tisch vibrierte machte sie sich eine mentale Notiz diesen Alarm endlich auszustellen, sie hasste es, wenn andere Smartphones vibrierten, herumklingelten oder wenn Leute die auditive Tastatur nicht abschalteten, also wollte sie definitiv nicht das Gleiche machen. Eine Nachricht von Alex, eine von ihrer Tante. ‚Du packst das Asai!' „Du mich auch." Murmelte sie vor sich hin, nachdem sie die Mitteilung ihrer Ex-Freundin gelesen hatte, dennoch musste sie unwillkürlich Grinsen. Sie tippte lediglich eine kurze Antwort. ‚Entscheide dich für einen Namen.' Der Spitzname Asai, der ihr verpasst wurde, kam daher das Alex und Dennis damals die ersten beiden Buchstaben ihrer Namen kombiniert hatten, Asahi und Aimeé. Sie war sich bis heute nicht sicher ob die Mischung an sich sie so störte oder dass bei dieser Kombination Asahi vorne stand. Obwohl ihre Mutter damals wohl drauf bestanden hatte das sie einen Namen von je einer der Kulturen ihrer Eltern bekommt konnte sie ihren japanischen Namen nicht ausstehen. Genauso wenig wie sie die Morgensonne ausstehen, konnte die dieser Name beschrieb.

Auch auf die Nachricht ihrer Tante die ihr ‚einen guten ersten Schultag' gewünscht hatte antwortete sie schnell, aber etwas höflicher. Während sie sich ihren Toast hineinzwang, packte sie ihre Schultasche, lediglich ein Block, einige Stifte und ihr Laptop befanden sich am Ende darin. Bücher gab es noch keine und irgendwelche speziellen Dinge wie Taschenrechner, Geodreieck oder Marker wollte sie nicht direkt am ersten Schultag mitnehmen. Wäre ja auch etwas Overkill, dachte sich die Schülerin und warf einen Blick in den großen Spiegel im Flur. Alex hatte sie mal als Mischung als Lara Croft und Hana Tsu Vachel mit einer Prise Nerd beschrieben. Sie hatte damals lieber nicht gefragt woher einige dieser Ideen kamen aber so ganz unrecht hatte sie wohl nicht gehabt. Ihre seidigen, beinahe schwarzen Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden während seitliche Strähnen ihr Gesicht einrahmten, die Augen hatte sie eindeutig von ihrem japanischen Vater, die wiesengrüne Farbe hingegen von ihrer Mutter. Auf ihrem schlichten, hellgrauen T-Shirt war ein Motiv ihrer liebsten Webserie zu sehen und ihre dunkelblauen Jeans waren schlicht und simpel. Und das klassische Schönheitsideal war auch nicht gerade, schmale simple Lippen, durchschnittlich großer Busen, allgemein recht durchschnittlich. Nicht dass sie das störte... vielleicht nur ein klein wenig.

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