Kapitel 7: Alte Liebe, neue Liebe

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„Immer herein in die gute Stube." Aimeé schloss die Tür auf und stellt die vollen Einkaufstüten in den Flur, um sich die Schuhe auszuziehen. Gerade als Alex sich an ihr vorbeischieben wollte hielt sie diese zurück. „Nuh-uh. Du kennst die Regeln." Ihr Gegenüber seufzte leicht und nickte. „Schuhe aus bevor's in die Wohnung geht. Manche Dinge ändern sich nie, oder?" „Niemals!" Sie grinste und sah dabei zu wie Alex ihre Schuhe auszog und ordentlich abstellte. „Da kommt die Japanerin in dir durch" „Nicht nur da..." Sie schnappte sich die beiden Tüten und marschierte Richtung Küche, Alex folgte ihr.

Ihre Begleitung sah sich neugierig um. Erst im Flur, dann im Wohnzimmer und schließlich in der Küche. Dann pfiff sie anerkennend. „Nicht schlecht, wenn ich dagegen meine Studentenbude ansehe... Ein richtiges Wohnzimmer ist schon verdammt geil." „Kostet wahrscheinlich auch mehr."

.Aimeés Herz pochte aufgeregt, es war als hätte sie sich niemals von Alex getrennt. „Wahrscheinlich... gib mir die Kühlschranktüte, die räume ich ein." Wortlos reichte sie ihr die Tüte und machte sich selbst daran die anderen Einkäufe wie Snacks, Nudeln und Obst zu verstauen. Kurz musste sie schmunzeln als Alex es ohne größere Schwierigkeiten schaffte alles wunderbar ordentlich in den Kühlschrank zu räumen, sie kannte Aimeés Anordnung anscheinen noch immer. Getränke kamen immer ins oberste Fach, darunter Joghurt, Pudding und dergleichen, darunter Dinge wie Butter, Marmelade und im untersten Fach schließlich Gemüse und Obst, das gekühlt werden musste.

Einige Minuten voller Stille verstrichen, während die Beiden alles einräumten. Anschließend setzte Alex sich an den Küchentisch und musterte Aimeé prüfend. Noch immer, ohne etwas zu sagen, blickte sie stumm und fragend zurück. Als Antwort breitete Alex ihr Arme einladend aus und lächelte. Erneut zögerte sie, was genau sie abhielt wusste sie selbst nicht genau doch schließlich nach einigen Augenblicken, setzte sie sich auf Alex' Schoß und legte die Arme um sie.

„Ich hab dich vermisst Asahi." Ein Gefühl von Schuld überschwemmte Aimeé. Sie hatte sich damals nach dem Unfall von Alex getrennt, obwohl sie diese noch immer liebte. Obwohl sie wusste, wie sehr es Alex wehtun würde und obwohl Alex sie die Ganze Zeit unterstützt hatte. „Entschuldige..." sie vergrub ihr Gesicht in Alex' Schulter. „Kannst du ja am wenigsten für." „Klang wie ein Vorwurf..." Gab sie zurück und klang dabei unabsichtlich wie ein trotziges kleines Kind. „Mhm... Ich bin leider auch nur ein Mensch." Langsam strich Alex über Aimeés Rücken. „Und gerade, weil ich weiß das es an uns nicht lag... naja, zumindest nicht wirklich."

Sie hob den Kopf und sah Alex direkt in die Haselnussbraunen Augen, diese erwiderte den Blick. „Hab ich den noch eine Cha..." „Ja!" Unterbrach Aimeé ihr Gegenüber direkt und sah sie ernst an. „Ich..." Sie suchte nach den richtigen Worten. „Ich wollte... will dich einfach nur nicht in alles reinziehen." Leicht beschämt wendete sie den Blick ab und musterte angestrengt die Kühlschranktür. „Warum nicht? Dafür sind Partner doch da oder nicht?" Alex zwang ihren Kopf sanft wieder in eine Position, in der sie ihrem Blick nicht mehr ausweichen konnte. „In guten wie in schlechten Zeiten, kitschig, aber so heißt's doch." „Oho, kommt da direkt der Heiratsantrag?" Mit einem dicken Grinsen im Gesicht wischte sie sich eine kleine Träne aus dem Augenwinkel. „Die einzigen Ringe, die wir haben sind Zwiebelringe." Konterte Alex direkt und grinste ebenfalls.

„Hey... darf ich dich küssen?" Diesmal zögerte Aimeé nicht und nickte sofort. Sie hatte noch immer Angst. Angst Alex zu verletzen, angst es wieder zu versauen, angst die Kontrolle zu verlieren. Damals war es die einfachste Lösung gewesen selbst alles zu beenden, weil sie es beenden konnte, weil sie die Kontrolle darüber hatte, was in ihrem Leben geschah. Aber jetzt... Jetzt fühlte es sich so an als hatte sie ihr Leben wieder genug in den Griff bekommen, um etwas Kontrollverlust hinnehmen zu können.

In diesem Moment gingen Aimeé so viele unterschiedliche Dinge durch den Kopf das sie den tatsächlichen Kuss beinahe verpasste. Lediglich das Gefühl wie Alex' Lippen sich von ihren Eigenen löste bekam sie noch mit. „Sind wir dann jetzt wieder zusammen?" Fragte Aimeé etwas unsicher. Alex starrte sie für wenige Sekunden etwas verwirrt an und begann anschließend laut zu lachen. „Nice one Asai, wer brauch schon Subtilität oder romantische Augenblicke?" Es schien so als würde sie gar nicht mehr aus dem Lachen herauskommen. Beleidigt plusterte Aimeé ihre Backen auf. „Man darf ja wohl noch fragen." Dann stand sie auf und ging zum Kühlschrank.

„Dann... puh... der hat mich gekillt..." Alex beruhigte sich langsam wieder, während Aimeé eine Flasche Eistee aus dem obersten Fach zog und daraus trank. „Dann sag du es mir. Du hast mich damals abserviert." Sie ob eine Braue. „Abserviert klingt echt brutal. Ich habe es... beendet?" „Klingt in meinen Ohren immer noch recht brutal." Auch Alex erhob sich von ihrem Stuhl und umarmte Aimeé von hinten. „Also...? Du weißt was du antworten musst damit dieses Wochenende nicht unfassbar akward wird?" Da war es wieder, man könnte ihrer Stimme dieses Grinsen entnehmen. Sie trank einen weiteren Schluck. „Im Zweifel kann ich dich ja einfach rausschmeißen, vielleicht sollte ich das für diesen Erpressungsversuch tun?" Dann löste sie sich aus der Umarmung und gab Alex, bevor diese reagieren konnten, einen Kuss.

Circa eine halbe Stunde später lagen die beiden auf der Couch, Aimeé lehnte sich an Alex, welche wiederum einen arm um sie gelegt hatte, und sahen sich eine Dokumentation an. Auf dem Tisch standen die angefangene Flasche Eistee, Grüner Tee mit Ginseng und Honig, Aimeés Lieblingssorte, eine Flasche Orangenlimo und die Zwiebelringe. Die Dokumentation war vielmehr ein Beiwerk und lief vor sich hin, es ging dabei um Quellwassserflüsse- und Seen in Deutschland, sowie deren Bewohner. Nicht ganz unspannend wie sie fand aber auch keine Konkurrenz zu ihrer, jetzt wieder, Freundin.

„Wem schreibst du?" Sie musterte Alex' Handy. „Meinen Eltern, damit die mir nicht mehr auf die Nerven gehen." „Weil du spontan weggefahren bist?" „Wegen dir." Aimeé hob überrascht die Brauen. „Mir?" Alex sprach absichtlich mit tiefer Stimme. „Du musst dich gut um sie kümmern, so ein Mädchen findet man nur einmal im Leben." Dann versuchte sie sich ein eine hohen, quietschigen Stimme. „Gib sie ja nicht auf hörst du!" Aimeé starrte sie leicht errötet und mit offenem Mund an. „Warum hast du mir das nie erzählt?!" „Was hätte ich dir sagen sollen? ‚Hey, ich weiß was alles passiert ist aber meine Eltern wollen das wir wieder zusammen sind'? Mal ehrlich dafür hättest du mir eine runtergehauen... Zumindest hättest du mir dafür eine runterhauen sollen."

Sie grinste leicht und nickte. „Auch wieder wahr." Langsam strich sie über Alex' linken Arm und studierte das Tattoo. Sie kannte es bereits gut, aber sie mochte es solche Dinge genauer zu mustern, man wusste schließlich nie was man alles entdecken konnte. Es zeigte ineinander verschlungene, geometrische Muster, die sich von der Schulter bis zum Handgelenk in Lilien verwandelten. Von diesen Lilien gab es insgesamt fünf Stück, der Raum zwischen den Blumen war mit weiteren geometrischen Formen gefüllt. „Sie mögen dich zu sehr, wahrscheinlich wollen sie dich auch mal wieder sehen wenn's wieder offiziell ist." „Mhm... schade nur das ich hier festsitze..." Gab sie leicht sarkastisch zurück und aß eine Hand voll Zwiebelringe.

„So schlimm sind meine Eltern auch wieder nicht." „Das nicht aber... wie soll man es sagen..." Alex verdrehte die Augen und klaute Aimeé die Flasche Eistee vor der Nase weg. „Übermotiviert? Sie freuen sich einfach, es kann anstrengend sein aber ist doch deutlich besser als Eltern die sich gar nicht für ihre Kinder interessieren." „Oder Eltern, die geschockt sind das ihre Tochter eine Frau mit nach Hause bringt." Alex reichte ihr die Flasche und schmunzelte amüsiert. „Willkommen im 21. Jahrhundert oder ist das hier noch nicht angekommen?" Sie zuckte mit den Schultern, woher sollte sie das wissen? Immerhin hatte sie kau die Wohnung verlassen und in der Schule sprach man nicht unbedingt über die Akzeptanz von Homosexualität.

„Hey..." Aimeés Augen leuchteten etwas. „Wollen wir spazieren gehen, so wie früher?"

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