Kapitel 2: Ein komischer Tag

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Der Rest des Schultages verlief, wie man es erwarten konnte. Außerhalb von schulischen Themen sprach Niemand Aimeé an, nicht dass sie sowas stören würde oder dass sie es anders machte. Als die Schulglocke endlich das erlösende Signal gab, sprangen fast alle sofort auf und packten ihre Sachen zusammen, um schnellstmöglich rauszukommen. Sie selber nahm sich Zeit, wenn man etwas langsamer war, geriet man seltener in den Strom der Schüler, die sich alle gleichzeitig aus dem Gebäude quetschten. Lediglich drei weitere Personen warteten ebenfalls. Amber die an ihrem Handy hing und mit irgendjemandem in Englisch telefonierte, ein Junge der geistesabwesend aus dem Fenster starrte und ein Mädchen mit rot gefärbten Haaren. Nach einigen Minuten machte sich Aimeé auch auf den Weg, Amber grinste ihr kurz zu und hob ihre Hand zum Abschied. Sie nickte lediglich und lächelte höflich.

Als sie die Stufen zurück ins Erdgeschoss hinabstieg verfiel sie erneut ihren Gedanken. Dabei zog sie ihr Handy aus der Hosentasche und entsperrte den Bildschirm, um eventuelle neue Nachrichten zu checken. Ein verpasster Anruf und eine Nachricht von Alex. Seltsam, ihre Ex sollte doch wissen das sie bis eben in der Schule gesessen hatte. Aimeé las sich die SMS durch: ‚Sorry, macht der Gewohnheit. Ruf mich an, wenn du reden willst.', dann grinste sie. Das Handy verschwand wieder in der Tasche und Aimeé trat aus dem Schuldgebäude heraus, die Sonne blendete etwas. Einige Schüler waren noch immer im Pausenhof zugange, unterhielten sich oder waren gerade dabei auf ihre Fahrräder zu steigen. Aimeé schob sich zwischen den Leuten vorbei die am Eingangstor schwatzten und machte sich sofort auf den Weg nach Hause. Ein wenig Ablenkung wäre jetzt genau das Richtige, vielleicht ein bisschen zocken, etwas ansehen oder... oder doch mal Alex anrufen?

Plötzlich riss eine Stimme sie aus ihren Gedanken. „Hey, wohnst du auch in der Richtung?" Sie blickte über ihre Schulter und sah einen Jungen mit rot-braunen Locken, einigen Sommersprossen im Gesicht und auffällig blauen Augen. Er sah ein wenig wie ein menschlicher Hobbit aus. Aimeé erkannte ihn, sein Name war Alexander Schiefer und er saß direkt in der ersten Reihe. Er war ihr nur aufgefallen, weil Anna ihn die ganze Zeit angestarrt hatte. „Ja, meine Wohnung ist hier um die Ecke." Aimeé bemühte sich um ein freundliches Lächeln und drehte sich zu ihm. „Und du auch?" Kurz hob der junge Mann eine Braue. „Deine Wohnung? Du wohnst hier allein?" War das wirklich so seltsam? Sie erwischte sich dabei, wie ihr innerer Verteidigungsreflex ansprang und direkt in Aktion treten wollte, schaffte es aber noch ihn zu bändigen.

„Ja, ich wohne allein." Gab sie knapp zurück und hoffte ihr Gegenüber würde von selbst bemerken das sie gerade nicht reden wollte. Aber sie schien umsonst zu hoffen. „Das ist verdammt cool so frei zu sein, manchmal würde ich mir sowas auch wünschen damit meine Eltern mir nicht so auf die Nerven gehen." Aimeé schluckte schwer. „Ist ganz ok. Ich muss los." Sie nickt knapp und wandte sich zum Gehen, als Alexander zu ihr eilte und langsam neben ihr herging. „Kein Ding, ich muss ja auch in diese Richtung." Sie seufzte lautlos und nickte anschließend, ohne etwas zu sagen. Ihr übereifriger Begleiter schien bemerkt zu haben das sie nicht zu Gesprächen aufgelegt war, vor allem nicht zu welchen die Eltern beinhalteten.

Es dauerte einige Minuten, bis die peinliche Stille verflog und Alexander stehen blieb. „Ich muss hier lang. Wir sehen uns morgen in der Klasse." Er lächelte freundlich, Amieé versuchte sich ebenfalls an einem freundlichen Lächeln und blickte ihm kurz nach. Einige Sekunden später ging sie weiter und atmete geräuschvoll aus. „Boah..." Trotzdem konnte sie ihm keine Vorwürfe machen, er wusste ja nichts über ihre Umstände und meinte es wahrscheinlich nur freundlich. Die restlichen Meter bis zu ihrer Wohnung dachte sie darüber nach, ob sie sich morgen bei ihm entschuldigen oder es einfach dabei belassen sollte.

Sofort nachdem sie den ersten Fuß in die Wohnung gesetzt hatte, flog ihr Rucksack in eine der Ecken im Flur, die Schuhe landeten daneben und die müden Füße trugen Aimeé direkt zum Kühlschrank in der Küche, wo sie sich eine Dose Lycheesaft herausnahm und in ihr Zimmer ging. Noch immer spielte sie mit dem Gedanken Alex anzurufen, vielleicht war es ja ganz nett etwas mit ihr zu quatschen. Ihre Tante war auf der Arbeit und ihr Termin mit Dr. Riebmann war erst in zwei Tagen. Erstmal wollte sie nachsehen, ob es etwas neues Online gab. Das leise Surren der Lüfter erfüllte den Raum als sie ihren PC anschaltete und es sich in ihrem Stuhl gemütlich machte.

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