Zuhause angekommen, ging ich direkt in mein Zimmer. Es war sowieso niemand wach, schließlich war es bereits halb 3.
Ich legte mich auf mein Bett und versuchte meine Atmung zu beruhigen. Meine rechte Hand schmerzte. Kein Wunder, meine Knöchel waren aufgerissen und verkrustetes Blut klebte daran. Mein Mittelfinger machte mir mehr Sorgen, er war angeschwollen und nahezu unbeweglich.
"Super. Echt, super." murmelte ich zu mir selbst. Vielleicht hilft schlafen, wenn ich überhaupt kann. Ich zog mein Shirt und meine Hose mit meiner linken Hand aus und warf beides in die Ecke. Ich legte mich auf meine zu harte Matratze und verschränkte die Arme hinter dem Kopf, soweit es eben ging.
Wieso musste mir eigentlich immer so ein scheiß passieren? Da denkt man, dass es endlich wieder bergauf ging und dann kamen alle schlechten Erlebnisse wieder auf mich zugestürmt. Wie eine Horde wilder Bestien, vor denen ich nicht fliehen konnte. Sie überannten mich und verwundeten meine Seele im Galopp. Zurück blieb eine verkrüpelte Version meiner Selbst, die sich wieder einmal ganz allein aufraffen und die Wunden flicken musste. Es reichte nicht, dass das alles passiert war. Nein, es musste warten bis ich mich wieder gut fühlte und bereit für etwas Neues war, um mich dann daran zu erinnern, wie schmerzhaft soetwas ausgehen kann.
Seit dem ich Jan und Liz erwischt hatte, traute ich mich in keine Beziehung. Ich ließ alle Mädchen links liegen, denn ich war.. ich bin verletzt. Ich dachte sie wäre die Liebe meines Lebens, ich glaubte nicht leichtfällig an sowas, aber nach einem halben Jahr Beziehung kannten wir uns so gut, dass ich auch den Rest meines Lebens mit ihr verbringen wollte.
Ich wartete auf sie, ich war immer der perfekte Gentlemen gewesen. Jedenfalls versuchte ich das. Ich trug sie auf Händen, denn ich wollte, dass sie wusste wie sehr ich sie liebte. Sie war mein Lichblick, als meine Familie damals kurz davor war außeinander zu brechen. Sie ließ mich alles vergessen. Ich hatte einfach Spaß mit ihr, nie hatte ich jemanden so respektiert und geschätzt. Nicht einmal geschlafen habe ich mit ihr... Was letztendlich wohl der Fehler war. Denn das einzige, was ich ihr geben wollte, wenn auch sie bereit war, holte sie sich von ihm. Wie oft hatte ich mir das perfekte erste Mal für uns ausgedacht. Ich hatte vor sie mit in den Urlaub zu nehmen, meine Familie wollte an den See und hatte zwei Hütten gemietet. Ich hätte dort alles vorbereiten könne, Blumen, Kerzen... wie man sich das halt so vorstellt.
Aber sie konnte nicht warten. Sie wollte mich nicht dafür, sie hatte nicht einmal den Anstand gehabt mir zu erklären, wieso sie mit ihm geschlafen hatte.
Nachdem Vorfall war ich die gesamte Woche Zuhause geblieben, hatte mich emotional von ihr lösen wollen und hatte versucht eine Erklärung zu finden.
Ich hatte keine Erklärung. Und somit auch keinen Glauben mehr an wahrhafte Liebe. Vielleicht war das alles Kinderkacke gewesen, doch es fühlte sich so echt an, so... unzerstörbar.
Jan hatt ich teilweise verziehen, weil wir drei immer zusammen hingen aber Liz, naja, ihre Eltern zogen mit ihr weg. Nicht wegen dieser Sache, sondern weil sie es sowieso geplant hatten. Sie hatte mir nichts davon erzählt, garnichts! Verdammte scheiße! Dieses Mädchen hatte mich letztendlich benutzt, um nicht alleine zu sein.
Mittlerweile spürte ich nur noch Trauer im Bezug auf sie, mehr nicht. Kein Hass, keine Liebe, nur Trauer.
Ich schlief langsam ein, doch es war ein unruhiger Schlaf, mein Hirn arbeitete immernoch und versuchte diesen scheiß Abend zu verarbeiten.
Helles, warmes Licht weckte mich. Die Sonne strahlte durch mein Fenster und verriet mir das es bereits Mittag sein musste. Ich setzte mich auf die Bettkante und versuchte meine Gedanken zu ordnen.
Ich hatte gestern Abend tatsächlich Liz gesehen.
Jan war wieder ein Arschloch.
Und ich hatte mir wirklich den Mittelfinger an einer Mauer gebrochen.
Geil.
Ich fischte mir eine graue Hose und ein schwarzes Shirt aus dem Schrank und kramte mein Handy aus der Hose von gestern.
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So der Tag kann kommen. Ich ging in die Küche, Kaffeduft machte sich breit und ich gönnte mir eine Tasse. Auf der Anrichte stand ein Teller mit einem Sandwich und einem Zettel daneben.
*Wir sind einkaufen gefahren und danach zu Tante Vic. Kommen erst heute Abend wieder. Mama & Papa*
Okay, dann musste ich mich jedenfalls noch nicht für mein Aussehen rechtfertigen. Ich verschlang das Sandwich und ging raus. Das Wetter passte ja mal garnicht zu meiner Stimmung. Aber wenigstens konnten der blaue Himmel und die pralle Sonne sie ein bisschen aufbessern. Ich holte mein Mountainbike aus der Garage und schloss das Haus ab. Scheiße, meine Hand tut wirklich weh!
Beim Krankenhaus versicherte mir der Arzt der Mittelfinger sei nicht gebrochen. Ich hatte mir nur einen schlimmen Kapselriss zugezogen, der Verband müsste einne Woche drauf bleiben und dann sollte ich zur Kontrolle wieder kommen.
Gott sei dank nichts Schlimmeres. Manchmal bin ich auch ein Idiot, mir selbst Schmerzen zuzufügen. Unschlüssig wohin ich fahren sollte, stand ich neben meinem Rad, als mein Handy vibrierte.
Unbekannte Nummer. Mein Herz schlug schneller.
*Hey Kleiner, ich dachte mir, bevor ich dir die übertrieben hohe Rechnung gebe, sollten wir uns mal im Tageslicht begegnen. Hättest du morgen Nachmittag Lust auf einen Kaffee?*
Von wem kommt die Nachricht? Wer bitte nennt mich denn bitte Kleiner? Ichh hielt den Atem an, als mir einfiel, dass die Frau von heute Nacht mich Kleiner genannt hatte. Konnte sie es wirklich sein? Ich las die Nachricht noch zweimal. Alle Anzeichen sprachen dafür, schließlich hatte sie die Rechnung erwähnt. Jetzt bloß nicht kneifen. Schreib ja was cooles! Nein.. was reifes, selbstbewusstes.
*Hallo schöne Frau, wann und wo soll ich sein?*
Oder klang das zu euphorisch? Nein, steh zu dem scheiß den du schreibst alter!
*16 Uhr bei dem kleinen Cafe bei dem Bootshaus, im Park?*
Ich liebte den park, also war ich froh, dass sie diesen Ort wählte.
*Alles klar, bis morgen :)*
Oh gott, hast du gerade einen albernen Smiley geschickt? Ich klatschte mir die Hand vors Gesicht. So würde sie nie aufhören mit Kleiner zu nennen.
*Sehr schön, bis dann Kleiner.*
Na toll. Aber immerhin keine Bemerkung zu meinem grausamen Smiley. Euphorisch grinsend schwang ich mich aufs Rad und fuhr einen Umweg nach Hause. Die Bestien in meiner Seele, hatte ich ersteinmal in die hinterste Ecke verbandt.
———
100 reads! Ich bin begeistert, dass meine Geschichte in so kurzer Zeit so viel gelesen wird! Wenn ihr meine Story mögt, sagt es weiter. Wenn ihr sie nicht mögt, sagt es mir! Ich will alles wissen :D
Liebste Grüße.

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be with me
RomansaEr sah das, wovon er nie wusste das er es wollte. Und nun will er nichts anderes. Er will sie. Und sie will.. alles andere. Nur nicht die Beziehung, die sein gebrochenes Herz so sehr braucht. Wird er die Liebe finden, die er braucht? - Auszug: Ich...