Kapitel 19

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Lara's pov:

Ich konnte nicht mehr an viel erinnern, was vor der Prügelei passiert war, ich wusste nur noch, dass wir auf dieser Party waren, und ich mich mit dem Typen geschlagen hatte. Den Rest erzählte mir Ria.

Für einen Moment war ich allein, da Ria rausgeschickt wurde. Ich sollte mich nun ein paar Untersuchungen unterziehen. Der Arzt war seltsam, doch er schien sich auszukennen. Ich konnte immernoch nicht ganz realisieren, dass ich mich tatsächlich mit jemandem geschlagen hatte, das letzte Mal war einige Jahre her und ich hatte meinen Eltern versprochen, es nicht mehr zu tun. Was wenn ich rückfällig würde?

Nach den Untersuchungen kam Ria wieder. „Alles in Ordnung?", fragte sie. „Nein" „Soll ich den Arzt rufen?" „Nein." „Was ist denn los?" „Ich hab Angst..." „Es wird alles gut...", versuchte sie mich zu trösten. „Nein, ich hab wegen was anderem Angst..." Sie schaute mich verwirrt an. „Ich werde dir etwas erzählen, aber ich bitte dich, mich nicht zu verurteilen..." „Du weißt doch, das würde ich nie tun", versprach sie. „Ich hatte früher Gewaltprobleme... Ich hab bei Auseinandersetzungen und Konflikten Leute geschlagen... Ich hab dann ne Therapie gemacht, und es wurde besser, sodass ich auf eine andere Schule gehen konnte. Du weißt ja, auch hier habe ich manchmal die Fassung verloren, aber es war nicht mehr so schlimm... Ich hab damals meinen Eltern versprochen, es nicht mehr zu tun und jetzt habe ich Angst, dass ich rückfällig geworden bin...", erzählte ich. „Das glaube ich nicht. Außerdem warst du sehr mutig. Du hast Carlotta beschützt, ich hätte das auch getan, wenn ich es gekonnt hätte, aber du kennst mich ja, ich hatte zu viel Angst...", entgegnete sie. Genau das war das Problem, ich hatte einfach keine Angst. Wenn mein Körper die Überhand ergriff, konnte mein Verstand nichts tun, und ich schlug einfach. Ria umarmte mich. „Mach dir keine Sorgen. Ich weiß, dass du nie jemanden aus freien Stücken heraus verletzen würdest." Irgendwie beruhigte es mich, das von ihr zu hören.

Es klopfte an und meine Eltern kamen ins Zimmer. „Lara! Was ist eigentlich passiert? Die Sanitäterin meinte, du hast dich geprügelt!", fragte meine Mutter. Als sie gestern kurz hier waren, war ich ja noch nicht ansprechbar, beziehungsweise konnte ich nicht antworten. Bevor ich etwas sagen konnte, startete Ria: „Lasst mich das erklären. Wir waren ja auf dieser Party und eine Freundin von uns, Carlotta, war plötzlich verschwunden. Wir suchten sie und haben sie dann vor Angst zitternd in einem der Schlafzimmer mit einem Typen gesehen. Er war halbnackt, tat ihr weh und war kurz davor, sie zu vergewaltigen, aber Lara kam im richtigen Moment. Ich glaube wirklich nicht, dass sie es wollte, aber es gab einfach keine andere Möglichkeit, der Typ wollte nicht aufhören und Carlotta hatte furchtbare Angst. Und so haben sie sich gegenseitig geschlagen. Sie wollte unsere Freundin beschützen. Ich hatte furchtbare Angst, sonst hätte ich ja auch was gemacht."

Meine Eltern schauten mich an. „Es tut mir leid.", murmelte ich. „Nein Schatz, es war gut, dass du Carlotta helfen wolltest, aber du musst vorsichtiger sein. Wir wissen doch, dass du nicht zusehen kannst, wenn jemandem irgendwas angetan wird, aber es hätte auch schlimmer kommen können, zum Glück bist du wieder aufgewacht...", entgegnete meine Mutter. Sie umarmte mich, danach kam mein Vater zu mir, umarmte mich ebenfalls und sagte: „Du bist eine Kämpferin, mein Schatz. Aber du musst wirklich vorsichtiger sein, erinnere dich an die Sache mit dem Mädchen auf dem Rummel..."

„Was war denn da?", wollte Ria wissen. Ich war noch sehr müde, deshalb erzählte mein Vater die Geschichte. „Das war vor vier oder fünf Jahren, da war Lara 13 und wir beide waren auf einem Rummel, Grace war arbeiten. Wir hatten einen schönen Vater-Tochter-Tag, bis ich auf Toilette ging, und Lara bat, davor zu warten. Doch als ich wiederkam, war sie weg. Sie ist natürlich nicht aus Spaß weggelaufen, sie hatte einen Schrei gehört und ist gleich hingerannt. Es war ein kleines Mädchen, etwa acht Jahre alt, und ein älterer Mann versuchte sie gewaltsam von einem Zaun zu ziehen, an dem sie sich festhielt. Der Mann wollte das Mädchen entführen, das Mädchen hatte das gemerkt und sich daher am Zaun festgeklammert. Rund herum war niemand, hatte Lara mir erzählt. Die Eltern des Mädchens waren nirgends zu finden, daher nahm Lara mit ihren 13 Jahren die Chance war, als sich der Mann kurz gedreht hatte, und trat ihm dermaßen in seine Genitalien, dass er umfiel. Sie hatte eine enorme Kraft. Dann nahm sie das kleine Mädchen an die Hand und kam zu mir zurück, während ich sie überall suchte. Wir fanden die Eltern dann doch noch und alles war gut, aber das hätte sowas von schiefgehen können, sie war ja selbst noch sehr klein und schwach..."

Ria schaute mich mit großen Augen an. „Das hast du gemacht?!", fragte sie entsetzt. „Weißt du überhaupt, was Angst ist?" Ich schüttelte leicht den Kopf und lächelte. „In solchen Situationen ist mein Drang, zu helfen immer viel stärker, als die mögliche Angst.", erklärte ich. „Bei ihr bist du immer sicher", schmunzelte mein Vater.


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