Kapitel 7

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Seit Stunden stapfe ich nun schon durch die Landschaft und habe noch immer kein einziges Pferd zu Gesicht bekommen.

Das Gras sticht in meine halbnackten Beine und so langsam bereue ich es, einfach so losgelaufen zu sein.

Tante Jane wird sich Sorgen machen ...

Der Nachteil an Wildponys ist, dass du nie weißt, wo sie gerade sind.

Vielleicht werde ich sie heute auch gar nicht finden.

Wie viel ich schon gelaufen bin, merke ich erst, als die Felder der McLaurents in der Ferne auftauchen. Immerhin sind es vom Hof aus bis dort hin dreizehn Kilometer ...

Ich entschließe mich kurzerhand, bis zu den Feldern zu gehen und dort umzukehren.

Die hüfthohen Getreidehalme streifen meine Hände. Ich beginne zu rennen. Bis zur Hügelkuppe.

Der milde Sommerwind weht mir die Haare aus dem Gesicht und die Schwüle und der graue Himmel, an dem dennoch die Sonne strahlt, kündigen ein baldiges Unwetter an.

Höchste Zeit, die Schafe reinzuholen ...

Zwischen der wogenden Getreidemasse tauchen immer wieder roter Klatschmohn und die wunderschönen blauen Kornblumen auf, die farbige Tupfer in der eintönigen Farbe des reifen Getreides bilden.

Als ich außer Atem oben auf dem sanften Hügel angekommen bin, drehe ich mich um.

Zu meinen Füßen erstreckt sich die wundervolle Landschaft der Exmoor-Gegend. Heide und kleine Wäldchen so weit das Auge reicht.

In der Ferne zeichnet sich unser Hof gegen den mit schweren Gewitterwolken verhangenen Himmel ab.

Ich drehe mich in die andere Richtung.

Weit weg der McLaurent-Hof, ein kleines Wäldchen und - drei kleine, braune Flecken in der Heide links von mir.

Drei Ponys, die das Heidegras fressen und deren strubbelige Mähnen im sachten Wind wehen.

Eins mit ihrer Natur.

Wie ich diese robusten Lebewesen bewundere.

Langsam und ruhig um die Idylle ihres Ponydaseins nicht zu stören bewege ich mich wieder den Hang hinunter.

Höchste Zeit, auf dem Hof die Schafe herein zu holen ...

***

"April!", ruft Jane und winkt. "Wo warst du so lange?"

Zum Glück habe ich das Halfter schon zurück in den kleinen Stall gebracht. Jane wäre mit Sicherheit außer sich gewesen.

"Los, komm! Beeil dich ein bisschen! Wir müssen die Schafe reinbringen!"

Quer über den Hof preschen die drei Hunde auf mich zu.

Lasky, die Ausreißerin und Wilde, Abbey, die Treue, und Shawn, der Jane aufs Wort gehorcht.

Lasky ist mein absoluter Liebling.

Ich begrüße sie lachend und sie springt sofort wild um mich herum.

"Lasky! Hierher!" Janes durchdringende Stimme ist der Befehl für die Drei. Sie hören perfekt auf Janes Kommandos und mir ist es bis heute ein Rätsel, wie Jane das vor allem bei Lasky schafft.

Wir befinden uns inzwischen auf der großen, felsigen Westweide.

"Abbey! Links!"

Abbey springt aus ihrer Position auf und jagt los, immer die linke Seite am Zaun hinauf.

"Shawn! Rechts!"

Shawn erklimmt die Rechte.

"Lasky, bleib ... und vor!"

Immer mehr Schafe kommen aus allen Ecken den Hang hinunter.

Lasky umkreist die Herde einmal und rennt dann hinterher, damit kein Schaf zurück bleibt. Abbey und Shawn flankieren an den Seiten.

Auf einen Wink von Jane treiben sie die Tiere in ein Metallgatter, das in den Stall übergeht.

Als alle Schafe im Stall sind, lobt Jane die Hunde.

Ich beobachte sie.

Abbey und Shawn sind typische englische Hütehunde, schwarz-weiße Bordercollies.

Aber Lasky ist ein echter Husky mit blauen Augen wie Eis.

Ihre Königin.

ThundergirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt