Kapitel 12

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Es ist Schulschluss. Endlich. Der Unterricht war heute sehr öde. Vielleicht lag es auch an der sengenden Sommerhitze, die den Raum trotz weit offenen Fenstern sehr aufgewärmt hat. Aber wenigstens ist es nicht Winter. Besser erstickt, als erfroren, denke ich, um einen dummen Spruch meiner Lehrer zu zitieren.

Vor dem stählernen Schultor warte ich und setze meinen Rucksack ab. An die mit Efeu bewachsene Mauer gelehnt warte ich. Einer aus unserer kleinen Gruppe ist noch im Klassenraum: Jay. Also warte ich auf ihn, um mit ihm zu reden. Als ich den Raum verlassen habe, war er noch drinnen und hat sich mit Joris und Lydia unterhalten. Ich bin gespannt, wie lange die beiden noch reden. Aber ich habe Zeit. Falls er mit den beiden noch redet, während er nach Hause geht, frage ich ihn, nach einer Runde Minecraft. Denn ich weiß, dass er das spielt. Des öfteren habe ich mitbekommen, wie er darüber geredet hat.

Es dürften ungefähr zehn Minuten vergangen sein, da höre ich die Stimmen der drei hinter mir. Also werde ich Plan B anwenden. Sobald die drei das Tor hinter sich geschlossen haben, rufe ich: „Jay?"

„Ja?" fragt er und dreht sich um. Fragend schaut er mich an. Sicher überrascht es ihn, dass ich mit ihm reden will, wo ich in den Pausen doch nur dabeigesessen und nicht mehr geredet habe.

„Spielen wir 16 Uhr Minecraft? Du spielst das doch oder?" frage ich. Er wird sicherlich denken, dass ich komplett bescheuert bin, aber das ist mir gerade sehr egal. Er kennt Alya gut und könnte mir helfen, den Schlamassel aufzuräumen, den ich verbockt habe.

Der Blondschopf sieht sehr irritiert aus. Doch ich halte meine Mine neutral. Keine Emotion soll daraus ablesbar sein. Das kann ich nämlich nicht leiden. „In Ordnung. Wie heißt du da?" fragt er schließlich.

Kurz schiele ich zu Joris und Lydia. Die beiden sehen nicht weniger verwirrt aus als Jay selber. Dann antworte ich: „Stargazer."

„Wie die U.S.S. Stargazer in Star Trek?" fragt er und seine Augen bekommen einen euphorischen Glanz. Er scheint Star Trek auch so toll zu finden wie ich.

Jedoch ist der Grund warum ich diesen Namen gewählt habe nicht nur Star Trek. Auch wegen meiner Gabe, die Fluch und Segen ist. Das habe ich aber nicht vor, zu verraten, also nicke ich nur. „Dann bis dann," meine ich und mache mich auf den Weg zur Straßenbahn.

Ich glaube, es war eine schlechte Idee, den PC hochzufahren. Wir haben eine extreme Hitze und der PC macht es nicht besser. Aber ich werde es sogut es geht, ignorieren. Immerhin habe ich mich mit Jay zum Minecraft spielen verabredet. Gleich ist es 16 Uhr. Mein Handy liegt neben mir. Während ich warte, starte ich das Spiel und schaue in meinen verhassten Chemie-Hefter. Immerhin schreiben wir morgen eine Arbeit. Leider. Aber zum Glück ist dann Wochenende.

Da klingelt mein Handy. Das muss Jay sein! Ich nehme ab. Wir tauschen Discord-Tags und gehen über Discord in den Anruf, um nicht auf den Ton des Spiels zu verzichten.

„Spielst du schon lange?" fragt er, während er etwas Holz sammelt.

„Kommt drauf an, wie du lange definierst. Ich spiele seit ich zwölf bin," antworte ich.

„Ach cool. War bei mir nicht anders," meint er. Dann wird sein Ton ernst. „Du, das war schon ziemlich... random."

Ich lege den Kopf schief. „Was genau meinst du?"

„Na ja, dass du mich plötzlich zum Minecraft spielen eingeladen hast," antwortet er. Nun klingt er leicht überfordert. Ich glaube, ihm fällt es genau so schwer mich einzuschätzen, wie andersherum. Ist das was worauf man stolz sein kann? Vielleicht.

Na ja, ich schätze, nun ist es an der Zeit, den wahren Grund für diese Runde herauszurücken. Ursprünglich wollte ich ganz beiläufig ein paar Fragen stellen, aber ich schätze, das hat sich jetzt erledigt. Mir fällt halt aktuell keine passende Ausrede ein. Also sage ich: „Das ist korrekt; eigentlich war es nur ein Vorwand. Denn ich habe ein kleines Problem. Okay, klein ist untertrieben, meiner Meinung nach."

SternenflüsterinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt