Kapitel 4

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„Wie, du triffst dich mit Leuten aus deiner Klasse?" fragt Spica erfreut. Schon immer hatte sie mich gedrängt, unter Menschen zu gehen. Ihre soziale Kompetenzen sind auf einem wesentlich höherem Niveau als meins, aber trotzdem wollte ich nie was davon hören.

Elly hatte ähnlich reagiert, als ich ihr das erzählt habe, Ben hat sich auch gefreut. Alles ist passiert, wie ich es erwartet hatte. Ich kenne meine Familie gut.

„Ja, ich treffe mich mit Leuten aus meiner Klasse. Soll eine kleine Feier sein oder so," wiederhole ich.

Spica klingt sehr erleichtert, als sie meint: „Es wird dir guttun."

„Ich habe zugesagt, weil ich meine Ruhe will, damit nicht alle sagen, ich solle mich endlich öffnen," stelle ich klar. Zum größten Teil stimmt das auch. Zu einem anderen kleinen Teil hab ich auch zugesagt, weil ich Menschen insgeheim vermisst habe. Aber wieso sollte ich das vor mir selber zugeben?

Als Janin uns mit zu Lila genommen hat, um die Genauigkeiten wie die genaue Zeit zu besprechen, hat sich das sehr seltsam angefühlt. Ich glaube, Lila war sehr überrascht, dass ich mitkommen würde. Es wirkte fast so, als wäre die Überraschung im negativen Sinne. Aber soll es mir doch egal sein, was sie von mir denkt. Ich gehe zu der Feier, tanke meine Sozialkontakte auf, hab dann meine Ruhe und bin wieder weg.

Lila hat gesagt, es ist am Samstag. Also übermorgen. Ungefähr um 18 Uhr können wir kommen. Sie hat gesagt, wir machen Feuer. Ich stelle es mir schön vor. Feuer ist schön und am Abend, wenn die Sterne nach einander zu sehen sind, ist es noch besser. Kann man da überhaupt von einer Feier sprechen? Vielleicht. Es wird dann eben eine kleine und gemütliche Feier.

Alya hatte mich gefragt, ob wir Handynummern austauschen können. Ich habe zugesagt. Falls irgendwas kurzfristig dazwischenkommen sollte, kann es nicht schaden, jemandem eine Nachricht schreiben zu können.

Während ich nachdenke, lässt Spica ein Seufzen hören. „Man wird sehen, was dabei rauskommt. Du wirst sehen, ob du andere Menschen brauchst oder nicht. In den letzten Jahren hast du dich stark verändert. Aber lege dich nicht auf ein Szenario fest." Kann sie Gedanken lesen?

„Jaja, schon gut," brumme ich vor mich hin und lehne meinen Kopf an den Fensterrahmen.

„Immer wenn wir über dein soziales Leben reden, wirst du immer so mürrisch," stellt Spica fest. Ihre Stimme klingt besorgt. Aber es ist doch eigentlich alles gut.

„Weil ich keine Menschen mag, außer Ben und Elly. Ich habe euch, die Sterne als Freunde. Das reicht mir. Ich brauche keine Menschen als Freunde. Die lachen mich doch eh nur aus, wenn sie merken, dass ich anders bin," sage ich stur.

Es muss doch mal jemand verstehen, dass ich keine Menschen um mich herum will, außer meine Familie. Ja, ich vereinsame und es stört mich auch. Aber es ist immer noch besser, als wieder das Gespött der Schule zu werden. Also gehe ich doch lieber auf Nummer Sicher, als das alles noch mal zu wiederholen. Hat zwar so seinen Preis, aber es ist halt sicherer. Nur kein Risiko eingehen, das habe ich bereits gelernt. Aus Fehlern lernt man ja bekanntlich. Auch ich.

Es ist der nächste Tag. Freitag. Morgen gehen wir zu Lila. Es fühlt sich immer noch unfassbar seltsam an, dass ich meine Prinzipien verrate. Aber ich tue es ja, um meine Ruhe zu haben. Damit mir niemand mehr sagt, ich solle Kontakte knüpfen. Ich tue es aber auch, weil ich schweren Herzens eingestehen musste, dass alle Recht hatten. Sonne hatte Recht, Spica, Elly auch. Eine Weile hatte ich versucht, es vor mir selber zu verleugnen, aber so langsam geht die Einsamkeit echt auf die Psyche.

Müde schlurfe ich die Treppe runter in die Küche. Ben ist schon da, Elly noch nicht. Alles ist wie immer.

„Guten Morgen, Melanie," begrüßt er mich.

SternenflüsterinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt