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Am nächsten Morgen verlasse ich mit dem Entschluss, endlich Nachforschungen wegen Fernández anzustellen, das Bett. Seine Andeutungen über den Tod meiner Mutter und darüber, dass er anscheinend mit ihr befreundet war, gehen mir einfach nicht aus dem Kopf. Der Spanier weiß etwas und ich möchte herausfinden, was! Unser Vater hat es immer vermieden, über unsere Mutter und vor allem ihren tragischen Tod zu reden. Das einzige was wir wissen ist, dass die beiden damals von einer verfeindeten Gang überfallen und meine Mutter im Kampfgeschehen getötet wurde. Sowas kann im Leben eines Mafiosis durchaus passieren. Im Normalfall haben die Clans jedoch Ehre und folgen dem ungeschriebenen Kodex, Frauen und Kinder zu verschonen.

Die schwarze Visitenkarte von Fernández habe ich gestern Abend in der Nachttischschublade verstaut und beschlossen, ihn heute anzurufen. Ich hoffe, dass Kyran heute wieder arbeiten muss, damit ich meine Ruhe habe. Er darf auf keinen Fall herausfinden, dass ich vorhabe mit meinem Entführer Kontakt aufzunehmen.

Nachdem ich meine Morgenroutine erledigt habe, verlasse ich das Gästezimmer und mache mich auf den Weg in die Küche. Genau wie gestern, gibt es keine Spur von Kyran und auch Titus ist heute scheinbar nicht hier. Unter normalen Umständen wäre ich wohl sauer. Immerhin bin ich hier, damit ich Kyran kennenlernen kann und nicht, um den ganzen Tag alleine in seiner prunkvollen Villa zu sitzen. Doch heute kommt mir die Stille in seinem Haus mehr als gelegen.

Zufrieden suche ich mir in der großen Küche mein Frühstück zusammen und beobachte zeitgleich die Security Männer, die draußen patrouillieren. Durch die verglaste Front der Villa habe ich einen einwandfreien Blick auf das Meer und den weitläufigen Garten. Ich liebe es! Mein Zuhause in Chicago ist nicht mal annähernd mit Kyrans Anwesen hier in Los Angeles zu vergleichen.

Nach dem Essen flitze ich nach oben in das mir zugeteilte Zimmer, schließe die Tür hinter mir und hole dann mein Handy aus der Hosentasche. Tief durchatmend lasse ich mich auf der Bettkante nieder und hole die Visitenkarte aus der Schublade. Nachdenklich streiche ich über die filigrane Schrift. Ist das eine gute Idee? Oder eine weitere Falle von Fernández? Eigentlich habe ich gerade genug eigene Probleme, aber meine Neugier siegt. Ich werde nie in Ruhe schlafen können, wenn ich mir die Chance entgehen lasse, mehr über die Umstände des Todes meiner Mutter zu erfahren. Als ihre Tochter habe ich doch ein Recht darauf, oder?

Mir selbst Mut zuredend, tippe ich die angegebene Nummer in mein Smartphone. Mein Daumen schwebt über dem grünen Wählen-Button. Soll ich? Ach, scheiß drauf. Bevor ich es mir anders überlegen kann, drücke ich auf wählen und warte gespannt ab.

„Du hast dich also entschieden, mir zu glauben, Sonnenschein", ertönt wenig später die Stimme des Spaniers aus den Lautsprechern.

Erschrocken zucke ich zusammen. Irgendwie habe ich nicht damit gerechnet, dass das wirklich seine Nummer ist.

„Hast du deine Zunge verschluckt?"

„Nein, nein habe ich nicht", antworte ich hastig und umklammere das Handy fester. Ich telefoniere gerade wirklich mit meinem Entführer. Was ist bloß falsch mit mir?

„Schön von dir zu hören, Annalise."

„Also, was ist wirklich mit meiner Mutter passiert?", komme ich direkt zum Punkt. Ich habe keine Lust auf Smalltalk. Unruhig stehe ich auf und laufe nervös im Schlafzimmer hin und her. Beim telefonieren kann ich selten still stehen.

„Du redest nicht lange um den heißen Brei herum", vernehme ich Fernández raues Lachen, „Das ist kein Thema fürs Telefon."

„Wie meinst du das?" Mein Puls schießt in die Höhe und ich kann das Herz laut in meiner Brust pochen hören.

„Wenn du mehr wissen willst, komm am Donnerstag um achtzehn Uhr zum KUNO. Nennt dort meinen Namen und du wirst zu mir geführt, du hast mein Wort, dass dir nichts geschehen wird." Ich bekomme nicht mal die Gelegenheit etwas zu erwidern, da erklingt bereits das Tuten, was mir signalisiert, dass Fernández aufgelegt hat. Was zum Teufel?

Verwirrt und auch etwas wütend, starre ich das Smartphone an. Das ist doch sicher nur ein weiterer Trick von Fernández, um meiner Familie zu schaden. Natürlich bin ich neugierig, was er zu sagen hat, aber mich persönlich mit ihm zu treffen ist nochmal eine andere Nummer. Noch dazu hätte ich gar nicht die Möglichkeit, unbemerkt vom Anwesen wegzukommen. Donnerstag ist in drei Tagen und ich bezweifle, dass Kyran mir bis dahin soweit vertraut, dass ich ohne seine Begleitung irgendwo hingehen kann. Enttäuscht stecke ich mein Handy wieder weg und schaue nachdenklich aus dem Fenster. Immerhin habe ich noch ein paar Tage Zeit, um mir zu überlegen ob ich zu dem Treffen gehe.

Kann ich dem Spanier vertrauen?

Ratlos streiche ich mir meine braunen Haare zurück. Wann ist mein Leben eigentlich so kompliziert geworden? Seufzend drehe ich dem Fenster den Rücken zu und verlasse zum zweiten Mal am heutigen Morgen das Zimmer. Vielleicht finde ich ja eine Beschäftigung für den Tag, die mich etwas ablenkt.

Zu meiner großen Überraschung, höre ich Geräusche aus dem Wohnzimmer, als ich gerade die Treppe nach unten jogge. Vielleicht ist Titus ja wieder vorbeigekommen. Doch nicht der jüngere Santiago-Bruder steht mir gegenüber, sondern tatsächlich Kyran. Erstaunt nehme ich sein Erscheinungsbild in mir auf: „Hi. Was machst du hier?"

„Ich wohne hier, dass ist schließlich mein Haus", grinst Kyran und ich verdrehe die Augen: „So habe ich das nicht gemeint. Ich dachte nur, du bist wieder arbeiten."

„Heute nicht. Du wolltest doch LA sehen, oder? Wenn du möchtest, können wir heute zusammen in die Stadt fahren", schlägt Kyran vor und ich kann nicht verhindern, dass sich ein breites Lächeln auf meine Lippen schleicht: „Sehr gerne!" Trotz das meine Familie viel Geld hat, habe ich bisher sehr wenig von den USA gesehen. Meinem Vater ist es zu unsicher mit uns zu reisen, was ich zwar verstehen kann, aber trotzdem schade finde.

„Dachte ich mir doch, dass dir mein Vorschlag gefällt", grinst Kyran, „Willst du dich noch umziehen oder können wir los?"

Kurz schaue ich an mir herunter. Ich trage eine kurze, Jeansshort und ein weißes Crop-Top, durchaus angemessen für die warmen Temperaturen.
„Wir können los", meine ich freudig und schaue abwartend zu dem Dunkelhaarigen.

„Na dann, komm", fordert Kyran mich auf und schnappt sich im Vorbeigehen meine Hand, um mich aus dem Raum zu ziehen.


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Was sagt ihr zu der Situation rund um Fernández?

Ein Trailer zu Saved Love ist jetzt auf meinem Instagram online (_lunasilver__). Schaut gerne mal vorbei!

Denkt an den ⭐️! <3

Saved Love | pausiert Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt