Die Blondine öffnete schwer atmend die Augen und starrte die Zimmerdecke an. Mittlerweile war sie es ja gewohnt, dauernd irgendwo aufzuwachen und nicht zu wissen, wie sie dorthin gekommen war. Mühsam probierte sie, sich aufzusetzen und erstarrte dann, als sie eine Aura unweit neben sich wahrnahm. In Zeitlupe wanderten die ozeanblauen Seelenspiegel nach rechts und weiteten sich. Ob vor Angst, Irritation oder sogar wegen ihm, konnte der junge Mann nicht einschätzen.
»Hey«, sagte er und grinste sie an. Sie rutschte von ihm weg, schob dann langsam erst ein Bein unter der Decke hervor, gefolgt von dem anderen und stieg wachsam aus dem Bett, ohne den Schwarzhaarigen aus den Augen zu lassen.
»Du brauchst keine Angst zu haben«, meinte der Kerl. Misstrauisch musterte sie ihn, während sie rückwärts ging. Was machte der hier? Und wo war sie?
»Ich tue dir nichts«, erklang es sanft von ihm, doch sie wich weiter zurück.
»Ich bin Ace«, stellte er sich lächelnd vor und streckte ihr die Hand hin. Skeptisch betrachtete sie diese Geste.
»Kannst du nicht sprechen?«, fragte er, was sie veranlasste, eine Braue zu heben.
»Verstehst du, was ich sage?«, kam er einen Schritt näher und gestikulierte dabei umher, um seine Worte zu untermalen. Hielt der Typ sie für gehirnamputiert oder so? War ihm schon mal in den Sinn gekommen, dass sie schlicht und ergreifend keine Lust hatte auf eine Konversation mit ihm?
Ratlos kratzte sich der junge Mann am Kopf und dann kam ihm eine Idee. »Hast du Hunger? Es ist gleich Zeit für das Mittag«, meinte der Sommersprossige und grinste ein wenig. Augenblicklich knurrte ihr Magen, was seine Mundwinkel noch weiter nach oben wandern ließ. »Du verstehst mich also«, schlussfolgerte er.
»Habe ich was anderes behauptet?«, murmelte sie dezent peinlich berührt, mit leicht geröteten Wangen.
»Und sprechen kannst du auch«, meinte er begeistert. Zischend stieß sie Luft aus und verschränkte genervt die Arme. »Na komm. Lass uns zum Essen gehen«, hielt er ihr lächelnd erneut die Hand hin.
Wirklich sicher war sie sich nicht, ob sie ihm trauen konnte, doch fand sie ebenso keinen Grund, es nicht zu tun. Zögerlich legte sie ihre Rechte in seine Linke.Innerlich grummelnd, saß sie im Speisesaal auf der Bank neben diesem Ace. So gut wie jeder starrte sie an und das war nicht mal verwunderlich, hatte sie ja nur ein lilanes Hemd an. Nach und nach füllte sich der Tisch und auch die Neuankömmlinge musterten sie, deren Blicke sie lediglich desinteressiert erwiderte.
»Nun hört auf, sie so anzustarren«, erklang eine Stimme bestimmt und tatsächlich wendeten die Meisten ihre Aufmerksamkeit anderen Dingen zu.
»Oi. Ich bin Marco«, ließ der Blonde sich lächelnd ihr gegenüber nieder. Gleichgültig schaute sie ihn an.
»Sie redet scheinbar nicht gern«, kommentierte Ace von rechts. Verhalten schnaubte sie, weil der Typ doch schlichtweg null Ahnung hatte.
Der Vize ließ das vorerst so stehen und sah erstmal in die Zeitung. Noch gab es keine neuen Meldungen von Überfällen und das erleichterte ihn, allerdings galt es, wachsam zu bleiben.
»Mein Hemd hätte ich übrigens gern zurück«, warf er der jungen Frau einen Blick über die Blätter zu.
»Jetzt sofort?«, stand sie direkt auf und griff schon an den obersten Knopf. Viele Köpfe schnellten in ihre Richtung und dem Schwarzhaarigen neben ihr klappte sogar der Mund auf. Verwundert blinzelte er zu ihr hoch und brauchte kurz, um sich wieder halbwegs zu fangen. Der Blonde hingegen grinste amüsiert.
»Wäre sicherlich ein sehenswerter Anblick. Aber nein, es reicht aus, sobald du etwas anderes zum Anziehen hast«, wendete er sich abermals dem Käseblatt zu.
»Wie du meinst«, zuckte sie gleichgültig die Schultern und setzte sich zurück auf die Bank.
Das Essen wurde von den Köchen aufgetischt und danach ließ sich ein Kerl mit einer ganz seltsamen Frisur neben ihr nieder. Skeptisch schielte sie zu ihm.
»Hey. Ich bin Thatch«, erschien ein breites Grinsen auf seinen Lippen. Hatte hier eigentlich alles und jeder gute Laune? Würde sie als nächstes ihr Teller anfeixen? Lange blieb der jungen Frau keine Zeit, um diesen Gedanken nachzugehen, als sie von rechts unüberhörbare Schmatzgeräusche vernahm.
Mit einem angewiderten Gesichtsausdruck drehte sie den Kopf dorthin und schauderte innerlich. »Hat dir nie wer Manieren beigebracht?«, wollte sie zweifelnd wissen. Das, was der Sommersprossige dort tat, konnte nicht gesund sein. Das war die reinste Lebensmittelvernichtung.
»Was?«, fragte der Hutträger, mit natürlich vollem Mund.
»Tob' dich gern aus. Ich habe es aufgegeben«, kommentierte Marco das gelangweilt.
»Wohl eher nicht«, wendete sie sich skeptisch ihrem Teller zu. Geräuschvoll schluckte Ace runter, was das Ganze nicht angenehmer machte.
»Wenn du gerade so gesprächig bist, verrätst du uns dann deinen Namen?«, wollte er neugierig wissen. Sie schnaubte und zerschnitt ihr Fleisch.
»Nun komm schon«, quengelte der Kommandant.
»Damit du dir die nächste Sache suchst, mit der du mich nerven kannst?«, fragte sie, ohne ihn anzusehen.
»M...«, kratzte Ace sich dezent ertappt am Kopf.
Ein schnappendes Geräusch ließ sie den Blick heben und sie identifizierte einen zugeklappten Fächer als Quelle, mit dem eine männliche Geisha nun auf das Holz tippte.
Als er sich ihrer Aufmerksamkeit gewiss war, stoppte er in seinem Tun. »Mein Name ist Izou«, stellte er sich vor. »Und da dir ja Manieren offenbar am Herzen liegen, wirst du sicherlich die Freundlichkeit besitzen, mir deinen zu verraten«, meinte er dann und sie konnte einen triumphierenden Unterton ausmachen.
»Touché«, erwiderte sie und ihre Mundwinkel zuckten minimal. Sie wog ab, ob sie aufstehen und ihm die Information zuflüstern sollte, entschied sich allerdings dagegen. Auch wenn sie gern das dumme Gesicht von diesem Ace gesehen hätte. »Ich heiße Seren«, sagte sie deshalb.
Zufrieden klappte Izou seinen Fächer wieder auf und sie widmete sich erneut ihrem Teller.
»Wie alt bist du?«, kam es unvermittelt von rechts. Ihr war völlig klar, dass der keine Ruhe geben würde und auch wenn sie antwortete, lag auf seiner Zunge sicherlich schon die nächste Frage parat. Sie könnte ja mal etwas ausprobieren.
»Viel älter, als du glaubst und doch jünger, als du ahnst«, lächelte sie leicht. Da er darauf perplex blinzelte, weil er damit nichts anfangen konnte und die Anderen loslachten, weil sie ihre Absicht verstanden, griff sie zur Gabel und genoss ihren Braten mit Gemüse und Kartoffeln.
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Dem Schicksal verpflichtet
FanfictionWie wird eine Legende zu einer Legende? Durch Personen, die sie weitererzählen oder aufschreiben. Vor hunderten von Jahren, so heißt es, soll die Welt geradezu von der Finsternis verschlungen worden sein. Eines Tages verschwand die Dunkelheit und da...