Unangenehme Überraschung

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Es klopfte und dann flog die Tür schon geräuschvoll gegen die Wand, weswegen Seren direkt kerzengerade im Bett saß. Mit aufgerissenen Augen starrte sie Ace an, der grinsend im Rahmen lehnte.
     »Lust auf einen Ausflug?«, fragte er bester Laune.
     »Egal, was es ist. Es kann sicherlich noch ein paar Stunden warten«, machte sie eine scheuchende Handbewegung, ließ sich zurück in die Matratze sinken und zog sich die Decke über den Kopf. Missmutig grummelte sie, als sich Schritte durch das Zimmer bewegten.
     »Kann es nicht«, hörte sie es und dann erschien das breit grinsende Gesicht des Kommandanten in ihrem Blickfeld, der ihr allen Ernstes die Bettdecke geklaut hatte. Die Blondine öffnete den Mund, um sich zu empören.
     »Nicht meckern. Zuhören«, meinte er bestimmt und setzte sich zu ihr, weshalb sie Richtung Wand von ihm abrückte. »Wir erreichen heute eine Insel und dort werde ich genug zu tun haben. Wenn du also immer noch etwas sehen willst, dann müssen wir vorausfahren.«
     Ihr Gehirn verweilte bis zu dem Zeitpunkt im Schlafmodus, weswegen es einen Moment brauchte, um den Sinn zu erfassen. »Heißt das?«, hauchte sie erwartungsvoll.
     »Du kannst heute die Feuerfrucht in Aktion erleben«, nickte er bestätigend.
     Hastig sprang sie aus dem Bett, riss Klamotten aus dem Kleiderschrank und rannte zur Tür hinaus.
     Schmunzelnd ließ der Sommersprossige sich zurücksinken und beschloss, zu warten.

Nachdem Seren geduscht hatte, holten sie den Striker und fuhren los. Ihr war nicht klar, ob jemand auf der Moby Dick Kenntnis über Ace seinen Plan hatte und sie verschwendete auch nicht einen Gedanken daran. Keine zwei Stunden später zog der Pirat das Gefährt bereits aus dem Wasser und ihr Sonnenbad war beendet.
     Auf der Suche nach einer geeigneten Stelle liefen sie durch den Wald. Die kleine Stadt hatte die junge Frau vom Meer aus kurz zu Gesicht bekommen und laut der Aussage des Kommandanten gab es hier keine Marinebasis, was gut war.
     »Hier sollte es gehen«, blieb der Schwarzhaarige auf einer graslosen Lichtung stehen.
     »Auch wenn sie nicht sonderlich nah beieinander sind, aber brennen Bäume nicht für gewöhnlich ausnehmend passabel?«, schaute Seren sich zweifelnd um.
     »Ja, das ist richtig, allerdings kein Problem für mich«, winkte er ab. »Hast du Hunger?«, deutete er auf seinen geschulterten Rucksack.
     »Das hat Zeit bis später«, schüttelte sie den Kopf und ihre Augen funkelten. Sie wollte es endlich sehen. Sie musste erfahren, was er mit dieser Frucht in der Lage war zu tun.
     »So neugierig?«, stahl sich ein wissendes Grinsen auf seine Lippen.
     »Ich werde die Frage nicht noch durch eine Antwort würdigen«, erwiderte sie keck und er lachte.
     »Ganz, wie du möchtest. Halt aber trotzdem ein wenig Abstand«, tat er eine Handbewegung, als würde er etwas von sich schieben. Folgsam machte Seren zwei Schritte nach hinten und Ace griff sich nachdenklich ans Kinn.
     »Ich denke, wir fangen erstmal mit einem unscheinbareren Angriff an«, zog er sein eines Bein zurück. »Leuchtkäferlicht«, hielt er beide Hände ausgestreckt und mit gespreizten Fingern vor sich. Kleine, leuchtende, grüne Kugeln bildeten sich und schwebten von dem Kommandanten weg. »Lebende Fackel«, ließ er Lichter explodieren und sah dann zu der jungen Frau.
     »Nett«, kommentierte sie unbeeindruckt.
     »Also doch etwas, dass ein wenig ...«
     »Hände hoch und keine Bewegung!«, rief jemand und Klickgeräusche folgten. Beide sahen sich hektisch um und in allen Richtungen tauchten Soldaten auf. So viel zum Thema Basis, dachte sie angesäuert.
     Schnell war Ace bei ihr und zog sie beschützend hinter sich. »Was wollt ihr?«, ließ er seine geballte Rechte bereits in Flammen aufgehen.
     »Du bist verhaftet, Feuerfaust!«, schrie der Befehlshaber.
     »Glaubst du dir das überhaupt selbst?«, erschien ein siegessicheres Grinsen auf seinem Gesicht.
     Ein Schuss erklang. Das Projektil ging sauber durch den Kopf des Piraten durch und die Eintrittsstelle wurde von Flammen verschlossen.
     »Ihr versteht es auch nie«, stellte er sich kampfbereit hin und wollte schon seine erste Attacke loslassen.
     »Ist sie ebenfalls kugelsicher?«, deutete der Soldat auf Seren, die gerade an Ace Schulter vorbeilinste und einen verängstigten Eindruck machte.
     Der Pirat griff blind hinter sich, bekam ihr Handgelenk zu fassen und zog sie dichter an seinen Rücken. Der Mistkerl hatte recht, gegen einen Kugelhagel konnte er die junge Frau nicht schützen. Sie musste hier unbedingt weg, damit sie in Sicherheit war. Bloß wie ...
     Ein Marine drückte ab, die Patrone ging sauber durch Ace' Schulter und trat auf seiner Kehrseite wieder aus. Wie Seren ihr Kopf blitzschnell zur Seite ruckte, bekam der Pirat nicht mit und fuhr erschrocken herum. Die Kugel hatte ihre Wange lediglich gestreift und aus der feinen Wunde quoll Blut hervor, welches ihr über die Haut rann. Seine Pupillen zitterten und Zorn loderte in den dunkelbraunen Augen auf.
     »Das büßen sie«, knurrte der Kommandant und drehte sich wieder zu den Soldaten.
     »Gebt auf, Feuerfaust. Das hat doch keinen Sinn«, holte der Befehlshaber Seesteinhandschellen hervor, die er lässig hin und her schwenkte.
     Seren sah sich hastig um. Alle von der Marine standen vor Ace und somit war in ihrem Rücken der Weg frei. Damit fehlte nur ein kleiner Moment, in dem ihre Gegner abgelenkt wären.
     »Hängst du sehr daran?«, flüsterte sie dem Piraten zu und er spürte bereits, dass sie seinen Dolch zog.
     »Nein. Mach jetzt bitte nichts Dummes. Die schießen sonst«, meinte er angespannt.
     »Du sorgst dich um die Falsche«, wisperte sie leise. Mit der Linken riss sie ihn an der Schulter herum und warf die kleine Klinge, welche einen Soldaten zielgenau zwischen die Augen traf. Seine Kameraden starrten geschockt zu ihm. Seren griff die Hand von Ace und zog ihn mit. Kaum waren sie am ersten Baum vorbei, jagten die Marine den beiden nach und Kugeln sausten durch die Luft.
     »Scheiße! Was? Wie?«, brachte er nur verwundert heraus.
     »Später«, warf sie einen knappen Blick über die Schulter und sah dann zu ihm. Entschlossen nickte er und sie rannten durch den Wald. Beiden war klar, dass sie die Männer nicht einfach so abgeschüttelt bekommen würden.

Dem Schicksal verpflichtetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt