Kochkünste

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Marco hatte die junge Frau geweckt. Nun saß sie im Saal am Kommandantentisch und nippte an ihrem Tee. Appetit hatte sie keinen und die Schmatzgeräusche von rechts machten es auch nicht besser, aber sie sagte nichts dazu.
     »Seren«, erklang es vorsichtig vom Vize und er hielt ihr mit einem für sie undefinierbaren Gesichtsausdruck die Zeitung hin. Verwirrt nahm sie ihm die Papiere ab und faltete diese auseinander.
     »Das ist jetzt bitte ein Scherz«, hauchte sie atemlos und ließ das Käseblatt auf den Tisch sinken.
     Ace wendete sich von seinem Essen ab und schaute auf die Zettel. »Das ist doch klasse«, meinte er begeistert.
     Bald in Zeitlupe glitt Serens Blick zu ihm und sie schüttelte verhalten den Kopf. »Bist du wahnsinnig?«, fragte sie zweifelnd.
     »Warum?«, zog er verständnislos die Brauen zusammen. »Du hast deinen ersten Steckbrief. Freu dich doch«, setzte er hinterher.
     »Spinnst du denn total?!«, fuhr sie ihn aufgebracht an. »Ich werde gesucht! Tot oder lebendig! Für achtzig Millionen! Das ist eine Katastrophe!«, tobte sie regelrecht und atmete dann schwer. Es konnte nicht wahrsein, dass die Marine nun hinter ihr her war. Wundert dich das tatsächlich? Im Grunde nicht. Nein. Sie hatte einen Soldaten getötet und war mit einer Kaisercrew unterwegs. Selbstverständlich machte sie das in den Augen jedes Uniformierten zu einer Verbrecherin.
     »Ach«, winkte der Kommandant der Zweiten ab, »Mach dich locker. Mein Kopfgeld ist fünfmal so hoch.«
     Seren ballte die Hände auf dem Holz und zerknüllte in ihnen das Papier. »Kannst oder willst du es nicht begreifen? Ich kann solche Probleme nicht auch noch gebrauchen«, brachte sie gepresst heraus. Das veränderte ihr Leben völlig und macht alles für sie so viel komplizierter.
     »Wie soll ich etwas verstehen, über das ich so gut wie nichts weiß?«, fragte er eindringlich und sein Blick fing den ihren ein.
     Frustriert schüttelte die Blondine den Kopf, griff sich ihren Tee und eilte aus dem Saal. Ace schaute ihr hinterher und man hätte eine Stecknadel fallen hören können.

Die nächsten Tage stürzte sich Seren regelrecht in den Papierkram, versuchte, damit auf andere Gedanken zu kommen und sich abzulenken. Allerdings hatte ihr Kopf gegensätzliche Pläne und sinnierte immer wieder herum, was sie tun konnte. Egal wie häufig sie alle Puzzleteile umherschob, fand sie doch keine Lösung für ihr Problem. Die Gespräche mit Marco halfen ihr ein bisschen. Seine beruhigende Art brachte ihr Sorgen dazu, ein wenig abzuflauen, war jedoch nicht in der Lage, sie verschwinden zu lassen.
     In der Küche ließ sie sich nicht blicken, denn sie brauchte gerade keinerlei Geschichten oder weitere Träume von anderen Menschen, die nicht wussten, was für die Blondine alles auf dem Spiel stand. Ace sah sie der Tage ebenfalls kaum bis gar nicht und das war ihr auch recht so. Er konnte es nicht begreifen, was der eigene Steckbrief für sie bedeutete.
     »Mach Schluss für heute«, riss der Phönix sie aus ihren Gedanken.
     »Ich habe eh nichts Besseres vor«, ließ sie den Stift weiter in aller Seelenruhe über das Papier gleiten.
     »Doch! Du wirst dich mal wieder mit wem außer mir unterhalten«, meinte er bestimmt und erstickte damit jeglichen Widerspruch im Keim.
     »Von mir aus«, seufzte Seren, stand auf und machte sich auf den Weg zum Deck.

Die kühle Nachtluft umfing sie und brachte sie leicht zum Frösteln. Lustlos schaute die Blondine sich um. Weder hatte sie Interesse, sich zu dem Grüppchen dazuzugesellen, wo Izou saß, noch wollte sie an der Pokerrunde mit Dug teilnehmen. Sie schlenderte über das Holz und ihre Füße trugen sie unterbewusst zum Bug.
     »Sieht man dich auch mal wieder?«, drehte Ace den Kopf zu ihr, als er Schritte vernahm.
     »Du bist ja völlig betrunken«, hauchte sie verwundert.
     »Und?«, hob er die Hände neben sich und in der einen befand sich eine Flasche. »Wir haben noch mehr als genug Alkohol auf dem Schiff. Also nur zu«, hielt er sie der jungen Frau hin.
     »Ich möchte nicht«, wendete sie sich dem Meer zu.
     »Warum redest du nicht mit mir?«, fragte er leise.
     Verwundert furchte Seren die Stirn. Sie unterhielten sich doch gerade. »Was meinst du damit?«
     »Du hast recht, dass ich dich nicht verstehe und wenn du mir nichts erzählst, kann sich das auch nicht ändern«, trat der Kommandant vor sie.
     »Was wird das?«, wollte sie zurückweichen, stand jedoch bereits an der Wand.
     »Sprich mit mir«, fasste er sie bei der Hüfte und sie zuckten zusammen. »Bitte«, kam ihm ein Flüstern über die Lippen. Dann zersprang Glas klirrend auf den Planken, als die Flasche auf das Holz traf, weil Ace sie hatte fallen lassen. In der nächsten Sekunde ruhte seine Hand an der Wange der Blondine.
     »Hör auf«, wandt sie sich aus seinem Griff und wollte gehen. Das war ihr zuviel.
     »Warte«, bekam er Seren am Oberarm zu fassen, drehte sie wieder um und zog sie an sich. »Wo ist denn das Problem«, hauchte er ihr auf die Lippen und die Augen der beiden fanden sich. Sie öffnete den Mund für eine Antwort, hielt allerdings inne.
     »Verpiss dich!«, verpasste sie ihm eine schallende Ohrfeige und lief davon.
     Wie vom Blitz getroffen starrte er ihr reglos nach.
     »Das musste ja jetzt passieren«, eilte Seren fluchend die Gänge entlang. »Immer in den ungünstigsten Momenten.«

Dem Schicksal verpflichtetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt