»Wo fangen wir denn an?«, schaute die männliche Geisha sich suchend um.
Seren lief mit ihrem selbsternannten Modeberater Izou und dem Vize eine breite Einkaufsstraße entlang. In dem Lederbeutel, den sie von Edward bekommen hatte, befand sich Geld für Klamotten.
»Das sieht durchaus vielversprechend aus«, betrachtete der Schwarzhaarige die Auslage in einem Schaufenster. »Hier gehen wir mal rein«, teilte er den beiden mit.
»Ich in einem Kimono?«, wollte die junge Frau ungläubig wissen.
»Na sicher doch, Liebes«, schob er sie bereits vor sich hin nach drinnen.
»Herzlich willkommen«, kam eine ältere Dame auf sie zu. »Kann ich Ihnen weiterhelfen?«, erkundigte sie sich freundlich.
»Das schaffe ich schon, Teuerste«, verschwand Izou zwischen den Regalen. Zweifelnd schauten die zwei Blonden ihm einen Moment hinterher.
»Hätten Sie vielleicht etwas zu trinken und eine Zeitung? Ich habe so das Gefühl, dass wir eine Weile bleiben«, wendete der Phönix sich an die Verkäuferin.
»Natürlich. Nehmen Sie doch dort Platz«, zeigte sie in eine Ecke, wo sich drei Sessel befanden. »Kaffee ist recht?«, fragte sie nach und der Vize bejahte.
»Für mich ein Wasser, wenn es nicht zu viele Umstände macht«, bat Seren und die Dame nickte ihr zu.
Nachdem die Ladenbesitzerin ihnen die Getränkte gebracht hatte, teilte Marco die Zeitung mit der jungen Frau und beide blätterten die Seiten durch.Eine gute Stunde später legten die zwei gelangweilt das Käseblatt auf dem kleinen Beistelltisch ab und schauten sich ohne Elan nach Izou um, der noch immer in dem Geschäft umherhuschte.
»Können wir nicht einfach gehen und ihn heute Abend hier wieder einsammeln?«, wollte Seren mit gesenkter Stimme wissen.
»Wir würden es nicht mal zur Tür raus schaffen, bevor er das bemerkt«, seufzte der Phönix verhalten.
»Das sind ja Aussichten«, verdrehte sie die Augen.
»Mach dir nichts draus. Er hat bald alle Regale durch und dann sind wir hier fertig«, nippte er an seinem fünften Kaffee.
»Läuft das jetzt in jedem Laden so ab?«, fragte sie unmotiviert.
»Ich hoffe es nicht. Aber man kann es leider nicht wissen«, zuckte er mit den Schultern.
»Da will man bloß schnell paar Shirts und Hosen besorgen und dann sowas«, ließ sie sich tiefer ins Polster sinken.
»Ja, ich habe mir schon gedacht, dass sich deine Begeisterung in Grenzen halten wird«, schmunzelte Marco vor sich hin.
»Wieso das?«, schielte sie skeptisch zu ihm.
»Ich konnte mir nicht vorstellen, dass du zu der Sorte Frauen zählst, die gern shoppen«, antwortete er gleichgültig.
»Bin ich so durchschaubar, Piepmatz?«, spielte sich ihr ein Grinsen auf die Lippen, was in der nächsten Sekunde verrutschte, als sie ihre Worte realisierte. Mit aufgerissenen Augen widerstand sie dem Drang, sich eine Hand vor den Mund zu schlagen. Marcos eine Braue zuckte verräterisch und sie schluckte schwer.
»Schau mal, gefällt dir davon einer? Ich bin ja überzeugt, sie würden alle ausgezeichnet an dir aussehen«, holte Izou sie aus der Situation und Seren sprang dankbar auf die Beine.
»Danke. Ich probiere sie mal an«, riss sie ihm die Teile förmlich aus dem Arm und verschwand in einer Umkleidekabine.
»Hätte gar nicht gedacht, dass sie sich so freut«, ließ die männliche Geisha sich lächelnd in einen Sessel fallen und überschlug die Beine. »Und was ist mit dir?«, wendete er sich an seinen Nakama.
»Ace färbt offensichtlich auf sie ab«, kniff er sich in die Nasenwurzel. »Piepmatz«, grummelte er angesäuert.
»Hat sie dich etwa so genannt?«, hakte er amüsiert nach.
»Hm«, machte der Vize lediglich und griff zu seiner Tasse.
In der Kabine besah sich Seren die einzelnen Kimonos, die alle ziemlich denselben Schnitt und jeweils am unteren Saum und den Ärmeln aufwändige Strickereien hatten. Die Verzierungen wurden erst auffallend dicht angebracht und lichteten sich, je höher sie verliefen.
Sie hielt ein dunkelblaues Teil vor sich, das ein silbernes Muster aufwies, welches sehr an Sterne erinnerte und legte es bei Seite. Seren schaute die anderen durch. Rosa mit Kirschblüten, Lila mit Ranken und Creme mit Wellen, wobei die Stickereien jeweils in Gold gehalten wurden. Einen Grünen mit Halbkreisen, einen in Ocker mit Wolken und einen in Weiß mit Monden, wo die Muster Silber waren. Dann hielt sie einen Roten in der Hand, bei dem sich Flammenstickereien in Gold hervortaten. Seren wiegte nachdenklich den Kopf hin und her, bevor sie begann, sich zu entkleiden.
Marco rieb sich entnervt den Nacken und grübelte vor sich hin, während Izou sich Luft zuwedelte und umher schaute, als der Vorhang beiseitegeschoben wurde.
Der Phönix starrte die junge Frau mit aufgerissenen Augen an und sein Nakama klatschte begeistert in die Hände, indes er aufstand und auf sie zuging.
»Ich denke, du musst die anderen gar nicht anprobieren. Der steht dir fantastisch«, musterte Izou sie von oben bis unten.
»Danke. Ich war mir nicht mehr sicher, ob ich das mit dem Band binden noch hinbekomme. Es ist doch schon eine Weile her«, gab sie verunsichert zu.
»Dreh dich mal um«, bat die männliche Geisha und besah sich dann den Knoten. »Es geht ordentlicher, aber auch wesentlich schlimmer«, stellte er fest.
»Und was sagst du?«, linste Seren zum Vize. Dass der Kommandant der sechzehnten Division von diesem Kleidungsstil in jeglicher Hinsicht hellauf begeistert war, hatte sie bereits registriert, weswegen sie zugegeben gern eine zweite Meinung hätte.
»In dem Aufzug dürfen wir dich noch viel weniger unbeaufsichtigt irgendwo rumlaufen lassen«, meinte er und grinste leicht.
»Okay. Dann ist der gekauft. Ich gehe mich eben umziehen«, wollte sie schon wieder hinter dem Vorhang verschwinden.
»Du kannst doch so bleiben«, warf Izou ein.
»Nein. Eher nicht«, schüttelte sie schnell den Kopf und ging in die Kabine.
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Dem Schicksal verpflichtet
FanfictionWie wird eine Legende zu einer Legende? Durch Personen, die sie weitererzählen oder aufschreiben. Vor hunderten von Jahren, so heißt es, soll die Welt geradezu von der Finsternis verschlungen worden sein. Eines Tages verschwand die Dunkelheit und da...