Nach dem Mittag stand für Ace das Training seiner Division auf dem Plan und das konnte er nicht ausfallen lassen. Er hatte Seren angeboten, dabei zuzuschauen, doch das lehnte sie dankend ab. Stattdessen begab sich die Blondine in ihr Zimmer, wo sie sich dem Wälzer über Heilkräuter widmete, wie sie es bereits in der vergangenen Nacht vorgehabt hatte. Immerhin sollte sie sich ausruhen und das ging bei einer informativen Lektüre am besten.
Aus diesem Grund verbrachte sie die nächsten Tage ihre Zeit ebenfalls mit der Nase in einem Buch. Manchmal saß sie an Deck neben Edward, der sie angenehmerweise fast ausschließlich in Ruhe ließ, und beobachtete unauffällig die Freibeuter bei notwendigen sowie unnötigen Tätigkeiten. Auffällig war tatsächlich der Alkoholkonsum der Männer, doch das tat sie als normal für Piraten ab. Der Kaiser war Sake sehr zugetan, was sie in seinem Alter nicht gerade förderlich genannt hätte. Spätestens gegen Abend zog sich die Blondine jedoch in ihre Kajüte zurück, denn der Krach, den die Besatzung beim Feiern veranstaltete, zerrte mächtig an ihren Nerven.
Ace wurde der Tage vom Phönix auf Trab gehalten, der dem Jüngeren immer wieder eine Predigt hielt. Dafür, dass der Blonde gemeint hatte, er hätte es aufgegeben, dem Sommersprossigen Manieren beizubringen, bemühte er sich allerdings ziemlich, ihm die Notwendigkeit von Papierkram und Ähnlichem nahezulegen. Seren kannte die Dialoge der zwei schon beinahe auswendig und amüsierte sich innerlich mittlerweile doch sehr darüber. Besonders das Gemeckere und Gezeter des Hutträgers trug gehörig zu ihrer Erheiterung bei. Der hatte nämlich null Bock, irgendwas schriftlich festzuhalten oder sich solchem Kram zu widmen, wie er stets sagte.
Thatch bemühte sich nach Kräften, das Lieblingsessen der Frau herauszubekommen, scheiterte allerdings täglich mehrmals. Sie hatte es völlig ernst gemeint, dass sie keines hatte. Unermüdlich zauberte der Smutje immer wieder neue Speisen, die er zuvor noch nie ausprobiert hatte. Speziell der Jüngste am Tisch linste bei den Mahlzeiten auffällig oft auf ihren Teller und da es meistens eh zu viel war, schob sie ihm gern die Reste rüber, sobald sie satt war.
Aus dem Vize versuchte sie, schlau zu werden, doch das misslang ihr. Auf jeden Fall hatte er auf dem Schiff den Überblick und priorisierte die anfallenden Notwendigkeiten sehr präzise. Die Suche nach der Unbekannten, die ihm entwischt war, hatte er noch nicht aufgegeben und scheuchte regelmäßig einige Mitglieder seiner Division durch die Moby, um sie zu finden. Sie befanden sich mitten auf dem Meer und da war es ein Ding der Unmöglichkeit, dass eine Person verschwand, es sei denn, sie konnte fliegen. Diese Eventualität hatte der Phönix allerdings kategorisch ausgeschlossen. In dem Punkt, diese Fremde doch noch aufzuspüren, erinnerte er in der Tat sehr an einen Bluthund.
Seufzend blätterte Seren um und schüttelte leicht den Kopf. Sie sollte sich über die Freibeuter besser keinerlei Gedanken machen oder beginnen, so etwas wie persönliche Beziehungen zu knüpfen. Es war lediglich eine Frage der Zeit, bis sie hier wieder verschwinden und nicht zurückschauen würde. Gerade saß sie auf dem Schreibtisch im Schneidersitz und hatte einen ziemlich alt wirkenden Schinken, der sich mit einer Forschungsreise über die Grandline beschäftigte, auf dem Schoß. Das Fenster stand weit offen, damit die frische Seeluft ungehinderten Zugang zum Zimmer hatte und neben ihr befand sich eine Schüssel mit roten Beeren, weil Thatch darauf gestoßen war, dass sie süße Früchte scheinbar mochte. Gedankenverloren schob sie sich zwischendurch eine der kleinen Kugeln in den Mund und vertiefte sich stetig mehr in die handschriftlichen Ausführungen auf dem leicht vergilbten Papier. Wie das Wetter draußen umschlug, bekam die Blondine zuerst gar nicht mit.
»Wiebitte?«, runzelte Seren die Stirn und hob langsam den Blick. Ihre Augen wurden immer größer, als sie die meterhohen Wellen, dunklen Wolken und den peitschenden Regen bemerkte.
Ein spitzer Aufschrei entfuhr ihr, als ein Blitz zielgenau auf sie zuraste.Der Kommandant der Zweiten hetzte durch die Gänge, als wäre der Leibhaftige selbst ihm auf den Fersen. Ein Blitz hatte das Schiff getroffen und das Feuer musste unter Kontrolle gebracht werden. Allerdings bereitete es ihm größere Sorge, dass die Einschlagstelle sich ziemlich nah an Serens Kajüte befand.
Der Qualm wies ihm den Weg, als er um eine Ecke in den Kommandantenflur einbog und er beschleunigte seine Schritte nochmals. Kaum an der Tür, unter welcher der Rauch hervorkam, trat er diese ein.
Flammen erfüllten das komplette Zimmer. Er ging hinein und löschte Feuer, indem er es in sich aufnahm. Hektisch sah er sich um, doch dort war nichts, was eine Leiche hätte sein können. In einer fahrigen Geste strich er sich durch die Haare, baumelte der Cowboyhut ja längst an seinem Rücken. Wo konnte sie sein? Sie wollte sich ausruhen und hatte gemeint, dass sie das in ihrer Kajüte tun würde. Das Fenster! Direkt lief er dorthin und steckte den Kopf hinaus.
Der Regen peitschte ihm ins Gesicht und Ace kniff die Augen zusammen, um etwas erkennen zu können. Suchend huschte sein Blick umher und blieb schlussendlich an einer Stelle hängen. Eine Hand? Er blinzelte. Ein Arm! »Seren!«, brüllte er aus vollem Hals und stürmte dann bereits wieder aus dem Raum.
Erleichtert, dass er sie entdeckt hatte, ließ die Blondine ihre Rechte zurück ins Wasser fallen. Es war zwar keine Garantie auf Rettung, allerdings keimte durch den Umstand, dass er nun wusste, wo sie war, Hoffnung in ihr auf, dass die Sache glimpflich ausgehen könnte.
Ace rannte durch die Gänge und stieß wegen seines Tempos mit Marco zusammen.
»Wo willst du denn hin? Ist das Feuer gelöscht?«, erkundigte sich der Vize eilig, weil er alle Hände voll damit zu tun hatte, die Mannschaft zu koordinieren. Das Unwetter, in welches sie geraten waren, zählte zu der übleren Sorte.
»Seren ist über Bord gegangen! Ich hole den Striker«, wollte er an seinem Nakama bereits vorbei.
»Hiergeblieben«, hielt er ihn am Arm fest. »Bist du übergeschnappt?! Willst du dich umbringen?!«, schrie er den Jüngeren entgeistert an. »Bei dem Sturm wirst du kentern!«
»Lass mich los verdammt!«, entzog er sich seinem Griff und stürmte davon. Ihn interessierte es nicht, wie recht sein Freund hatte. Er musste handeln!
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Dem Schicksal verpflichtet
FanfictionWie wird eine Legende zu einer Legende? Durch Personen, die sie weitererzählen oder aufschreiben. Vor hunderten von Jahren, so heißt es, soll die Welt geradezu von der Finsternis verschlungen worden sein. Eines Tages verschwand die Dunkelheit und da...