Stimmungsschwankungen

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Durch ein Klopfen an der Tür wurde die junge Frau wach und streckte sich mit einem herzhaften Gähnen. Irritiert setzte sie sich auf, weil Thatch noch immer nicht im Raum stand. »Herein?«, fragte sie verwirrt.
     »Guten Morgen«, grüßte der Kommandant der zwölften Division sie, nachdem er eingetreten war.
     »Haruta! Was kann ich für dich tun?«, wollte sie mit schräggelegten Kopf wissen.
     »Eher umgekehrt. Du bist heute vom Küchendienst freigestellt und kannst mit zum Training, wenn du magst«, bot er breit grinsend an.
     »Ja. Gern sogar«, nickte sie bereitwillig.
     »Dann mach dich in Ruhe fertig. Thatch meinte, er hat dir was in seinen geheiligten Hallen zurückgestellt. Ich hole dich dort in einer Stunde ab«, teilte er ihr mit und war bereits wieder weg.
     Seren zog sich frische Klamotten an. Mittlerweile befanden sich immerhin einige von Ace seinen Sachen in ihrem Schrank. Es erschien ihr nicht richtig, in seine Kajüte zu gehen, wenn der Sommersprossige nicht dort war. Nach kurzer Überlegung griff sie sich ihre Katana und befestigte diese am Gürtel.
     Nachdenklich trat sie hinaus auf den Gang und war nicht sicher, ob sie den Weg wirklich allein finden konnte. Allerdings trugen ihre Füße sie wie automatisch zur Kombüse.
     Der Smutje war wahrhaftig ein Engel. Ein Turm aus Pfannkuchen mit Erdbeersoße und eine Schüssel Obstsalat samt Joghurt erwarteten sie. Enthusiastisch schwang sie sich auf die Arbeitsplatte und begann, das leckere Essen zu verzehren.

»Alle mal herhören, Leute!«, hob Haruta seine Stimme, als er mit der Blondine in den Trainingsraum kam. Die junge Frau hatte tatsächlich ausreichend Zeit gehabt, noch den Abwasch zu erledigen, bevor der Kommandant da gewesen war, um sie zu holen.
     »Seren wird heute beim Training mit dem Schwert mitmachen«, teilte der Brünette den Männern mit und bekam ein einstimmiges »Aye« zur Antwort.
     »Es handelt sich wohl eher um zwei Katana«, wollte sie ihre Klingen ziehen.
     »Die kannst du dort abstellen«, deutete Haruta in eine Ecke.
     »M«, meinte sie langgezogen und schaute zwischen der Stelle und ihm umher.
     »Da wir lediglich dein Wort haben, dass du in der Lage bist, mit Schwertern und dergleichen umzugehen, müssen wir einige Vorsichtsmaßnahmen einhalten. Befehl von Vater«, zuckte er entschuldigend mit den Schultern und zeigte dann auf ein Fass.
     Freudlos ging Seren darauf zu und stellte unterwegs ihre Katana an die Seite. Sie zog eine der hölzernen Waffen heraus und betrachtete sie skeptisch. »Sowas hatte ich zuletzt mit acht in der Hand«, murmelte sie nachdenklich. Prüfend schwang sie das Ding einen Moment, warf es nach oben, fing es und ließ die stumpfe Klinge dann kreisen. Als der etwas bessere Stock zum Stillstand kam, lag er auf ihrem ausgestreckten Zeigefinger und war im Gleichgewicht. Damit hatte sie den gesuchten Schwerpunkt gefunden, schnippte es hoch und griff es mit der Linken. Mit dem nächsten Stück Holz tat sie das gleiche.
     Die Blondine drehte sich zu den Divisionsmitgliedern um und war mit ihrer Wahl so zufrieden, wie sie sein konnte. »Wer möchte anfangen?«, reckte sie entschlossen das Kinn und ihre sonstige Mimik wirkte gleichgültig.
     Der Kommandant musterte sie aufmerksam, kam sie ihm wesentlich unterkühlter vor als sonst, wenn sie sich begegnet waren. Allerdings schien ihr Selbstvertrauen ebenfalls eine Steigerung erlebt zu haben.
     Vielsagende Blicke wurden unter den Piraten ausgetauscht, doch keiner machte Anstalten, weiter zu reagieren.
     »Alan«, erklang es knapp von Haruta und ein eher bullig anmutender Kerl mit schwarzen Rastas trat vor.
     Er holte sich eine Übungswaffe und die blauen Seelenspiegel verfolgten jede seiner Bewegungen.
     Tief atmete die junge Frau aus, als er auf sie zulief. Sie tat einen Schritt zur Seite, stellte ihm ein Bein und schlug ihrem Sparringspartner noch im Fall mit dem Ellenbogen ins Genick.
     Mucksmäuschenstill starrten alle sie mit aufgerissenen Augen und offenen Mündern an.
     »Ohne überheblich klingen zu wollen«, nahm sie wieder eine entspannte Haltung ein. »Einen einzelnen Mann habe ich zuletzt als eine Art Gegner angesehen, da war ich zehn«, stellte sie abgeklärt fest.
     Mit einem Nicken gab der Kommandant sein Einverständnis und zwei Piraten bewaffneten sich mit je einem Holzschwert.
     Seren kreiste die Schultern und wartete ab, während die beiden sich um sie herumbewegten. Jetzt würde sich dann wohl zeigen, wie gut oder schlecht Mitglieder einer Kaisercrew Lagen beurteilen und für sich nutzen konnten. Die zwei griffen an und die Blondine hob zu jeder Seite ein Schwert, um zu blocken. Kraftvoll stieß sie die Freibeuter von sich. Einer kam mit erhobener Waffe auf sie zu, weswegen sie die Hölzer fallenließ, den Unterarm, welcher die Attacke führte, ergriff und somit stoppte, ehe sie auch den zweiten zu fassen bekam. Der andere Mann witterte seine Chance und wollte sie ausknocken, allerdings ließ sie sich keine Millisekunde, bevor der Angriff sie traf, zu Boden fallen. Elegant rollte sie sich in derselben Bewegung zur Seite weg. Statt ihr erwischte er seinen Nakama, der ohnmächtig umkippte.
     »Nun. Möchtest du allein dein Glück versuchen oder dir jemand zu Hilfe holen?«, spielte sich ein Grinsen auf ihre Lippen und sie hob die Schwerter auf.
     Ein leises Schnauben war von dem Piraten zu hören, denn die Frage kratzte an seinem Ego. »Wird nicht nötig sein«, brachte er gepresst heraus.
     »Wie du meinst«, zuckte Seren die Achseln und platzierte ihr Füße schulterbreit.
     Das Holz prallte einige Male aufeinander und sie stellte fest, dass der Typ ein wenig mehr konnte als seine beiden Nakama. Aber lang nicht genug. Die Blondine drehte sich an ihm vorbei, kam hinter den Freibeuter und hielt die gekreuzten Schwerter vorn an seine Kehle.
     »In einem ernsthaften Kampf wärst du nun tot«, meinte sie mit einer klirrenden Kälte in der Stimme, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Dem Schicksal verpflichtetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt