Was ich brauche

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»ZWEI VODKA MARACUJA BITTE«, schrie meine beste Freundin Selma über den Tresen. Sie war bereits, so wie sie es betiteln würde, etwas angetrunken.

»Nur wenn du zahlst!« Ich war schließlich nur in diesen Club mitgekommen, um sie etwas von ihrem Ex aufzuheitern.

So etwas hier war nicht mein Stil. Lärm, schrille Lichter, niveauloser Alkohol und soziale Interaktion - alles Dinge, auf die ich im alltäglichen Leben gerne verzichten konnte. Doch ich wollte für sie da sein, und wenigstens einmal nicht die spießige Freundin sein, mit der man keinen Spaß haben konnte.

»Alles ok?«, fragte ich durch den Lärm hindurch, denn Selma hatte den Kopf in die Hände gestützt.

»Ach kleines, hab endlich mal Spaß! Such dir ein hübsches Mädchen und mach ein bisschen rum, das ist deine Nacht!«

»Ich bin deinetwegen hier!«

Sie lächelte verschmitzt. Ich wusste, sie würde sofort gehen und mit irgendeinem Jungen in die WG verschwinden, wenn ich nicht so besorgt und spießig wäre.

Die vier Shots, die wir vor ein paar Minuten von einem schleimigen Typen ausgegeben bekommen hatten, gingen hinunter wie Wasser. Jetzt war ich bereits so weit, dass ich mich auf meinen nächsten Drink freute. Ein Zustand, den ich normalerweise nicht begrüßte, doch heute wollte ich Spaß haben.

»Machen sie vier Vodka Maracuja draus!« Sagte eine brünette Frau über den Tresen. Sie trug ein schlichtes, kurzes blaues Kleid und stützte sich neben mich auf die Tischplatte. Sie war ein Traum, ihre Haut hatte die Farbe von Cappuccino und ihr Körper war hinreißend.

Die Frau lächelte mich an, in ihren Augen glitzerte ein gefährlicher Funke an Spontanität, der mich schon jetzt anzog.

»Mein Bruder«, sagte die Frau und deutete auf den Mann hinter ihr. Er hätte sich auch als Model ausgeben können, ich hätte es ihm abgekauft.

»Hi, ich bin Selma«, sagte meine beste Freundin und sprach unmissverständlich nur den Mann an. Dieser schaute erst skeptisch, dann aber lächelte er fast schon hinterhältig.

»Und du bist?« Die Frau schaute mich erwartend an.

»Ich bin bereit auf meinen nächsten Drink«, sagte ich selbstbewusster, als ich es mir zugetraut hätte und schnappte mir mein Glas, das uns hingeschoben wurde.

»Nenn mich Eli.«

»Phio«, stellte ich mich vor.

Eli grinste. »Du bist nicht so der Party Mensch?«

»Sieht man mir das echt so an?«

»Nein, ich habe nur gute Menschenkenntnis.«

»Ach so!«, rief ich. Sie grinste erneut und nahm einen Schluck.

Ich sah zu Selma und dem Typ hinüber. Sie schienen ziemlich beschäftigt damit zu sein, sich gegenseitig Dinge zuzuflüstern.

»Er ist ein guter Kerl, mach dir keine Sorgen!«

Ich schwieg. Sie war in keinem guten Zustand, wer weiß, was sie tun könnte.

»Beweise es!«

Sie schaute mich fragend an.

»Deine Menschenkenntnis! Also, was bin ich für ein Mensch?«

Elis darauffolgenden Blicke zogen mich schier aus. Sie schlürfte an ihrem Glas und starrte mir in die Augen.

»Du fühlst dich zwar wohl in deiner Haut, willst aber nicht rüberkommen wie ein Mainstreamflittchen. Du hast deine Prinzipien, doch die haben dich bisher nicht weit gebracht. Deswegen bist du überhaupt hier. Du willst deiner Freundin - vielleicht auch dir selbst - beweisen, dass du es anders kannst.«

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