Teil 9

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Vorsichtig hob er sie auf seine Arme und bettete ihren Kopf an seine Schulter. >>Wo ist das Bad kleines?<< fragte er sie sanft und folgte ihrem Zeigefinger, welches auf eine halb geöffnete Tür zeigte.
Es dauerte einige geschlagene Minuten, bis er endlich in ein Zimmer trat, das völlig verwüstet war. Ein Tablett mit Essensresten lag quer auf dem Boden, während die Laken frisches Blut aufwiesen. Er zwang seinen Blick zu einer Tür gegenüber des Bettes und öffnete sie. Langsam setzte er Yuna an den Beckenrand und kniete sich vor sie hin.
>>Hey, sieh mich an.<< forderte er sie auf, was sie widerwillig tat. So stumm hatte er sie noch nie erlebt. >>Wir machen dich jetzt sauber und dann verschwinden wir von hier. Geht es dir besser, oder hast du das Gefühl du schaffst es nicht.<<
>>Es geht schon<< krächzte sie heiser.
>>Yuna<< hörte er sich brüchig sagen, woraufhin sie ihren Kopf schüttelte. >>Nicht jetzt. Bitte. Lass uns hier einfach weg.<< atmete sie gequält aus, woraufhin er nach einem Handtuch griff.
>>In Ordnung.<<
Immer wieder machte er das Handtuch nass und wischte ihr das Blut von dem Körper, bis er zu ihren geschundenen Oberschenkeln gelangte und sie schwer die Luft einsog. >>Darcen<< flüsterte sie gequält. >>Ich brauche ein Verhütungsmittel. Ich weiß nicht, ob es noch etwas bewirkt, aber ich..<< brach sie ab. >>Erklär dich nicht. Ich suche eins.<<
Er half ihr auf und ging gemeinsam mit ihr in das Zimmer zurück. Ohne auf sie zu warten öffnete er die Schränke und suchte nach einem Kleid, das dick genug war für die kühle Jahreszeit dort draußen. Er griff nach einem dunkelblauen Kleid, mit langen Ärmeln und gab es ihr in die Hand.
>>Ich habe das Mittel aus der Vorratskammer gestohlen. Die ist unten im Kellergewölbe.<< sagte sie, während sie das Kleid umklammert hielt.
>>Zieh dich an, ich gehe nachschauen.<< hörte er seine ausdruckslose Stimme, bevor er das Zimmer verließ. Plötzlich bereute er es, dass er den Lord nicht länger hatte quälen können. Yuna so zu sehen zerriss sein Herz und erinnerte ihn schmerzlich daran, wie er zu Liara einst gewesen war. Er verstand immer mehr, warum sie sich von ihm abgewandt hatte und obwohl er Yuna geholfen hatte, fühlte er sich ihrer nicht würdig. Darcen fühlte sich wie ein Heuchler, der sie von einem übel zum anderen brachte.

~~~

Sie fühlte sich elend, weil er ihretwegen so viel auf sich genommen hatte und sie fühlte sich elend, weil sie sich kaputt anfühlte. Als hätte man etwas in ihr unwiderruflich gebrochen und egal wie tief sie nun in sich griff, sie fand es nicht. Diese Heiterkeit, diese Hoffnung und Zuversicht.
Ein Zischen verließ ihre Lippen, als sie zu ihrem Daumen sah, den sie blutig gerissen hatte und verhinderte gerade noch, dass Blut auf das neue Kleid tropfen konnte.
Augenblicklich dachte sie an den Moment zurück, als Darcens Blick den ihren traf und der den sie bis dahin zu kennen schien, zu jemand anderem wurde. Sie hatte noch nie jemanden gesehen, der so präzise im Töten war. Es wirkte fast so, als würde er nichts anderes kennen. Doch das was sie am meisten verwirrte war die Tatsache, wie er mit einer Berührung die Körper der beiden Männer zum erzittern bringen konnte und diese Angst in der Haltung des Lords. Es war, als wäre aus dem grausamen Mann ein verängstigtes Tier geworden.

Ein Knallen ließ Yuna aufspringen und nach dem Kerzenständer greifen, den sie ausgestreckt zur Tür hielt. Darcen starrte auf ihre Hand, als er in das Zimmer eintrat und betrachtete sie mit solch einem sanften Blick an, dass ihr die Tränen in die Augen steigen wollten. Aber sie hielt sich zurück. Zumindest so lange, bis sie alleine sein konnte.
>>Hier<< streckte Darcen seine Hand mit dem Fläschchen aus, nach dem Yuna direkt griff. Ohne zu Zögern kippte sie die Flüssigkeit in ihren Mund und hoffte inständig, dass es noch wirken würde.
>>Lass uns gehen.<< bat sie Darcen und folgte ihm zu ihrem Kleiderschrank. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, legte er den Mantel um ihre Schultern und griff nach ihrer Hand, die er fest mit seiner Umschlang.
>>Lass uns gehen.<< wiederholte er ihre Worte und zog sie mit sich. Yuna zwang sich, die Leichen nicht anzusehen. Doch es erwies sich als schwierig, weil Draußen viel zu viele auf dem Boden lagen.
>>Ich habe dir gesagt, dass es einen Grund gibt, warum sie mich eingesperrt haben.<< kommentierte er ihren erschrockenen Blick.
Darcen versuchte sie noch immer davon zu überzeugen, wie schlecht er ist, doch mit dem heutigen Tag hätte alles andere keine Bedeutung. Seine Vergangenheit war ihr egal, denn er hatte sie vor der Hölle hinter diesen Mauern gerettet. Sie spürte tief in ihrem Inneren, dass sie in diesen Mauern gestorben oder sich selbst gänzlich verloren hätte, wenn er nicht gewesen wäre und genau das rechnete sie diesem Mann so hoch an.
Und sie würde alles daran setzen, damit er wieder in den Spiegel schauen konnte, ohne sich selbst zu verachten.
Dieses Versprechen gab sie sowohl sich, als auch ihm.
>>Jeder Grund ist mir egal Darcen. Ich verdanke dir alles. Mehr, als du dir vielleicht vorstellen kannst.<< erwiderte sie und blieb stehen. Entschlossen stellte sie sich vor ihn, noch immer seine Hand haltend und streckte ihre andere zu seiner Wange hoch.
>>Soll die ganze Welt dich als Monster sehen. Ich tue es nicht und ich werde es nicht. Für mich bist du ein Held.<< hauchte sie, bevor sie ihre Arme um ihn schloss und ihre Wange an seine Brust presste.
>>Danke.<< flüsterte sie und schlang ihre Arme noch fester um ihn, als er sie ebenfalls festhielt. Sie spürte, wie er einen Kuss auf ihren Kopf setzte und sie fester umschlang. Als würde auch er diese Nähe brauchen.

Darcen-Tanz mit einem VampirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt