Kontaktaufnahme

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6 Monate war es her seit ich das letzte Mal eine Nachricht von Jake erhielt. Er hatte versucht einen Weg aus der Miene zu finden ohne vom FBI erwischt zu werden. Und doch war er kurz noch einmal online gekommen um mir etwas zu sagen, was er mir schon so lange hatte sagen wollen. "Leah, ich liebe dich!" Diese so bedeutsamen Worte hatten mein Herz direkt erreicht und ohne zu zögern hatte ich "Ich liebe dich auch, Jake." geantwortet. Ich wollte, dass er es wusste, das es ihm Halt gab und er sein Versprechen halten konnte nicht gefasst zu werden, da es ihn sonst für immer von mir trennen würde.

Danach war es still geworden. Hanna war gerettet Dank Alan Bloomberg. Richy hatte man gefunden und zuerst in ein Krankenhaus gebracht mit einer starken Rauchvergiftung. Anschließend saß er in Untersuchungshaft, die Staatsanwaltschaft erhob Anklage. Das Feuer welches Richy in der Miene gelegt hatte, hatte eine Explosion verursacht und doch war nie eine Leiche gefunden worden trotz gründlicher Untersuchungen bis in jedes noch so kleine Eck der Miene.
Und dennoch hörte ich wochen-, ja sogar monatelang nichts von Jake. Hatte er es geschafft? Die Nachrichten berichteten nur von einer Festnahme und das war die von Richy.

Ich hatte die anderen der Gruppe um ein wenig Abstand gebeten. Ich musste meine Gedanken sortieren und lernen mit meinen Gefühlen umzugehen. Ich hatte Angst, Sehnsucht und wünschte mir nichts mehr als eine kurze Nachricht die mir sagte, dass alles gut war. Aber die erhielt ich nicht. Tag um Tag verging. Aus Tagen wurden Wochen und aus Wochen schließlich Monate. Hatte mich am Anfang noch jeder kleine Mucks meines Handys sofort reagieren und nachsehen lassen, so schwand die Hoffnung auf ein Lebenszeichen von Jake täglich mehr. Und schließlich fand ich mich damit ab ihn wahrscheinlich nie wieder zu sehen bzw. eine Nachricht von ihm zu erhalten.

Ich lag im Bett als Alexa sich meldete und mich wie jeden Tag freundlich weckte. Zuerst wünschte sie mir einen guten Morgen, anschließend zitierte sie mir das heutige Wetter und spielte schließlich meinen Lieblingsradiosender. So war ich es gewohnt. Ich streckte mich kurz, setzte mich auf und gab Alexa den gleichen Befehl wie immer: "Alexa, beenden" Im Normalfall schaltete sie sich umgehend aus und die Musik stoppte, doch heute schien sie es sich anders überlegt zu haben. Die Musik stoppte und ich stand auf als sich mein virtueller Wecker von selbst meldete. "Du siehst heute wunderschön aus" Verdutzt drehte ich meinen Kopf und sah zu der kleinen runden schwarzen Box auf meinem Nachttisch. Das hatte sie noch nie gemacht. Wie auch? Sie tat was man ihr sagte, was man einstellte, nicht mehr aber auch nicht weniger. Was also waren das jetzt für neue Handlungen?

Ich tat es als ein Softwareupdate ab welches wahrscheinlich dazu diente Alexa noch menschlicher wirken zu lassen und ging über den Flur in die Küche. Dort machte ich mir einen Kaffee, ohne ging am Morgen nämlich gar nichts und da konnte ich Alexa aus dem Schlafzimmer heraus erneut hören. Sie spielte einen Song von Ed Sheeran - Perfect. Es handelte sich hier um eines meiner Lieblingslieder. Kurz summte ich mit, begab mich dann jedoch zurück in das Schlafzimmer und erteilte Alexa den Befehl es zu beenden. Die Musik stoppte, das bunte Licht auf ihrem Gehäuse leuchtete und schließlich sagte sie etwas in einer Stimmlage, die ich aus diesem Gerät noch nie zuvor vernommen hatte: "You are perfect" Wie versteinert stand ich da und blickte auf das schwarze Gerät. Noch immer drehte sich das bunte Licht auf diesem im Kreis. "Was?" war alles was ich im Moment herausbekommen konnte und Alexa schien mich gehört zu haben denn erneut reagierte sie in einer fremden männlichen Stimme. "Leah, ich vermisse dich." Sollte das jetzt ein Scherz sein? Am liebsten hätte ich dem Ding den Stecker gezogen und es aus dem Fenster geworfen. Jetzt war ich definitiv hellwach. Das Licht auf dem Gerät erlosch und gab keinen weiteren Ton von sich. Zu seinem Glück.

Vollkommen verdattert ging ich ins Bad und machte mich erstmal fertig. Zähne putzen, Haare waschen, föhnen etc. Alles um tageslichttauglich zu werden. Ich konnte schlecht auf die Straße gehen wenn ich aussah als hätte ich frisch in eine Steckdose gefasst. Zufrieden mit meinem Erscheinungsbild zog ich mich an und lief dann zurück in die Küche um meinen Kaffee zu genießen, da meldete sich erneut Alexa zu Wort. "Leah, kannst du mich hören?" Ich verschluckte mich an meinem Kaffee und konnte es nicht glauben. Jetzt ging das wieder los. Ich stellte die Tasse beiseite und marschierte wütend ins Schlafzimmer. "Du spinnst wohl!" fluchte ich und ging um das Bett herum. Jetzt würde ich dem Ding wirklich den Stecker ziehen und kurz bevor ich eben das in die Tat umsetzen konnte, meldete sich Alexa nochmals: "Leah, ich bin's. Jake" Ich stoppte in meiner Bewegung und starrte das Gerät an. "Was...was hast du gerade gesagt?" Das war doch nicht möglich oder? "Lachender Smiley" erhielt ich als Antwort und mein Herz setzte für einen Moment aus. Ich musste mich setzen und tat es auch. "Das ist nicht real. Nein, das kann nicht sein" murmelte ich und erneut meldete sich Alexa. "Ich bin in Sicherheit." Konnte das real sein? "Jake?" fragte ich vorsichtig und erhielt wieder eine Antwort. "Ja, Leah. Ich bin es wirklich." Tränen sammelten sich in meinen Augen. Er lebte. Jake lebte und er war in Sicherheit. 6 Monate der quälenden Ungewissheit. "Bitte, weine nicht. Nicht meinetwegen" gab Alexa von sich und jetzt war ich noch irritierter. Woher wusste er, dass ich weinte? "Woher...." begann ich leise und wurde unterbrochen. "Deine Wohnung ist gut vernetzt. Ich kann auf alles zugreifen, auch auf die Kameras und deine Überwachungskamera im Schlafzimmer" Ich drehte meinen Kopf und sprang vom Bett auf. Die Kamera bewegte sich kurz. Hatte Jake sich in meine Alexa, ja sogar in meine Wohnung mit all ihrer vorhandenen vernetzten Technik gehackt? Schnell wischte ich mir die Tränen aus den Augen und sah trotzig in die Kamera. "Wie lange hast du...." Ich atmete tief durch und versuchte mich zu sammeln. "Wie lange hast du schon Zugriff auf meine Technik und speziell auf meine Kameras?" wollte ich nun wissen. Immerhin ging es hier um meinen persönlichen ganz privaten Bereich. "Seit vorhin erst. Keine Sorge, ich werde nichts tun was dich in Verlegenheit bringen könnte." Ich schüttelte den Kopf. "Das will ich für dich hoffen, Jake" sagte ich und war darum bemüht zu verstehen, dass es ihm wirklich gut ging. Er war in Sicherheit und am Leben. "Ich hatte Angst du wärst in der Miene umgekommen oder das sie dich geschnappt haben" Das hatte ich wirklich. "Ich habe dir versprochen, dass ich es nie so weit kommen lasse weil es mich für immer von dir trennen würde" entgegnete er mir und jetzt hatte ich die absolute Gewissheit. Das war Jake, mein Jake. Der Mann in den ich mich verliebt hatte ohne zu wissen wie er überhaupt aussah.

"Es hat leider etwas länger gedauert. Länger als ich wollte. Aber ich habe jeden einzelnen Tag an dich gedacht." Er war so unglaublich süß. "Und es tat weh mich nicht bei dir melden zu können" setzte er hinzu und ich erkannte, dass es ihm ebenso ergangen war wie mir. Die Sehnsucht nacheinander fraß uns beinahe auf. Kurz sah ich nochmal zur Kamera. "Wo genau bist du jetzt?" Würde er mir darauf ehrlich antworten? "Leah, du weißt das ich dir das nicht sagen kann. Aber sei unbesorgt, ich bin nicht weit von dir entfernt" Ich hob eine Augenbraue. "Ich möchte dich sehen, Jake. Ich möchte dir nahe sein, dich berühren..." Ich nahm meinen Mut zusammen. "Ich möchte mit dir zusammen sein" Für einen langen Augenblick kam das erste Mal keine Antwort zurück. Ich wurde unsicher. War ich zu weit gegangen? Wir hatten uns unsere Liebe gestanden, aber mehr auch nicht. Konnte Jake mir das geben was ich mir wünschte? Das Licht auf Alexa leuchtete wieder und drehte sich im Kreis. "Ich wünsche mir nichts mehr als dir diesen Wunsch zu erfüllen. Aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt." Ich senkte den Blick und ja, es wäre gelogen zu sagen, dass ich nicht enttäuscht war. "Leah" versuchte er es erneut. Ich wusste, dass er mich noch immer über die Kamera des Überwachungssystems beobachtete und deswegen verließ ich das Schlafzimmer. Nicht, dass es in der restlichen Wohnung keine Kameras gab aber das Schlafzimmer erdrückte mich beinahe. Ich hatte das Gefühl keine Luft zu bekommen. Das alles hatte ich mir vollkommen anders vorgestellt. Wir hatten uns versprochen uns in Duskwood zu treffen und uns dort das erste Mal zu sehen wenn alles vorbei und Hannah gefunden war. Und jetzt fühlte ich mich in meiner eigenen Wohnung nicht mehr wohl. "Leah , bitte rede mit mir" hörte ich meinen Samsung Kühlschrank sprechen. Auch er wurde über das Netzwerk gesteuert. Ich konnte eine virtuelle Einkaufsliste erstellen und auf mein Handy übertragen. Jetzt besetzte Jake ihn einfach so. Besessen sollte man eher sagen. "Ich will jetzt nicht reden, Jake!" rief ich in die Küche und ging ins Wohnzimmer wo sich mein Smart-TV einschaltete und ich Jake im Großformat bewundern durfte. Wie immer trug er seinen Hoodie und hatte die Kapuze mitten ins Gesicht gezogen. "Lass es mich bitte erklären" bat er mit sanfter Stimme und einem Schuss Verzweiflung. Ich blickte auf den Bildschirm. "Du hast 5 Minuten" gab ich ihm zu verstehen und er atmete deutlich hörbar durch. Ich setzte mich auf mein Sofa und sah ihn an. Hatte er auch nur den Hauch einer Ahnung wie sehr ich ihn vermisst hatte? Ich hatte beinahe geglaubt er wäre tot.

"Ich danke dir" sagte er nun ruhig und fuhr fort. "Nachdem ich die Miene verlassen konnte, musste ich meine Spuren verwischen und untertauchen. Ich hatte das FBI unterschätzt. Sie waren viel näher an mir dran als ich geglaubt hatte." Ich hörte ihm zu und sagte kein Wort. "Ich wollte dir schreiben, mich bei dir melden egal auf welche Weise auch immer, aber das hätte sie zu dir geführt und das letzte was ich wollte war es dich in Gefahr zu bringen. Also entschied ich mich schweren Herzens dafür alles abzubrechen und Funkstille zu halten. Hannah war gerettet und du warst in Sicherheit. Das war alles was ich wollte." Ich atmete tief durch bevor ich zu sprechen begann. "Ich war 6 Monate alleine, Jake. Ein halbes Jahr in welchem ich jeden Tag mehr die Hoffnung darauf verlor, dass du dich noch bei mir meldest." erklärte ich und er nickte. "Es tut mir leid, Leah." Ich verstand ihn, das tat ich wirklich und doch hatte ich mir das so nicht vorgestellt. "Du hast mir geschrieben, dass du mich liebst bevor du einen Weg aus der Miene gesucht hast" stellte ich fest und er hob leicht den Kopf. "Das habe ich und ich meinte es ernst. Ich habe sehr starke Gefühle für dich, Leah. Du forderst mich heraus, dir kann ich bedingungslos vertrauen. Dir allein. Du hast mir gezeigt was es bedeutet Gefühle für jemanden zu haben, permanent an jemanden denken zu müssen, sich mehr vorzustellen. Du bist die erste und einzigste Frau die solch ein Gefühlschaos in mir auszulösen vermag" Zugegeben das brachte mein Herz zum aussetzen. "Jake, ich....." Die Sehnsucht machte mich fertig. Er war zurück und doch reichte mir das nicht mehr aus. Sein Gefühlschaos konnte ich deutlich hören und ich sah Teile seines Gesichts. Sein Kinn, seine Lippen, einen Teil seiner Nase. Mir entwich ein Seufzer. Wie zum Teufel konnte mich ein Mann den ich nur durchs Schreiben kannte so verrückt machen? "Ich verspreche dir du musst nicht mehr lange warten. Aber im Moment bin ich noch dabei meine Risiken zu bewerten. Ich muss sicher sein, nicht an der nächsten Ecke festgenommen zu werden. Es würde mich umbringen den Kontakt zu dir für immer zu verlieren" Seine fünf Minuten waren um.

"Ich muss nachdenken. Bitte gib mir Zeit, Jake" bat ich ihn und er nickte leicht. "Alle Zeit der Welt, Leah. Ich würde ewig auf dich warten" Ich stand vom Sofa auf und sah ihn an. "Ich danke dir. Und Jake? Ich bin froh, so unendlich froh und erleichtert das es dir gut geht" Ich konnte ihn lächeln sehen. "Ich liebe dich, Leah" Der Fernseher schaltete sich ab und auch sonst war es in der Wohnung wieder so ruhig wie immer. In meinem Kopf kreisten die Gedanken umher. Jake lebte und seiner eigenen Aussage nach befand er sich in meiner Nähe.

Duskwood - Mein virtueller Freund (Jake/MC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt