Das Reh im Wald

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Den ganzen Tag über kam sie nicht zum nachdenken. Leah hatte vor lauter Arbeit gar keine Zeit dazu. Allerdings war das erste was ihr durch den Kopf ging als sie Feierabend hatte Jakes letzte Worte an sie. "Ich liebe dich" Er hatte es ausgesprochen und das versetzte ihrem Herzen einen kleinen Hüpfer. Es ließ sie lächeln. Sie packte ihre Sachen zusammen und verließ das Geschäft, doch auf dem Parkplatz wurde sie aufgehalten. "Gehst du noch mit was trinken?" fragte ein Kollege und sie überlegte kurz. Es wäre eine gute Ablenkung und so sagte sie zu. Nur wenige Minuten später saß sie mit dem besagten Kollegen und einigen anderen in einer Bar und bestellte sich ein Bier. Der Stress des Tages bröckelte von der jungen Frau ab als sie mit den anderen anstieß und einen Schluck von dem kühlen Getränk zu sich nahm.

Währenddessen hatte Jake den Tag damit verbracht nachzuforschen ob und inwieweit noch nach ihm gefahndet wurde. Da keine Leiche in der Miene gefunden wurde, existierten Aufzeichnungen aus denen hervorging, dass man ihn zwar offiziell für tot erklärt hatte, inoffiziell aber weiterhin nach ihm suchte. Er musste also weiterhin vorsichtig sein und durfte keine Fehler machen. Seine Gedanken schweifen zu Leah. Was tat sie wohl gerade? Er tippte auf der Tastatur ein paar Befehle ein und die auf dem Bildschirm neu aufpoppenden Informationen las er sich genau durch. Er erfuhr wo sie arbeitete, sah ihre letzten Gehaltsabrechnungen, die Transaktionen von ihrem Konto und wo sie bevorzugt einkaufen ging. Über Stunden erarbeitete er sich einen Überblick über ihr Leben. Nicht das er das nicht schon getan hatte bevor er sie im Fall Hannah das erste Mal kontaktiert hatte, aber damals hatte er nur an der Oberfläche gekratzt. Jake erhielt Zugang zu ihrer Smartwatch welche sie am Handgelenk trug und konnte die Daten auslesen. Sie schien Stress zu haben, der gegen Abend dann sichtbar abflaute. Ihr Herzschlag und ihr Blutdruck normalisierten sich und er konnte nicht anders als eine Verbindung zu ihrem Handy herzustellen. Ihr genauer Aufenthaltsort war ihm ebenso nicht fremd wie die ganzen Informationen welche sich auf ihrem Smartphone befanden. Jake fand heraus, dass sie die Gruppe um Jessy und die anderen seit einer Weile nicht mehr kontaktiert hatte. Der letzte Chat lag einige Wochen zurück. Sie hatte sich eine Auszeit genommen um wieder zu sich zu finden. Und als Jessy nach dem genauen Grund in einem privaten Chat gefragt hatte, offenbarte Leah ihr, dass es um ihn ging, um Jake persönlich. Er las die Zeilen und sein Herz wog augenblicklich schwerer. "Ich habe Angst ihn nie wieder zu sehen. Ich habe Angst, dass er in dieser Miene gestorben ist" flüsterte er und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. "Ich werde das wieder gut machen. All die Zeit in der du in Ungewissheit leben musstest, werde ich wieder gut machen" sagte er leise und war fest dazu entschlossen.

Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es schon spät war und so verabschiedeten sie sich alle voneinander und Leah machte sich auf den Heimweg. Dort angekommen machte sich ihr Handy bemerkbar durch ein lautes Piepsen was den Eingang einer Nachricht signalisierte. Kurz überlegte sie, nahm dann aber das Handy zur Hand und öffnete den Chat. "Willkommen zu Hause. Ich hoffe du hattest einen angenehmen Tag" Sie sah auf den Absender und das entlockte ihr ein Lächeln. "Jake" Leah stieg aus ihrem Wagen, betrat die Wohnung und legte ihre Sachen ab. Zwar hatte sie um Bedenkzeit gebeten, aber das schien Jake nicht davon abzuhalten sich dennoch zu melden. Woher er wusste, dass sie eben zu Hause angekommen war, konnte sie sich denken. Immerhin hatte er vollen Zugang zu ihrem Handy. Also schrieb sie ihm zurück. "Danke. Es war ein wenig stressig aber ab morgen habe ich Urlaub" Zwar hatte sie hierfür noch keine besonderen Pläne, aber dennoch würde sie jeden Tag in vollen Zügen genießen, das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Sie ließ sich ein Bad ein und Jake schrieb erneut zurück. ":)" Diese zwei kleinen Zeichen entlockten ihr erneut ein Lächeln.

"Urlaub" murmelte er und konnte anhand aller Daten ausmachen, dass sie keinerlei Pläne hatte. Kein gebuchter Urlaub, keine geplanten Reisen irgendwohin, keine Besuche bei Freunden oder Verwandten welche sie sich vorab vorgenommen hatte. Jake stand auf, trank aus seinem Glas einen Schluck Wasser und blickte aus dem Fenster. Einerseits war er der Meinung, dass sie sich von den täglichen Strapazen durchaus erholen sollte aber andererseits würde es alles komplizierter machen wenn sie in den nächsten Flieger stieg und für zwei Wochen irgendwo im Ausland am Strand saß. Noch dazu diese ganzen Gigolos, die sich an Frauen ran machten und ihnen die Welt versprachen. Würde einer Leah ansprechen, könnte Jake für nichts mehr garantieren, das stand zweifelsfrei fest. In ihm kochte ein Gefühl hoch welches er so nicht kannte. Wut. Wenn er an andere Männer in ihrer Nähe dachte, machte ihn das wütend. Er sah zu seinem Laptop. War das Eifersucht? All die Monate hatte er sich nach ihr gesehnt und nun war er nur ein paar Straßen von der Frau entfernt, der sein Herz gehörte. Allein der Gedanke an sie sorgte dafür, dass sein Herz schneller schlug.

Duskwood - Mein virtueller Freund (Jake/MC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt