Mein neues Leben, mein neues Ich

4.

"Hol dich morgen um 3 bei den Ergebnistafeln ab. Ich hoffe du kommst, ich freu mich~E"
Lara kneift mich und quiekt:"Du hast ein Date mit Eric!"
"Pssst nicht so laut! Das ist doch kein Date, das ist einfach nur wegen der choreo. Wie liefs eigentlich bei dir?"
"War gut. Aber lenk nicht vom Thema ab! Du willst mir ernsthaft erzählen, dass er dir eine Nachricht schreibt um sich mit dir zu treffen nur wegen einer Choreo?!" Fragt Lara, während sie ihren 'ich weiß alles' Blick aufsetzt.
"Warum nicht?"
"Mia! Diskutier einfach nicht weiter! Du weißt eh das ich Recht habe", grinst sie mich an.
"Na gut", gebe ich mich geschlagen, "ein klitzekleines Date vielleicht, aber mehr auch nicht!"
"Siehste. Mia dreh dich mal ganz unauffällig um."
Als ich mich umdrehe und sehe was Lara mir zeigen will, ist es schon zu spät, denn ich schaue direkt in die Augen von Eric. Ich verliere mich in ihnen und kann mich kaum von ihnen lösen. Er lächelt und zwinkert mir zu, bevor er im nächsten Gang verschwindet.
"Uuuuh" flüstert Lara "wenns da mal nicht gewaltig knistert!"
"Ach hör doch auf! Ich habe doch einen Freund."
"Ja, aber der ist in Deutschland und was er nicht weiß macht ihn nicht heiß."
Ich boxe sie in die Seite. "Du spinnst! Komm lass uns lieber nach Hause fahren, es gibt gleich essen. Du kennst ja meine mom wenns um Essenszeiten geht..."
"Ja, da hast du allerdings Recht. Dann komm."
Beim Essen hat meine mom Lara und mich ausgefragt wie es war und hat mir vorgeschlagen, dass ich ja auch vortanzen könne. Ich habe ihr zugestimmt und behauptet, dass man morgen auch noch vortanzen könne. So kann sie mir nichts vorwerfen wenn ich aufgenommen werden und vor dieser Familie abhaue. Nach dem Essen gehe ich hoch um mit Philipp zu skypen. Ich habe die ganze Zeit das Gefühl, ich würde ihn betrügen. Aber ich habe doch nichts getan oder?
Trotzdem bin ich nervös. Wegen Philipp oder dem Treffen morgen mit Eric?
"Hallo mein Engel." Als er mich so süß begrüßt kommt mein schlechtes Gewissen wieder hoch. Er ist der beste Freund den man sich vorstellen kann!
"Ist alles okay mit dir, Schatz?" Fragt er besorgt.
"Äh, ja klar was soll sein? Außer das ich dich schrecklich vermisse?" Ich versuche die Gedanken an Eric aus meinem Kopf zu verdrängen, was schließlich auch einigermaßen funktioniert. Endlich kann ich mal wieder in Ruhe mit meinem Freund reden, ich wünschte er würde hier neben mir sitzen... wir wollen uns gerade verabschieden als es noch aus ihm herausplatzt:
"Eigentlich sollte es eine Überraschung werden, aber du kannst ja so tun als wärst du überrascht ja?"
"Klar! Rück schon raus mit der sprache!"
"Übermorgen geht mein Flieger nach Stockholm und ich werde eine Woche bei euch bleiben ich habe das mit deiner mom abgeklärt!"
Ich bin sprachlos und weiß nicht ob ich lachen oder weinen soll.
"Freust du dich gar nicht?"
"Doch...Natürlich...Ich bin nur sprachlos!"
"Das freut mich, wenn die Überraschung gelingt. Aber wir sollten jetzt wirklich mal aufhören. Wir sehen uns am Montag. Te quiero, mi princesa!" Es ist so eine Macke von uns, dass wir uns auf spanisch sagen das wir uns lieben.
"Yo también!" (Ich dich auch)
"Was también?" Neckt er mich.
"Te amo! Das weißt du doch!"
"Ich weiß. Schlaf gut Süße und träum was schönes."
"Mach ich! Du auch."
Ich kann nicht einschlafen, weil ich mich einerseits auf morgen freue, aber mein schlechtes Gewissen an mit nagt.
Deshalb beschließe ich in das provisorische Zimmer von Lara zu gehen. Unser neues Haus ist ziemlich groß, dafür das wir in der Hauptstadt wohnen, in der es eigentlich viele Wohnungen gibt. Aber ich bin froh drum. So können Lara und auch noch Philipp hier Platz finden. Als ich reinkomme schläft Lara schon tief und fest. Ich will sie nicht wecken, deshalb überlege ich es mir anders und gehe zurück in mein Zimmer. Nach längerer Zeit in der ich im meinem Bett liege, grübel und einfach nicht einschlafen kann, beschließe ich einfach mal das haus zu verlassen. Ich lasse meine hotpant an und werfe mir ein tshirt über. Schließlich ist Sommer und es ist auch nachts nicht kalt. Ich schleiche die Treppe hinunter und ziehe leise die Tür hinter mir zu. Ich laufe erst eine Weile ohne Ziel durch die Gegend, dann fange ich an mir die Dinge hier zu merken, schließlich bin ich noch gar dazu gekommen die Gegend zu erkunden. Nach einer Weile komme ich an einen kleinen See. Da wir etwas außerhalb von Stockholm wohnen, stehen die Häuser nicht dicht an dicht und viel Natur gibt es hier auch zu sehen. Eigentlich ist es total schön hier, wenn nur das Heimweh nicht wäre... Als ich näher an den See gehe, höre ich leise Schreie. Ich gehe ihnen nach und sehe schließlich eine handvoll Jungs und Mädels in Badesachen, die sich gegenseitig ins Wasser schubsen.
Ich beobachte sie eine ganze Weile und werde ein wenig traurig, weil sie mich an meine Freunde in Deutschland erinnern und an den Spaß den wir immer zusammen hatten. Es wird nie wieder so sein. "Hey!" Ruft ein großes Mädchen mit glatten blonden Haaren mir zu. "Beobachtest du uns?" Und dann zu den andern "Leute! Das Mädchen da beobachtet uns."
Ich gehe ein Stück auf sie zu.
"Ich? Nein. Ich hab euch nicht beobachtet. Ich hab nur die Gegend erkundet. Ich bin nämlich neu hier..."
"Wenn das so ist, komm doch zu uns!" Sagt ein Junge mit dunkelbraunen Locken.
Das blonde Mädchen flüstert ihm etwas ins Ohr. Er erwidert etwas was ich leider nicht verstehen kann, aber es sieht so aus als ob das Mädchen nicht will das ich hier bin. "Ich kann auch wieder gehen."
"Nein bleib ruhig. Ich bin übrigens Luca und das sind, Ida, meine Schwester Chiara, mein bester Freund Joel und seine Schwester Hanna. Wie heißt du?" Ich versuche ihnen freundlich zuzunicken, auch der blonden Tusse Ida. "Ehm ich bin Mia" erwidere ich ein wenig eingeschüchtert. "Und ich bin seit gestern hier in Schweden. Vorher habe ich in Deutschland gewohnt." Hanna sieht mich freundlich an, sie ist so ein Mensch den man beim ersten ansehen schon ins Herz geschlossen hat. "Ich war mal in Deutschland. Ich fands sehr schön dort. Wo hast du denn gewohnt? Und warum bist du umgezogen?" Ich seufze.
"Ja es ist wunderschön dort gewesen. Ich liebe Deutschland, aber wir mussten leider umziehen, weil mein Vater hier eine neue Arbeit gefunden hat. Vorher hab ich in Düsseldorf gewohnt. Da war 2011 der ESC. Kennt ihr Düsseldorf?"
Kaum habe ich meinen Satz beendet, stürmt Ida an mir vorbei. "Ist mir zu blöd mit euch. Ich gehe!"
"Mach dir nichts draus" meint Chiara jetzt "sie hat so ihre Launen. Und Düsseldorf kenn ich, ja. Willst du nicht ein bisschen hierbleiben?"
"Nein, ich denke es ist besser wenn ich wieder nach Hause gehe, aber danke für das Angebot. Ein anderes Mal vielleicht."
Luca nickt "Alles klar. Wir sind im Sommer eigentlich jeden Tag hier. Komm einfach vorbei."
"Okay dann ciao!"
"Ciao!"
Der kleine Ausflug hat mir sehr gut getan, ich habe das Gefühl ein wenig entspannter geworden zu sein, weil ich vielleicht sogar neue Freunde gefunden habe. Mein Heimweh ist nicht mehr so stark wie vorher und endlich kann ich einigermaßen ruhig einschlafen.