Kapitel 2

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Belle

„Urgh, warum muss es denn immer so heiß sein in dieser verfluchten Stadt?!", Esme geht neben ihr in die Hocke und hält sich nur mit den Händen an der Theke fest. Heute ist es wirklich unglaublich heiß in Berlin, so wie fast jeden Tag im Juni bisher. Die Stadt heizt sich auf, und auch der Abend bringt nur leicht Abkühlung. Belle wischt sich den Schweiß von der Stirn und lehnt sich mit dem Rücken an die Theke des kleinen Cafés, in dem sie und Esme heute die Abendschicht haben. „Ich weiß es wirklich nicht", sie ist stark verleitet sich zu Esme auf den Boden zu setzen, aber sie will auch keine potenziellen Kundinnen verschrecken. Aber die Schicht heute geht langsam, es ist heiß und die meisten Berlinerinnen meiden die Straßen und tummeln sich in den Parks oder den Seen. Da wo Belle jetzt auch gerne wäre. Esme erhebt sich wieder aus ihrer kauernden Position, und dreht sich zur Kaffeemaschine um. „Ich mache uns einen Eiskaffee, anders kann man diese Schicht ja nicht überleben" Belle lehnt sich wieder an die Theke. „Danke Schwester" Esme ist mit Belle in ihrem letzten und ersten Semester im selben Seminar zu deutscher Literatur gewesen. Der langweiligste Dozent der Welt, hatte sie beide zusammengeschweißt. Belle ist froh, dass sie durch Esme den Job hier bekommen hat, und mit ihr einen Berliner Freundeskreis, der Belle bedingungslos in seine Mitte aufgenommen hat. Esme ist eine Berlinerin durch und durch: sie trägt im Sommer Birkenstocks jeden Tag, hat einen individuellen, leicht abgedrehten Style und ihre kurzen roten Haare machen sie zu einer interessanten Schönheit. Esmes beste Freundin, und jetzt auch eine enge Freundin von Belle, ist Fayembola, Faye genannt. Sie studiert Statistik und ist badass, wie man so schön sagt. Ohne die beiden Frauen wäre Belle von Berlin schon längst verschluckt worden. So hatte sie nicht nur das erste Semester überlebt, sondern auch noch Spaß gehabt.

Die Schicht der beiden bleibt langsam, bis auf ein paar Büromenschen, die sich für den Heimweg einen iced Coffee holen, bleibt es ruhig. Um 19 Uhr dreht sie den Schlüssel im Schloss des Ladens um und genießt, dass es draußen auf der Straße wenigstens eine Brise gibt, auch wenn es nicht wirklich kühler ist. Esme und Belle laufen eine Weile entspannt nebeneinanderher. „Was hast du noch heute Abend vor, Schwester?", Esme bindet sich ihr kurzes rotes Haar im Nacken zusammen, und wirft ihr einen Blick zu. Bei der Kopfbewegung rutschen gleich wieder ein paar zu kurze Stränen aus ihrem Mini-Zopf. Esme ist wirklich umwerfend schön. Belle seufzt, „keine Ahnung, ich sollte mich vermutlich an das Essay setzen, und auch mal dringend die Küche putzen.", sie schweigt einen Moment, „klingt echt traurig, jetzt wo ich es ausgesprochen habe." Esme lacht. „Ich wollte grad sagen...Aber leider sieht es bei mir nicht viel besser aus - ich muss heute noch in den Sender und noch ein bisschen an meinem Beitrag arbeiten", Esme macht ein Praktikum bei einem Radiosender und es hört sich nach viel Arbeit an. „Aber immerhin werden da andere Leute sein! Mein blödes Essay kann nur ich allein schreiben", stöhnt Belle und fährt sich mit der Hand über ihren verschwitzen Nacken. Es ist wirklich extrem heiß. Esme sieht Belles Gesicht und lacht wieder, „lass und am Wochenende an einen See fahren". „Aber i-„ „Wir können eine Worcation machen, also unsere Arbeit mitnehmen und dort ein bisschen brauner werden" Gemeinsam biegen sie Richtung U bahn ab, die Treppe hinunter. Belle denkt einen Moment nach. Ein Tag am See klingt traumhaft...und wenn sie nur eine Seite weiterschreibt, dann ist das trotzdem ein Erfolg. Das Essay ist verflucht. Sie rollt mit den Augen und tut so als hätte sie sich breitschlagen lassen. „Naaa guuuut" Esme quietscht und drückt Belle, ihr Schweiß vermischt sich auf eine etwas unangenehme Art. „Ich schreib Faye auch gleich!", dann dreht sie sich auf dem Bahngleis um „Shit, ich muss ja in die andere Richtung." Esme wirft ihr diesmal eine Kusshand zu, bevor sie die Treppe wieder hinauf sprintet um die U Bahn zu erwischen die gerade auf dem anderen Gleis gerade einfährt. Belle lacht als sie Esmes quietschen hört und verflucht dann die stickige Luft, kramt in ihrer Tasche nach ihren Ohrstöpseln, um anschließend in herrlich nostalgischer Indie Musik zu versinken. Wenn sie bei der Hitze schon arbeiten muss, dann kann sie es sich ja wenigstens so schön wie möglich machen.

Frisch geduscht, eine Portion Nudeln mit Pesto in ihrem Magen und säuselnde Indie Musik aus ihrer Box hörend, liegt Belle auf ihrem Bett. In ihrer Wohnung ist es zwar nicht wirklich kühl, aber eine kalte Dusche hat ihre Körpertemperatur erstmal etwas heruntergefahren. Sie lieg eine Weile nur da, in Unterwäsche und ruht sich aus. Sie versucht irgendwo in sich die Motivation zu finden, ihren Laptop aufzuklappen und sich in das Essay zu stürzen, aber kein Muskel in ihrem Körper will sich bewegen. Schließlich gibt sie es auf, nach einer langen internen Debatte. Heute wird das mit dem Essay sowieso nichts mehr, nach 8 Stunden Arbeit ist sie einfach zu durch. Sie setzt sich auf, und will sich gerade ein T shirt überwerfen, als ihr Handy vibriert. Fayes Name leuchtet auf dem Display. „Hi Faye was -„, Belle kann gar nicht zu ende sprechen, denn Esme schreit förmlich in das Gerät. Gott, diese Frau hat eine Energie. „BELLE! HEUTE ABEND! KOMM-„, es raschelt, man hört Faye und Esme um das Handy streiten und schließlich ist Faye am Apparat, in normaler Lautstärke. „Hi Bells. Esme ist komplett am Ausrasten entschuldige." Belle muss kichern. „Alles gut, ich dachte sowieso, dass sie heute im Sender ist." „Das ging anscheinend schneller als erwartet. Sie hat ihren Kollegen getroffen, du weißt schon, den heißen Lehrer-Typ" „Ahhh", Belle nickt. Sie setzt sich wieder an die Bettkante. „Und er hat sie eingeladen auf dieses Konzert zu gehen, du weißt schon, von der Band auf die Esme steht. Oder für hottie zumindest so tut als würde sie drauf stehen. Rate mal wer mit soll?", Esme beschwert sich im Hintergrund. „Wir beide", rät Belle, ein lächeln breitet sich bereits auf ihrem Gesicht aus. „Ganz genau. Hast du Zeit? Oder ist heute Abend dein Date wieder die Uni?", Bells sieht sich in ihrem Zimmer um und wirft einen schuldbewussten Blick auf den zugeklappten Laptop. „Nein, ich schaff heute wirklich sowieso nichts mehr" „hat sie ja gesagt?", ruft Esme aus dem Hintergrund. „Sag ihr, dass das Essay schon super ist und sie sich unnötig Stress macht!" „Super", Faye ignoriert Esme. „Es geht um 9 los, also in einer halben Stunde...dafür brauchst du vermutlich nur 5 Minuten hin. Ich schick dir die Adresse wir treffen uns vorm Eingang" „Jup, bis gleich!" Belle streckt sich nach dem Gespräch ausgiebig. Ein bisschen Musik in einer Bar hören, das klingt eigentlich nach einem super Abend. Sie wirft noch einen letzten Blick auf den Laptop und verspricht sich morgen früh, gleich in die Bib zu fahren um dort konzentriert zu arbeiten.

Zwanzig Minuten später steht Belle vor einer recht unscheinbar wirkenden Bar. The Weddingchapel heißt sie, aber es sitzen einige Gäste mit Getränken in der Hand auf den kleinen Stühlen und Sitzkissen, die auch noch zur Bar gehören. Sie hat sich in Windeseile fertig gemacht und ist sogar fünf Minuten zu früh da, denn Faye hatte Recht gehabt, sie hatte nur 5 Minuten gebraucht, denn die Bar war von ihrer Haustür nicht weit entfernt. Faye und Esme braucht vermutlich noch etwas. Belle holt ihr Handy aus der kleinen schwarzen Tasche, ein verpasster Anruf. Ihre Mom. Belle reibt sich die Stirn, und wischt die push-nachricht weg. Heute Abend nicht. Sie hat nie Lust an ihre Mom zu denken, aber heute besonders wenig. Sie dreht sich von dem Bar-Eingang weg, und kämpft gegen das bittere Gefühl, dass sich in ihrer Magengegend ausbreitet. Eine Mischung aus Schuldgefühl und Wut. „Bells!", sie zuckt ein bisschen zusammen, aber zwingt sich dann ein Lächeln auf die Lippen als sie sich umdreht. Esme und Faye kommen auf sie zu gerannt, beide haben anscheinend schon etwas vorgeglüht. Fayes lange Zöpfe, ihr kurzer schwarzer Rock und das süße Tanktop, lassen sie einfach umwerfend aussehen. „Wenns mit Statistik nichts wird, dann model einfach Faye", begrüßt Belle ihre Freundin. Esme trägt ein kurzes schwarzes Kleid, ihr rotes Haar umrahmt ihr helles Gesicht, und ihre vollen Lippen sind passend rosa geschminkt. „Genauso bei dir, Esme" Belle drückt beide, die kichernd in ihre Arme fallen. „Du aber auch Belle! Guck wie weit unser Küken gekommen ist", schwärmt Esme als sie Belles Outfit bewundert. Sie hat sich für einen faux leder Rock entschieden, fisch-net Strümpfe, und ein schlichtes weißes Tank. Nichts Besonderes eigentlich, aber Esme brüstet sich gern damit, dass sie Belle ‚belinifiziert' hätte. „Na gut, Schwestern!" Faye legt ihre Arme um Belle und Esme. „Dann gucken wir mal, ob wir nicht Esmes wing-women sein können heute Abend!"

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