Der Brief

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Wir schreiben noch ein bisschen über unseren Abiball und über unsere Kleider, die wir tragen werden. Ich hatte ein grünes Kleid mit einer schönen Spitze am Dekolleté. Außerdem hatte ich einen Beinschlitz, den ich besonders gut finde. Ich denke, dass ich mir meine Haare einfach locke und mir eventuell die vorderen Strähnen nach hinten stecke, aber das entscheide ich kurzfristig.

Mit gemischten Gefühlen schlief ich am Abend ein. Ich hatte alle Prüfungen hinter mir, also musste ich jetzt auch nicht mehr in die Schule. Ich hatte aber viel zutun mit Bewerbungen an Unis und meinen ganzen Kram vom Abitur zu sortieren. Während der ganzen Lernerei habe ich auch andere Dinge vernachlässigt wie mein Zimmer ordentlich zu halten und meine Freunde und naja einfach alles andere. Die zwei Wochen bis zum Abiball werde schnell umgehen. In einer Woche musste ich aber noch einmal im die Schule, denn wir bekamen die Noten der Prüfungen gesagt. Ich war aufgeregt welche Noten ich hatte, aber ich war mit sicher, dass ich alles bestanden hatte, deswegen mach ich mir eigentlich keine Sorgen.

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Ich hatte alle Prüfungen im einer Bereich bestanden, ich war wirklich stolz auf mich. Meine Grinsen konnte jetzt keiner mehr von meinem Gesicht bekommen. Meine Eltern freuten sich so sehr, dann wir am Abend zusammen essen gingen.
Als wir zuhause waren überlegte ich was ich jetzt wegen Frau Haas machte, beziehungsweise was ich gegen sie machte. Sie war wie ein Parasit in meinem Herzen, der einfach nicht verschwinden wollte. Die Idee mit dem Brief gefiel mir nach langen Überlegungen ziemlich gut. Naja es war meine Einzige... Ich grübelte Tagelang was ich in diesen beschissenen Brief reinschreiben sollte, ich machte mir Notizen und beschloss ihn einen Tag vorm Abiball aus zu formulieren.

Liebe Frau Haas oder Rebecca?,
ich weiß nicht wie ich anfangen soll, oder was ich überhaupt schreiben soll. Ich bekomme sie einfach nicht mehr aus dem Kopf. Ich träume jede Nacht von ihnen und meine Gedanken kreisen durchgängig um sie.
Ich finde es wirklich schade, das ich nicht in ihrem Deutschkurs bleiben konnte, aber ich konnte das einfach nicht aushalten. Sie haben mich ignoriert und ich habe mich auch einfach nicht getraut mich zu melde oder was zu sagen, weil mich allein ihre Anwesenheit verrückt macht. Ich habe angst mich vor ihnen zu blamieren oder irgendwas zu machen, was mich dumm oder abstoßend hätte aussehen lassen. Und das nach allem was passiert ist...? Ich weiß gar nicht wieso ich das grade schreibe. Außerdem habe ich dich gesiezt, obwohl wir miteinander geschlafen haben. Du schüchterst mich ein. Ich habe zwar gesagt, dass ich deine Entscheidung akzeptiere und dass es natürlich auch richtig so ist, aber mein Herz kann das so einfach nicht. Ich kann dich nicht vergessen. Ich stell mir ständig vor, dass du bei mir wärst, wie du reagieren würdest oder was du über manche Sachen denkst. Die Schulzeit war nur angenehm, weil ich dir ständig aus dem weg gegangen bin, aber das will ich eigentlich nicht. Naja keine Ahnung, das hier war eine Idee von Marie, wie ich endlich über dich hinweg kommen könnte und einen Schlussstrich unter die Sache ziehen kann. Ich hoffe, dass das klappt.
Ich möchte eigentlich nicht, dass du auf diesen Brief antwortest, es ist eher für mich und mein Gewissen. Ich weiß gar nicht, ob ich dir den Brief wirklich geben soll oder ihn einfach verbrennen soll oder sowas. Und mach dir keine Gedanken um mich, mach weiter wie vorher, ich komm klar, versprochen.
Naja, weiß nicht, ob ich das jetzt schreiben soll, aber ich hab dich wirklich lieb, wenn nicht sogar mehr.

Liebe Grüße
Julia

Ich war relativ zufrieden mit dem Brief. Ob ich hin ihr morgen gebe muss ich mir noch überlegen, aber wenn dann werde ich ihn ihr heimlich zustecken oder so, ihn einfach so offen zu übergeben ist ausgeschlossen. Dafür habe ich im Moment nicht so viel Mut. Ich hoffe auch eigentlich auch, dass sie ihn dann erst zuhause findet und mir nicht dem Abiball versaut.

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Endlich war es soweit, der Tag ist gekommen, wir bekamen endlich unsere Zeugnisse und heute Abend war der Ball. Ich zog mich schick an und fuhr mit meinen Eltern zur Zeugnisvergabe. Dort traf ich auch meine Freunde, wir machten viele Bilder zusammen und verabredeten uns, um uns zusammen fertig zu machen.
Alle kamen pünktlich um 15 Uhr zu mir und wir begannen uns zu schminken und uns gegenseitig die Haare zu machen. Um 17 Uhr waren wir fertig und fuhren mit unseren Eltern zum Abiball. Den Brief packte ich sicherheitshalber mal ein. Entschieden ob ich ihn ihr gebe oder nicht, das überlege ich mir dann. Wir hatten das Glück, dass unsere ganze Freundesgruppe an einem Tisch sitzen konnte. Wir bestellten sofort einen Sekt, um unser Abitur zu feiern.

„Guck mal da kommt sie und sorry aber sie sieht wirklich heiß aus", flüsterte Marie in mein Ohr.
Ich schaute zum Eingang und tatsächlich da war sie, sie sah wunderschön aus. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass ein Mensch so wundervoll sein kann. Sie raubte mir einfach den Atem. Ich konnte ihre Augen bis hier hin funkeln sehen. Ich glaube sie zieht die Aufmerksamkeit von jedem hier im Raum auf sich.
Ich konnte erkennen, wie sie ihren Blick kurz durch den großen Saal schweifen ließ und kurz bei mir hängen blieb. Der Blick hielt nicht lange an, denn ihre Kollegin, beziehungsweise beste Freundin Frau Wagner kam auf sie zu, um sie zu begrüßen. Die beiden schauten nochmal kurz zu mir rüber, ich schätze mal, dass sie über mich geredet haben, ich könnte mir nichts anderes vorstellen. Naja ist mir jetzt auch egal, ich mochte Frau Wagner, sie behandelte mich normal, auch wenn sie von allem wusste. Und sie war sehr offen und herzlich zu allen Schülern.

Der Abend lief noch der eine oder andere Tropfen Alkohol, aber ich trank nicht ganz so viel, schließlich waren meine Eltern noch da und ich wollte nicht hacke dicht vor der Haas stehen. Es machte spaß so einen unbeschwerten Abend mit meinen Freunden zu verbringen. All der Stress war weg und wir konnten einfach entspannen.
Das Programm verging ziemlich schnell und die Eltern machten sich auf den Weg zu gehen. Ich hatte kurz angst, dass auch die Lehrer gehen, aber als ich zum Lehrertisch schaute, konnte ich noch die meisten Lehrer sehen. Ich war froh, dass sie nocht da waren, denn ich glaube ich habe mich dazu entschieden ihr den Brief zu geben. Danach werde ich es sicherlich bereuen und ich muss mir noch ein bisschen Mut antrinken, aber egal, schlimmer kann's ja eh nicht mehr werden.
Langsam wurde auch endlich die Musik lauter gedreht und alle waren locker. Der formelle Teil war geschafft und jetzt wurde nur noch gefeiert.

„Na los Mädels wir gehen tanzen", quietschte Lea, sie hatte schon ganz schön was intus.
Wir standen auf und gingen auf dem Weg zur Tanzfläche noch an der Theke vorbei, um uns was zu trinken zu holen. Die Theke war in der anderen Ecke des Saales, etwas abseits, damit nicht so eine Durcheinander entsteht und die Kellner in ruhe arbeiten konnten. Ich bestellte mit einen Apfelkorn-Eistee und die anderen einen Sekt. Die Tanzfläche war direkt vor der Bühne, es konnten einen also alle sehen. Ich schaute mich nicht nach Frau Haas um, aber hoffe irgendwie, dass sie mich beim Tanzen sieht.
Wir tanzten sehr lange und brauchen eine Pause. Wir nahmen unsere Jacken und gingen vor die Tür. Ich schwitze aus jeder Pore meines Körpers. Als wir vor der Tür ankamen, sah ich, dass Frau Haas und Frau Wagner auch draußen standen und sich abkühlten. Ich schaute kurz zu Marie rüber, sie wusste, dass ich mich entschieden hatte ihr den Brief zu geben.

„Wir gehen nochmal kurz rein, ich hab was vergessen", sagte Marie zu Jana, Lea und Sara.
Ich schaute sie dankbar an und wir gingen zusammen rein. Ich holte den Brief aus meiner Tasche und ging zurück zu Marie.

Nur in meinen TräumenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt