11 Scouting

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Erleichterung macht sich auf den Gesichtern seiner Gegenüber breit und entlockt Oliver ein unsicheres Grinsen. Die Entscheidung ist gefallen, nun geht es darum, die Regeln und Grenzen zu finden, die Wünsche und Hoffnungen abzugleichen und Oliver in die Gleichung des Paares einzubringen. Dazu hat er einige Fragen, die er ihnen stellen will. Beide erklären sich sofort bereit, jede einzelne davon offen und ehrlich zu beantworten und nichts zurückzuhalten, zu beschönigen oder hinzuzudichten.
„Also führt ihr ab sofort eine offene Beziehung?"
Dies ist die wichtigste und daher erste Frage, denn ohne eine Öffnung wäre jede Zusammenkunft mit ihm nur eine Ausnahme der Regel und im schlimmsten Fall Betrug am Partner. Mit beidem könnte er nicht leben. Daher ist es ein Schock für ihn, als beide den Kopf schütteln. Ist es etwa zu Ende, bevor es überhaupt begonnen hat? Tristan bemerkt, wie Oliver die Schotten dicht macht und beeilt sich daher zu erklären, was ihnen vorschwebt.
„Ich bin sehr besitzergreifend, Oliver. Was mein ist, ist mein und niemand anderes darf da seine Hand anlegen."
Toby zischt ihm ein „nicht hilfreich" zu und greift über den Tisch nach Olivers Hand, der sie zurückgezogen hätte, wäre es Tristan gewesen, der nach ihm greift. Doch Toby kann er den Wunsch nach einem körperlichen Kontakt mit ihm nicht verwehren. Herausfordernd sitzt er da und wartet auf eine entsprechende Beschwerde ihres Freundes, doch der schüttelt nur erneut den Kopf. Ob über Oliver, Toby oder sich selbst kann er nicht erkennen.

„Mit dir ist es etwas anderes Oliver. Ich will dich ebenfalls besitzen. Wir wollen unsere Beziehung nicht öffnen, nur um dich erweitern. Wir drei können teilen. Das ist es, was ich kann und will."
„Ich auch", eilt sich Toby zuzustimmen und drückt Olivers Hand mit einem flehenden Blick. Der jedoch versucht noch immer, Tristan zu ergründen, welcher unnachgiebig zurückstarrt. Das ist alles, was er bieten kann und will und Oliver kann es nehmen oder lassen, wird ihm klar und ein breites Lächeln legt sich auf sein Gesicht, denn das ist viel besser als er erwartet hatte. Um genau zu sein, ist es das, was auch er will. Keine Ausnahme, sondern ein Teil von ihnen. Kein Abstecher, sondern ein festes Stück ihrer Gemeinschaft. Kein zwei plus eins, sondern drei. Doch wie ernst ist es den beiden wirklich, mit diesem Angebot?

„Damit kann ich leben", erklärt er. Sehr gut sogar, weiß er. Doch noch sind sie nicht an dem Punkt, von dem aus sie starten können. Seine nächste Frage ergibt sich ganz automatisch aus der Antwort der ersten.
„Doch was ist das hier für euch? Nur ein Experiment, das ihr abbrecht, sollte es schiefgehen oder nicht zu dem Ergebnis führen, das ihr euch wünscht?"
Dass die Beziehung der beiden auf so einem guten Fundament steht, ist Oliver wichtig. Doch ihm ist auch klar, was das für ihn bedeutet. Sollte es nicht funktionieren, ist er es, der am Ende wieder alleine ist. Er ist bereit, dieses Risiko einzugehen, denn wenn er es nicht tut, ist er auch allein, und zwar sofort. Ganz abgesehen davon glaubt er nicht daran, dass es besser ist, sich jetzt weh zu tun, damit es später nicht noch schlimmer kommt. Im Gegenteil. Wenn er es jetzt nicht versucht, wird er sich sein Leben lang fragen, ob er sich falsch entschieden hat und was ihm dadurch vielleicht alles entgangen ist. Und selbst wenn es später endet, so könnte es die Zeit davor trotzdem wert sein.
Er ist bereit sich voll einzubringen, aber er muss sicher sein, dass er damit nicht alleine ist. Wenn die beiden bei der ersten Schwierigkeit einen Rückzieher machen - und die wird es geben, die gibt es immer, selbst bei einer einfachen Partnerschaft - dann hat das keinen Sinn.

„Nein, kein Experiment, sondern ein ernsthafter Versuch. Wir werden nicht halbherzig in diese neue Beziehung mit dir gehen."
Tristans Stimme lässt keinen Zweifel daran, wie ernst ihm seine Worte sind. Doch es ist Toby, der Oliver mehr und mehr darin bestätigt, dass alles eine wirkliche Chance hat, zu wachsen und zu etwas Beständigem zu reifen.
„Ich kann mit zu viel hin und her nicht umgehen, Oliver. Ich brauche Stabilität. Was glaubst du, warum wir so lange mit unserem Überfall gewartet haben? Tristan und ich mussten uns darüber klar werden, was wir wollen und ich musste sicher sein, dass er dasselbe will, wie ich."
Oliver nickt zustimmend, er hat die Zeit zum Nachdenken und zum Vermissen auch gebraucht, wenn er ehrlich ist.

„Unsere Beziehung ist stabil, Oliver. Aber wir vermissen beide etwas, das ist uns klar geworden, als du ins Bild kamst. Wenn du das fehlende Puzzleteil bist, dann wird es unsere Beziehung nicht gefährden, sondern verbessern." Tristans Worte rühren etwas in Oliver.
„Ich bin also kein Bug, sondern ein Feature im System?", fragt er augenzwinkernd und entlockt den beiden damit ein erstes Lachen. Noch ist die Anspannung greifbar, aber je mehr klar wird, dass sie alle am selben Strang ziehen, um so besser wird die Stimmung zwischen ihnen.

„Deine Freundschaft gibt mir schon jetzt so viel."
Toby kann sich nicht mehr auf seinem Platz gegenüber Oliver halten und wechselt deshalb auf den Stuhl neben ihm.
„Ich bin ruhiger, ausgeglichener, glücklicher, gelassener. Und das wirkt sich schon jetzt positiv auf meine Beziehung mit Tristan aus."
Er kuschelt sich eng an Oliver, der sich nicht länger verschließen kann und ihn in eine seitliche Umarmung zieht. Nach einem zufriedenen Seufzer spricht er weiter, sein Tonfall nun deutlich entschiedener.
„Selbst wenn es mit uns dreien nicht klappt, werde ich diese Freundschaft genauso wenig aufgeben wie meine Beziehung zu Tristan. Ich habe mich noch nie so wohl gefühlt in meiner Haut und ich werde daran so sehr festhalten, wie ich nur kann."

„Was ist mit Eifersucht?", will Oliver von Tristan wissen, dessen Blicke auf dem kuschelnden Paar vor sich ruhen und beobachten, wie Oliver seinem Lebensgefährten einen Kuss auf die Stirn haucht. Gelassen zuckt er mit den Schultern.
„Ich hoffe du kommst damit klar, wenn ich dazwischen gehe, weil andere dir zu nahe kommen und ich die Notwendigkeit sehe, mein Revier zu markieren."
„Oh, das ist so heiß, wenn er das tut", schwärmt Toby und Oliver lehnt sich zurück und beginnt laut und herzhaft zu lachen. In der Ecke des Bistros, in dem sie sitzen, waren sie ziemlich allein, doch damit zieht er die Aufmerksamkeit aller Gäste auf sich, die jedoch nur kopfschüttelnd schmunzeln und den Dreien zuzwinkern. Das Personal sieht sogar regelrecht erleichtert aus, Oliver wieder fröhlich und offen zu sehen. Er streckt jetzt seine Hand über den Tisch aus und wartet, bis Tristan sie ergreift. Dann drückt er sie. Es wird Zeit, den Deal abzuschließen und den Start in ein neues Leben mit einer kleinen Feier zu beginnen.
„Okay, ich bin bereit, mich auf Euch beide einzulassen. Aber vorher habe ich noch eine Bedingung."

Missing Piece ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt