Das Date mit Toby verlief so gut, dass Oliver den restlichen Freitag weiter auf Wolke sieben schwebt. Die Vorstellung, so einen Wellness-Tag regelmäßig mit ihm zu veranstalten gefällt ihm ausgesprochen gut, auch wenn es sicher nicht immer mit exklusiven Buchungen verbunden sein wird, die ja auch ihren Preis haben.
Oliver hatte neben der Tatsache, dass Toby auch in der Woche zur freien Verfügung steht, noch weitere Gründe mit ihm zu beginnen. Er hätte ja auch mit einem Wochenende anfangen können. Ihm war jedoch klar, dass Toby die Spannung kaum aushalten würde und außerdem wollte er sicherstellen, dass sich Toby aus freien Stücken auf das Date einlässt und nicht, weil er das Gefühl hat, nachziehen zu müssen.
Wichtiger ist jedoch der Punkt, dass Tristan auf der einen Seite erklärt, sehr besitzergreifend zu sein, auf der anderen Seite aber angeblich keine Eifersucht verspürt, wenn es um Toby und ihn geht. Es ist schön und gut, dass sich zwischen ihm und Tristan ein Vertrauensverhältnis aufgebaut hat. Doch bislang konnte sich der Dom immer sicher sein, dass nicht mehr passiert, als ein paar Umarmungen und Küsse auf die Wange. Deshalb rechnet Oliver damit, dessen Eifersucht morgen zu sehen, auch wenn er sich insgeheim etwas anderes erhofft.Oliver ist klar geworden, dass er bei Toby eine Lücke füllt, die der Dom bei ihm hinterlässt. Selbst in stinknormalen Beziehungen kann das bereits zu Konkurrenzdenken führen, das alles zerstören kann. Wie Tristan wirklich damit umgeht, dass er hier fehlbar ist, kann er einfach nicht einschätzen. Wobei er selbst darin keinen Fehler sieht. Oliver empfindet sich selbst auch nicht als fehlerhaft, nur weil er kein Sub für Tristan und kein Dom für Toby sein kann. Nun, wie verärgert sein zukünftiger Freund auch reagieren wird, vielleicht führt es zumindest zu dem hemmungslosen Fick, von dem Tristan gesprochen hat. Das, so muss sich Oliver eingestehen, würde er wirklich gerne erleben. Wenigstens ein Mal.
Wie erwartet wirkt Tristan etwas angespannt, als er im Café erscheint. Heute steht keine Kerze auf dem Tisch, stattdessen ein Ständer mit zwei speziellen Karten für Speisen und Getränke, auf denen alle Angebote aufgelistet sind. Der gebuchte Service Brunch ist eine weitere Alternative zum Buffet mit Selbstbedienung. Hierbei markiert man Speisen und Reihenfolge auf diesen Karten und lässt sich dann alles von einem Kellner servieren. Auch heute hat Oliver drei Gänge gebucht und als Überraschung erklärt er seinem Date, dass er selbst keine eigene Karte ausfüllen muss, weil er sich Tristans Bestellung anschließen wird. Dem Gastgeber entgeht dabei nicht, dass Tristan ganz besondere Sorgfalt darauf legt, bei seiner Auswahl den Geschmack von beiden zu treffen. Auf diese Weise lernen sie gleich viel mehr voneinander. Ihm damit eine besondere Freude zu bereiten, macht Oliver mehr Spaß als er zugeben will. So schwer ist es wirklich nicht, Tristan glücklich zu machen.
Die Autofahrt für die Nachmittagsaktion sorgt wieder für mehr Anspannung, denn bis auf die letzten paar Meter ist es fast derselbe Weg wie zum Spa. Die Erleichterung, als Oliver an einer Kreuzung rechts statt links abbiegt ist deutlich zu hören. Ihr Ziel ist der See, an dem das Wellnessbad liegt, und an dem noch bis Ende Oktober einige sportliche Aktivitäten angeboten werden. Oliver muss sich ein Grinsen verkneifen, was natürlich von dem aufmerksamen Dom nicht unbemerkt bleibt.
„Ja, ja, lach du nur. Aber über vier Stunden Wellness hätte ich nicht überlebt."Oliver fragt sich langsam, ob statt Eifersucht nicht eher die Sorge an Tristan nagt, dass er irgendwas von dem durchstehen muss, von dem sein Freund ihm vermutlich vorgeschwärmt hat.
„Hat Toby von unserem Date erzählt?", fragt er deshalb neugierig, während er den Wagen parkt.
„Er hat dein Loblied in den höchsten Tönen gesungen und wurde nicht müde mir zu sagen, dass ich es heute auf keinen Fall vermasseln dürfte", knurrt Tristan, zwinkert Oliver dann aber zu.
Okay, das mag zwar einige Befürchtungen in Tristan geweckt haben, aber nicht mehr. Also, was ist es dann, was den Mann an seiner Seite so beschäftigt?Da er im Moment nicht mehr darüber herausfinden kann, holt er eine knallrote Sporttasche neben seiner schwarzen aus dem Kofferraum und reicht sie Tristan.
„Vertraust du mir?", stellt er ihm dieselbe Frage wie Toby und erhält dafür einen neugierigen langen Blick und dann ein langsames Kopfnicken. Diesmal ist es Oliver, der sich bei Tristan einhakt und ihn mit sich zieht. An einem aufgeschütteten Strand am Rande des Sees steht eine Holzhütte mit Umkleideräumen und als die beiden den Bereich für Herren betreten und Tristan endlich einen Blick in die Tasche werfen kann, ist er überrascht. Ein schwarz-roter Neoprenanzug mit passenden Schuhen und Handschuhen sowie Handtücher. Seine Überraschung schwingt in pure Freude um, als ihm klar wird, womit sie den Nachmittag verbringen werden. Abwechselnd jagen sie auf einem Wasserscooter über den See und ziehen den anderen auf Wasserskiern hinter sich her. Irgendwie auch eine vertrauensbildende Maßnahme aber vor allem verdammt viel Spaß.Als beide aus der Dusche kommen und wieder in ihre Kleidung schlüpfen - sportlich leger, wie Oliver erbeten hat, tragen sie beide dunkle Jeans, helle Shirts, Lederjacken und Boots - ist Tristan schon deutlich offener und nun wirklich neugierig darauf, wie der Abend weiter geht. Diese positive Einstellung erfreut Oliver und er belohnt sie mit einem Bar-Hopping-Abend im Partyviertel der Stadt. Sie trinken überall nur ein oder zwei Bier, bestellen sich hier Tapas, da Burger und dort Fritten und teilen sich das Bezahlen von Bar zu Bar, was Tristan besonders gefällt. In der letzten Bar gönnen sie sich beide einen Whiskey zum Abschluss und prosten sich zu.
„Wenn du für die Nacht jetzt nicht noch irgendwas in der Richtung geplant hast, dann bin ich dir echt dankbar dafür, dass mir all der Romantik-Quatsch erspart geblieben ist."
Oliver lacht und nippt an seinem Glas.
„Also hast du nichts dagegen, dass ich diesen Romantik-Quatsch mit Toby in vollen Zügen genieße?"
Er setzt die Phrase von Tristan, als er sie wiederholt, mit seinen Fingern in imaginäre Gänsefüßchen und beobachtet dessen Reaktion genau. Noch immer wartet er jederzeit auf einen Ausbruch von Eifersucht, denn obwohl die Anspannung in Tristan über den Tag nachgelassen hat und teilweise bei ihren Aktivitäten in den Hintergrund getreten ist, so ist sie nie ganz verschwunden.
„Auf keinen Fall, im Gegenteil. Wenn Toby danach immer so gut drauf ist, dann bezahle ich euch eure romantischen Wellness-Trips sogar."Oliver horcht auf. Hat er da gerade den wunden Punkt getroffen? Nach einem weiteren Drink beschließen sie endlich, den Tag enden zu lassen und sich auf den Heimweg zu machen. Im Treppenhaus, während sie auf den Aufzug warten, lehnt sich Oliver zu seinem Date hinüber und flüstert ihm ins Ohr: „Was deine Frage zur nächtlichen Planung angeht? Nun, eigentlich hatte ich gehofft, dass du jetzt die Führung übernimmst."
Der Aufzug kündigt sich mit einem Ding an, die Türen öffnen und schließen sich hinter den beiden wieder und Oliver schafft es gerade noch, den Knopf seiner Etage zu drücken, bevor er selbst gedrückt wird, gegen die Wand. Tristan überfällt ihn mit dem brutalsten und heißesten, wildesten, besitzergreifendsten Kuss, den Oliver je erlebt hat und der ihn atemlos zurücklässt, als dieser nach einem neuen Ding von ihm ablässt.Mit zitternden Händen öffnet er seine Wohnungstür und kaum in der Wohnung, ist Tristan wieder bei ihm, tritt die Tür mit Kraft zu und beginnt, an der Kleidung zu zerren.
„Eines sage ich dir gleich, das war das erste und letzte Mal, dass du die Regeln gemacht hast!", knurrt er und Oliver lacht erleichtert auf.
Das war es also. Nicht die Eifersucht, nicht die Angst vor seinen romantischen Plänen, sondern die Tatsache, dass er für einen Tag die Führung abgeben musste. Und ist die Tatsache, dass er das durchgehalten hat, nicht der größte Beweis dafür, dass es ihm mit dieser Beziehung ernst ist und Eifersucht keine Rolle spielt? Unbesorgt übergibt Oliver seinem Geliebten die Führung, bereit sich ihm hinzugeben und zu nehmen, was immer dieser austeilt. Und das ist mehr, als er sich erhofft und doch genau das, was er sich gewünscht hat. Die Nachbarn bekommen einiges zu hören, als Tristan das Bett mit seinen ungezügelten Stößen zum Schwingen und Quietschen bringt und Oliver die obszönsten Laute entlockt, bis dieser endlich mit einem leisen Aufschrei kommt und dann vollkommen erschöpft zusammenbricht. Sitzen wird wohl ein paar Tage schwierig sein.
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Missing Piece ✅
RomanceOliver ist ein guter Beobachter doch eines Morgens läuft ihm dieses eine Pärchen über den Weg, das er nicht einordnen kann. Irgendetwas stimmt nicht. Etwas fehlt. Aber was? Mit dem drängenden Gefühl, dass die beiden seine Hilfe brauchen könnten, bes...