13 Romance

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Achtundvierzig Stunden später schickt Oliver beiden Männern jeweils eine Nachricht mit Datum, Uhrzeit und Treffpunkt. Beide Dates beginnen um elf Uhr morgens im Café mit einem Brunch, danach verspricht er jedem von ihnen eine gemeinsame Aktivität am Nachmittag, ein Essen in einer passenden Lokalität am Abend und ein gemeinsames Frühstück am Tag darauf. Da Toby nicht arbeitet, ist sein Date für Donnerstag geplant und am Liebsten würde er Tristan gleich im Anschluss sehen, wenn Eifersucht und Neugierde noch frisch sind. Doch es geht hier nicht nur um ihn. Daher überlässt er dem Paar den Freitag, damit es sich sammeln und erden kann. Vielleicht auch nicht schlecht, wenn sie sich vorher in Ruhe austauschen können, denn auch das könnte Auswirkungen auf Tristan haben. Das zweite Date ist somit für den Samstag geplant. Die Antworten der beiden lassen nicht lange auf sich warten.
»Ich freu mich megamäßig!« jubelt Toby und hat den Text in viele fröhliche Smileys gehüllt.
Tristans Antwort fällt deutlich zurückhaltender aus. »Ich bin gespannt.«

Oliver ist damit zufrieden. Jetzt gibt es einiges zu tun. Termine zu buchen, Essen fürs Frühstück zu besorgen, die Wohnung zu dekorieren und das Bett neu zu beziehen sind nur einige dieser Aufgaben und Oliver kann sich kaum zurückhalten. Erst überlegt er, sich für die Nächte ein Hotelzimmer zu buchen und um ehrlich zu sein, wären Zimmerservice und eine große Badewanne durchaus ein Luxus, der ihm das Leben erleichtern und den Genuss erhöhen würde. Doch am Ende will er nicht nur die beiden testen, sondern auch ein Stück von sich selbst preisgeben. Daher entscheidet er sich für mehr Arbeit und Persönlichkeit.

Eine Sache, die er für seine Dates wissen muss, sind ihre Kleider- und Schuhgrößen und diese Anfrage macht seine Datepartner besonders neugierig. Es kostet ihn einige Überredungskünste, bis Toby akzeptiert, dass es eine Überraschung wird und Tristan beruhigt darauf vertraut, dass Oliver alles im Griff hat. Nie war der Unterschied zwischen dem quirligen Toby und dem so selbstbewussten Tristan deutlicher und doch sind beide von demselben Grund angetrieben - Neugierde. Doch Oliver bleibt hart und verrät nichts. Jetzt kann er nur noch hoffen, dass - vor allem am Samstag - das Wetter mitspielt. Immerhin sind die Voraussagen für die nächsten Tage gut und für den Notfall hat er einen Ausweichplan.

Natürlich hat Oliver über den Sommer viel über die beiden gelernt und so kennt er ihre Lieblingsfarben, ihre Hobbys, ihre sportliche Fitness und ihre Fähigkeiten. Insbesondere für das Date mit Tristan war das hilfreich, doch jetzt liegt seine Konzentration erst einmal auf Toby.

Im Café hat er ein Romantic Brunch bestellt und obwohl die Neugier der Kellnerinnen groß ist, hat man sich nicht nur alle Mühe gegeben, den Tisch einzudecken und mit roten Holzherzchen, einer ebenso roten, herzförmigen Kerze und einigen Strass-Steinchen zu schmücken. Neben den von Toby und Oliver bevorzugten, morgendlichen Heißgetränken gibt es frisch gepressten Orangensaft zu trinken und später sogar Sekt. Statt einem Buffet hat sich Oliver für ein Drei-Gänge-Menü entschieden, dass von einem klassischen Frühstück mit Joghurt, Cerealien und Obst über Rührei mit Toast in ein leichtes Mittagessen aus Salat, gedünstetem Gemüse und gebratenem Geflügel übergeht.

Tobys Augen strahlen bei der Begrüßung und die Gespräche am Tisch sind locker und voller Überlegungen, was man in Zukunft alles gemeinsam unternehmen kann. Natürlich versucht Toby dabei immer wieder, aus Oliver die Pläne für den Nachmittag herauszukitzeln, doch der lacht nur und bleibt standhaft. Drei Stunden später lehnt sich der kleinere Mann mit einem theatralischen Seufzer in seinem Stuhl zurück.
„Ich bin sooooo satt, ich mag keiiiiiin Blatt!", meckert er belustigt, während Oliver die Rechnung begleicht und die Kellnerin ihm amüsiert zuhört. Als sie wieder unter sich sind, ergänzt er ernst: „Ehrlich, Oliver, wenn du erwartest, dass ich in den nächsten Stunden irgendetwas Anstrengendes unternehme, hast du dich geschnitten. Am Liebsten möchte ich mich eine Weile lang gar nicht mehr bewegen."
Oliver unterdrückt ein Schmunzeln, was Toby dazu bringt, vorwurfsvoll auf seine Lippen zu deuten.
„Dieses Kräuseln kenne ich. Was heckst du aus?"
Das bringt den sanften Riesen zum Lachen, bevor er sich zusammenreißt und sein Date nachdenklich ansieht.
„Schaffst du es wenigstens bis zum Auto oder muss ich dich tragen?"
Tobys Augen beginnen frech zu funkeln.
„Och, getragen zu werden hört sich gut an. Was? Haaalt, nein, so war das nicht gemeint. Schon gut, schon gut, ich laufe!"
Damit, dass Oliver sein Angebot ernst gemeint haben könnte, hatte er wohl nicht gerechnet.

Missing Piece ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt