Kapitel 22

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Im Auto überdenke ich nochmal alles. Ich lüge wahrscheinlich das erste Mal, wenn ich seinen Bruder sehe. Perfektes erstes Treffen. Aber es muss einen Grund gegeben haben warum er mich nicht mit zu ihm nehmen wollte als er seine Sachen zusammengesucht hat.

Ich glaub ich würde lieber mit seinem Bruder sprechen als mit seiner Mutter. Aber es ist Freitag und manche Arbeiten heute natürlich. Scheiße. Was mach ich jetzt wenn ich ihn nicht antreffe?

Okay ich kann vielleicht erst einmal zu ihm fahren und nicht ewig auf dem Parkplatz von den Oktays stehen. Also dann geht's los.

Zum ersten Mal fahre ich die Strecke zu Isaac ohne Isaac. Aber ich bin ja auf dem Weg ihn zu finden. Ich hör mich an wie eine 10-Jährige die ihre Katze sucht. Aber ist die Katze Suizidgefährdet? Nein.

Ich Parke wieder an einem Seitenstreifen und überquere die Straße und laufe auf den Block zu, den gleichen Weg wie Isaac immer gelaufen ist. An der Tür angekommen suche ich erst einmal nach dem Namen 'Roth' und da ist er auch. Auf der kleinen Plakette steht aber nur Roth. Isaac hat mir aber gesagt, dass er mit seinem Bruder zusammenwohnt.

Meine Hand zittert leicht als ich sie nach oben bewege um zu klingeln. Reis dich zusammen Alexa, du kannst mit fremden Menschen telefonieren also kannst du das auch. Also drücke ich den kleinen Knopf.

Mit einer verzerrten Stimme spricht eine jüngere männliche Stimme zu mir. "Hallo, wer ist da?" "Hallo, ich würde gerne mit Ihnen sprechen." "Kommen Sie hoch in den 3. Stock, Tür 3a." Und dann ging der Türöffner an.

Ich fühl mich auf einmal in meiner eigenen Haut richtig unwohl. Ich steh seit 10 Sekunden vor der Tür aber klingle nicht, da ich meine Atmung unter Kontrolle bringen will.

Ich klingle und danach wird direkt die Tür geöffnet von einem Mann, welcher etwas kleiner als Isaac ist. Aber die Haare sind gleich. Ich finde die Haare echt schön, das muss ich zugeben.

"Hey. Ich bin auf der suche nach Isaac Roth" er sieht mich an und in seinem Blick wiegt sich Überraschung und Interesse ab. "Was wollen Sie von meinem Bruder?" Ha. Also lag ich doch richtig.

"Wollen nicht direkt. Ich suche Ihn." Er sah mich noch unverständlicher an. "Ich bin seine Therapeutin Ms. Colemeyer und er hat sich seit Gestern nicht mehr gemeldet und einen Termin verpasst." Sein Gesichtsausdruck wird somit direkt freundlicher. "Wollen Sie reinkommen? Die Nachbarn müssen nicht alles mitbekommen."

Kurz darauf sitzen wir in einem kleinen aber gemütlichen Wohnzimmer auf dem Sofa und ich erkläre die Situation erneut. "Können Sie mir sagen wo er sich befindet?" "Sie können mich gerne Duzen, ich heiße Dylan." Danach fährt er direkt fort. "Er war heute gegen 13 Uhr bei mir, vielleicht für eineinhalb Stunden aber danach hat er gesagt er hat noch was zu tun." Okay toll. Ich hab echt gehofft er wäre noch hier. "Weißt du vielleicht wo er hin sein könnte?" Dylan schüttelt den Kopf. "Er hat mir nur erzählt, dass er ein paar Dinge zusammenpacken muss da er doch für eine längere Zeit weg ist."

Diesmal hab ich den verwunderten Blick in meinem Gesicht. Ich deute ihm an, mir die Sache etwas ausführlicher zu erklären. "Er schlafe bei einer Alexa, wenn Sie mich fragen denke ich fast, dass das seine Freundin ist. Wer lässt sonst jemand so lange bei sich schlafen?" Er lacht kurz auf. Ich beiße mir auf meine Zunge und meinen ernsten Blick stuft er richtig ein.

"Sind Sie Alexa?" "Dann bleiben wir am besten gleich beim du oder?" biete ich ihm mit einem lächeln an. "Das war also eine Lüge mit der Therapie oder?" "Nein."

"Bricht das nicht so einen Codex oder wie man das nennt?" "Gegen so etwas gibt es kein Gesetz aber gemacht werden sollte es trotzdem nicht."

"Wie alt bist du?" Er sieht noch jünger aus als ich, deswegen überraschte mich seine Antwort von 21 kaum.

Ich schaue gerade auf meine Uhr welche schon wieder sagt das es kurz nach 15 Uhr ist. Ich frage Dylan ob er vielleicht versuchen kann Isaac anzurufen worauf er einwilligte.

Es war aber nur die Mailbox.

Ich weiß nicht ob ich folgende Frage stellen sollte aber sie ist mir schon herausgerutscht. "Wo ist eure Mutter im Moment?" "Isaac hat dir von unserem Streit erzählt oder?" Jede Glücklichkeit wich aus seinem Gesicht und er vermeidet sogleich auch den Blickkontakt. "Sie hat sich eine Wohnung gesucht und kommt öfters vorbei." Ich frage nicht weiter nach. Isaac soll es mir erzählen, wenn er es kann. Und wenn ich ihn finde.

Die Angst rückt wieder langsam in den Vordergrund als wir beiden für fünf Minuten still gegenübersitzen. "Alexa, denkst du er hat wieder Suizid begangen?" Ich sehe in seine Augen welche leicht rötlich waren, die Iris aber in einem blau-grün Gemisch.

Dylan sieht auf einmal zehn Jahre älter aus durch das was sich wieder in seinen Gedanken abspielt. Er fängt das Händeringen an und ich erwarte nicht bedingt das er mir folgendes erzählt. "Ich hab ihn gefunden. Es war in der Nähe einer Autobucht auf dem Highway. Ich bin direkt hingefahren da dort unser altes Auto stand und bin in den lichten Wald hinein. Da hing er. Fast regungslos." Bei diesem Satz schluckte er und seine Stimme bricht kurz ab. "Ich hab gedacht ich hab ihn verloren. Das darf nicht wieder sein."

Ich habe eine direkte Vorstellung wie es für den 21-Jährigen sein muss seinen Bruder so zu sehen. Es bricht mir ein Stück aus meinem Herzen den Mann vor mir leiden zu sehen.

Ich fasse einen Beschluss. Ich mach mich auf den Weg um Isaac zu finden. Auch wenn es heißt, dass ich sein Auto am Highway sehen werde. "Was ist euer Auto für eine Marke und das Kennzeichen?" Dylan sagte es mir und wischte sich schnell mit einer Hand über sein Gesicht. Ich schreibe es schnell auf und dann stehen wir beide auf. Ich drücke ihm meine Handynummer in die Hand "Falls er doch auftaucht."

Er sieht immer noch niedergeschlagen aus weswegen ich ihn kurzzeitig in meine Arme nehme.

Er murmelt in meine Schulter "Ich hoffe du suchst ihn nicht nur wegen der Therapie. Er hat ziemlich verschossen geklungen als er von dir geredet hat, Alexa."

Ich hoffe ich finde ihn.

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