Kapitel 25

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Mein tosendes Herz entscheidet sich einen Aussetzer zu machen. Anstatt das es in normalen Tempo weiterschlägt legt es einen Zahn zu.

Dort am Waldrand sitzt eine Gestalt. Ich erkenne die Person nicht direkt aber mich überkommt ein Schauer, welcher kalt über meinen Rücken fließt und dieser lässt mich die Person erkennen.

Dort sitzt er also. Isaac. Er hat seine Hände über seinen Kopf geschlungen aber ich höre keinen Mucks aus seiner Richtung. Es sieht zumindest so aus, dass er keinen Suizid begangen hat. Das zentnerschwere Gewicht löst sich langsam und ich atme durch. Ich muss zu ihm.

Die letzten Meter überwinde ich und ein leicht ersticktes 'Isaac' kommt über meine Lippen. Ich wollte mich gerade wiederholen aber er hat es gehört. Er steht im selben Moment auf und ich gehe die letzten zwei Schritte über den Boden, welcher nun eher mehr Wiese gleicht als Waldboden.

Ich falle ihm um den Hals als sich der erste Schluchzer aus meinem Hals drängt. Zuerst steht er nur wie angewurzelt da, aber er schlingt seine beiden Arme um mich, damit er mich näher an ihn drücken kann. Mein Gesicht ist über seinem Herz in seine Jacke eingebettet und mir laufen Tränen über meine Wangen und diese werden sofort von der Jacke aufgesogen. Mit einer Hand kralle ich mich in seinen Rücken. Danke Gott, dass er lebt.

Er macht leichte Kreisbewegungen mit seinem Daumen auf meinem Hoodie und schweigt. Sein Herz pocht dafür fast genau so schnell wie meins. Zumindest vermute ich es zu hören.

Isaac bewegt seine großen Hände langsam von Mitte Rücken zu meinem Kopf um ihn so zu halten, damit ich gezwungen bin ihm in die Augen zu sehen. Die Hände auf meinen nassen Wangen brennen sich in meine Haut ein wie ein Brandmal. Aber sicher nicht so unangenehm wie ein richtiges. Meine Lider flackern da ich versuche einen klaren Blick auf den Mann vor mir zu werfen aber mir kommen meine Tränen in den Weg. Als die vermutlich letzte Träne sich ihren Weg bahnt, streicht Isaac mit einer fast vertrauten Geste sie mir mit seinem Daumen weg.

Endlich kann ich ihn auch betrachten. Er sieht fertig aus. Seine grauen Augen finden meine Braunen. In einer rauen und schmerzvollen Stimmte sagt er nur meinen Namen. 'Alexa' Mein Magen zieht sich zusammen. Was hat er hier wohl wieder erlebt? Warum ist er genau an diesen Ort zurückgekommen? So viele Fragen aber was ich dennoch sag ist das was mir richtig erscheint. 'Ich habe gedacht dir ist etwas passiert. Bitte jag mir nie wieder einen solchen Schrecken ein.' Und das meine ich auch so.

Isaac sieht aus als würde er mit sich selbst ringen mir eine Antwort zu geben, aber das muss er nicht. Hauptsache ihm gehts gut und er ist am Leben. Gerade als ich versuche mich aus seinem Blick zu wenden drückt er mich kurzzeitig wieder an sich und legt seinen Kopf auf meinem ab. In mir drin sagt eine kleine Stimme, wie gut die Umarmung doch sei und was er für eine perfekte Größe er hat. Wir lösen uns nach ein paar verstrichenen Minuten und er drückt mir einen kleinen Kuss auf meinen Haaransatz.

'Können wir gehen?' Selbst die weinigen Worte scheinen kaum den Weg aus seinem Mund zu finden. 'Natürlich'

An seinem blauen Subaru angekommen sieht er mich wieder an. 'Bitte sag deinem Bruder Bescheid, dass es dir gut geht. Ich musste bei dir Zuhause vorbeischauen, weil du dich nicht gemeldet hast' versuche ich mich zu erklären. Ich hab irgendwie ein bisschen Angst vor seiner Reaktion, dass ich bei ihm war und vor allem mit seinem Bruder gesprochen habe.

'Danke das du nach mir gesucht hast, Alexa. Kannst du mitkommen? Ich brauch wieder ein Auto um zu dir zu kommen' Das hab ich nicht erwartet. Überhaupt nicht. Ich starre ihn an und versuche nicht überrumpelt auszusehen. Ich nicke nur.

Wortlos steigen wir beide jeweils in unser Auto ein und fahren von diesem Ort weg. Als wir beide auf dem Parkplatz stehen, auf welchem ich heute schon einmal stand frage ich mich was jetzt passieren wird. Ich verlasse meinen Audi und sperre sogleich ab. Nimmt er mich mit nach oben? Ich bezweifle es.

'Kommst du?' er hebt eine seiner dunklen Augenbrauen und ich folge ihm wie als wäre ich hier zum ersten Mal. Ich bekomme wieder die Situation voller ungewissen in meinen Kopf als ich hier war und überhaupt nicht wusste, was mich erwarten wird. Ich bin unendlich froh nun endlich Gewissheit zu haben.

Isaac schließt die Tür auf und ich höre direkt Schritte auf der anderen Seite der Wohnungstür. Mit etwas Abstand beobachte ich die Jungs die sich beide in den Arm fallen und der Größere dem Kleinen etwas in sein Ohr flüstert. Am liebsten würde ich umkehren und an meinem Auto warten, weil das hier nicht für die Augen eines Außenstehenden gedacht ist.

Wenn ich Dylan neben Isaac stehen sehe, werden mir noch mehr Merkmale offenbart und ich realisiere das beide sich echt ähnlich sehen. Dylan hat aber eine andere Augenfarbe als Isaac und ist etwas kleiner. Mit diesen Haaren müssen beide wohl der Schulcrush hinweg gewesen sein. Ich bin ganz in Gedanken wie wohl Isaacs Schulzeit gewesen ist als Dylan auf sich aufmerksam macht.

Der jüngere kommt auf mich zu und nimmt mich in den Arm, er ist trotzdem etwas größer als ich und flüstert mir ein 'Danke' ins Ohr. Mit einem Lächeln schließe ich auch meine Arme kurz um ihn. Über seine Schulter wandert mein Blick zu Isaac. Welcher vor der offenen Wohnungstür steht und ein leichtes lächeln auf seinen Lippen trägt. Ich glaub ich muss öfters seinen Bruder umarmen, wenn das die Folgereaktion darauf ist.

Da ich ihnen noch etwas Privatsphäre lassen will gehe ich zu meinem Auto und krame mein Smartphone heraus. Ich habe bereits zehn Nachrichten. Sechs von Hamza und vier von Azra. Ich schreibe nur *Ich hab ihn gefunden, er lebt. Keine Sorge*

Eine Welle aus 'Zum Glück' und anderen Nachrichten fluten mein Handy aber das packe ich weg da Isaac auf mich zusteuert. 'Ich würde gerne wieder mit zu dir, wenn du mich noch beherbergen möchtest?' Beherbergen ist das bald nicht mehr, meint eine kleine Stimme zu mir. 'Du bist immer Willkommen'

Danach sind wir beide in meinem Audi unterwegs nach Hause.

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