T W E N T Y N I N E

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Ich hatte schon lange nicht mehr so viel Freude am Leben wie an diesem Abend. Es war so unglaublich schön mit den anderen zu feiern. Wir tranken Alkohol, tanzten und lachten. Alles war so perfekt, dass ich für einen Moment vergaß, dass eigentlich nichts gut war. Ich dachte nicht mehr an Lewis, an das was er sagte und sein Gesicht, was immer wieder vor mir auftaucht, wenn ich die Augen schließe. Ich dachte nicht mehr an meinen Vater, dessen Stimme sich in meine Ohren brannte und immer wieder sagte, ich solle diese Operation machen und diese Chance nicht wegschmeißen. Ich vergaß den ganzen Schmerz, für ein paar Augenblicke fühlte sich mein Herz ganz an. Als wäre es nicht in Millionen Stücke zerbrochen, als hätte es nie jemand berührt.

Wahrscheinlich lag das am Alkohol, aber das war mir so unendlich egal. Alles was zählte, war das Ergebnis. Ich konnte nicht leugnen, dass ich meine Probleme lediglich versuchte wegzutrinken. Aber ich denke, dass sie einfach zu groß waren, als dass ich alleine damit fertig werden konnte. Der Schmerz war zu tief, die Wort zu schwer, da reichte die Heilung der Zeit nicht. Zeit könnte wahrscheinlich niemals heilen, was Lewis kaputtgemacht hat...

„Wow, das ist echt anstrengend..." Seufzend ließ ich mich neben Daniel auf der Bank nieder. Er antwortete nicht und rührte sich kaum. „Alles okay?" Ich rüttelte an dem Australier, der mehr tot als lebend in der wortwörtlichen Kurve hing. Seine grüne Joker Perücke war etwas verrutscht und irgendwie nicht mehr so gepflegt wie sie einmal aussah. Dafür, dass er vorhin wie ein ADHS gestörtes Känguru getanzt hat, wunderte es mich ehrlich gesagt, dass er sie überhaupt noch trug...

„Hey, Daniel..." Ich rüttelte nochmal an ihm, mehr als Stöhnen kam nicht aus seinem Mund, aber immerhin etwas...

Für einen kurzen Moment blieb ich noch bei dem komatösen jungen Mann sitzen, bis dann Max und Lando vorbei kamen, die ich daraufhin anheuerte kurz auf ihren Freund aufzupassen. Im Nachhinein war das vielleicht nicht die beste Idee, da auch die beiden weit davon entfernt waren nüchtern zu sein, aber ich musste wirklich dringend aufs Klo und dafür musste ich das in Kauf nehmen...

Als ich zurückkam traf mich der Schlag. „Was zum..." Ich erwischte Lando dabei wie er seinem Freund ein neues Gesicht malte und Max war weg. „Was machst du da?" Der kleine Brite schreckte zurück, wie ein Kind versuchte er den Edding hinter seinem Rücken zu verstecken. „Her damit!" Ich streckte meine Hand aus, Lando schüttelte stur den Kopf. Ich räusperte mich und sah mein Gegenüber erwartungsvoll an, nichts passierte. „Das kannst du ver-"

Unsere Köpfe schreckten gleichermaßen in Richtung der Toiletten, wo sich eine Traube Menschen sammelte und schreite. „Fuck, Max..." War alles was Lando von sich gab, bevor er zwischen den vielen Menschen verschwand. Ich verstand erst gar nicht was abging, jedoch konnte ich mich auch nicht davon abhalten nachschauen zu gehen. Meine Neugierde siegte, weshalb ich Daniel alleine ließ und stattdessen seinem Teamkollegen hinterherging.

„Lando?" Ich versuchte mich durch die Menschen nach vorne zu drängen, schaffte es, nur um es dann auch schon wieder zu bereuen.
In mein Blickfeld drangen sich Max und... Lewis? Es brauchte ein paar Sekunden bis ich tatsächlich realisierte, dass es Lewis war, der sich auf Max stürzte und zum Schlag ausholte. In meinem Kopf spielten sich Szenen von dieser BB Party ab, wieder half niemand, wieder standen alle nur drumherum und schauten zu. Ich musste dazwischen, das wusste ich, doch ich konnte nicht.

Die Trance hielt mich fest, sie betäubte meine Sinne und Fähigkeiten mich zu bewegen. Ich konnte nicht mehr tun, als zuzuschauen, wie sich Lewis immer mehr in das monströse Kostüm verwandelte was er tatsächlich trug. „Du dreckiger Bastard!" Hörte ich den Briten rufen und erkannte ihn dabei nicht wieder. Er drehte völlig durch, was in aller Welt war in ihn gefahren? Schon bald konnte ich nicht mehr unterscheiden, ob es sich bei den roten Flecken auf seinem T-Shirt um echtes Blut oder Kunstblut handelte. Ich konnte überhaupt nichts mehr unterscheiden, und ehe ich mich versah, war Lewis der, der unter Max lag.

Toxic Love - the beginning of the end (Band 2) | Lewis Hamilton FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt