Ich war allmählich an einem Punkt angekommen, wo ich das alles nicht mehr ertragen konnte. Das ewige Ausruhen, die ständige Überwachung und alles andere was mit dieser scheiss Operation zu tun hat. Ich war ja wirklich glücklich, dass ich so tolle Unterstützung von meinem Dad und Lewis bekam, aber es reichte mir wirklich. Ich wollte einfach nur mein normales Leben zurück. Ich wollte endlich wieder tanzen, ja sogar auf die Schule freute ich mich, wenn die Ferien zu Ende sind. Aber ich wusste genau, dass mich mein Vater nichts von diesen Dingen tun lassen wird, wenn der Arzt nicht bestätigt, dass soweit alles gut heilt. Also musste ich wohl oder übel darauf hoffen, dass sich dieses verdammte warten gelohnt hat und alles okay ist...
Mit einem leicht mulmigen Gefühl, denn ich wusste nicht so richtig was ich denken sollte, lief ich in die kardiologische Praxis. Am Empfang wurde ich noch kurz in den Wertebereich geschickt, was die Aufregung in mir immer mehr steigen ließ. Ich hasste es zu warten, vor allem jetzt. Ich wollte einfach nur wissen, wie es jetzt aussieht. Ich wollte hören, dass alles gut ist, dass ich endlich wieder anfangen Sport zu machen - und ein normales Leben führen darf. Doch jetzt saß ich hier und wartete.
Mein Blick schweifte nach draußen, die halb-transparenten Vorhänge ließen einen die weiße Schneelandschaft erahnen. Meine Gedanken weichten dabei gänzlich ab. Ich musste an gestern denken und wie schön der Tag war, der damit angefangen hat, dass ich Lewis damit geärgert habe, dass er nun ein Jahr älter ist. Nach dem gemütlichen Frühstück sind wir zu seiner Familie gefahren, haben mit denen den Mittag verbracht und abends fand die fetteste Party seit langem statt. Die Erinnerungen daran ließen mich unwillkürlich lächeln.
Bilder von Lewis und seinem Bruder auf einer Clubcouch drangen sich vor mein inneres Auge. Wie sie da hingen, es war sicher schon nach null Uhr und man konnte ihnen die Menge an Alkohol im Gesicht ablesen. Jedenfalls trugen beide irgendwelche Sonnenbrillen, falsch herum natürlich, und amüsierten sich dabei prächtig.
Ein weiteres Detail was mir von diesem Abend in Erinnerung geblieben ist, war die Situation mit dem Busch. Ich weiß nicht mehr genau wie viel Uhr es war, aber irgendwann wollte ich frische Luft schnappen gehen. Jedenfalls bin ich dann raus, wobei ich einen von Lewis Freunden in einem Busch hab liegen gesehen. Als ich dann zu ihm hingegangen bin um zu fragen ob alles okay ist, bemerkte ich die rosarote Herzchenbrille auf seiner Nase. „Awaaa, mir gehs ritig gud..." Hatte er mir entgegen gelallt, und natürlich ging es ihm richtig gut. Wahrscheinlich hatte er davor schon alles was er zu sich genommen hatte ausgekotzt...
Im Endeffekt kamen zwei weitere Typen, von denen ich die Namen auch nicht mehr wusste, und trugen ihn wieder rein. Danach habe ich ihn nicht mehr gesehen, aber so wie ich das einschätze, ist er heute morgen mit höllischen Kopfschmerzen aufgewacht. Nicht nur er. Selbst Lewis hat den ganzen Vormittag nur gejammert und hätte am liebsten wieder weitergeschlafen... Ach wie gut, dass ich gestern nüchtern geblieben bin und den Tag heute ohne Kater beginnen konnte...
Um mir weiter die Zeit zu vertreiben, denn ich wartete noch immer, schaute ich mir die Fotos von gestern an. Ich hatte mir vorhin schon vorgenommen zu gucken ob es ein paar gute gibt die ich posten könnte. Also scrollte ich durch meine Galerie und musste auch dabei durchgängig lächeln. Da waren Fotos von Lewis und Nicholas, von dem Typ im Busch, von irgendwelchen random Leuten die selfies mit mir gemacht haben, und natürlich welche von Lewis und mir. Von letzteren suchte ich mir zwei aus die ich posten könnte. Eins wo wir uns küssen, und bei dem anderen drücke ich Lewis einen Kuss auf die Wange, was er scheinbar genossen hat.
Wenn ich mir diese Fotos so anschaute, konnte ich überhaupt nicht Lauben, dass das wirklich echt war. Das mit Lewis und mir, dass wir wirklich zusammen waren. Dass wir nach all diesen Höhen und Tiefen so glücklich waren. Ganz zu schweigen davon natürlich, dass ich sowieso nie dachte, dass das mit uns jemals was wird.
Schon komisch, wie sich die Zeiten ändern. Wir kennen uns nun seit fast einem Jahr, und haben so viel zusammen erlebt. Da war unser erstes aufeinandertreffen, unser zweites kennenlernen, die Sache mit meinem Vater, der Moment in dem er mir zum ersten Mal das Herz gebrochen hat, der Tag, an dem ich ihm verziehen habe, nur um das alles dann wieder zu bereuen. Und neben all diesen Sachen, wusste ich nur eins wirklich: Ich wollte ihn nie wieder verlieren. Nie wieder mit dem Wissen leben müssen, dass er nicht bei mir ist. Denn das ist das schlimmste was ich mir vorstellen kann. Zu wissen, dass er da draußen ist, und ich ihn nicht haben kann. Lewis war von der Person in meinem Leben, die ich am allermeisten gehasst habe, zu der geworden, die ich am allermeisten liebe. Und das innerhalb von zehn Monaten.
Es war wirklich unbegreiflich, sich klar zu machen, wie die Zeit gerannt ist, das ist einfach unvorstellbar. Und manchmal frage ich mich, ob ich gerne etwas geändert hätte. Ob ich manche Dinge anders getan hätte. An manchen Tagen wundere ich mich, ob all dieser Schmerz wirklich nötig war, um hier her zu kommen. Hätte es keinen anderen Weg gegeben, um das hier zu erreichen? Jeder Streit, jede Diskussion, jedes Mal, wenn jemand verletzt wurde, war es das, was es brauchte um jetzt hier zu stehen?
Ich wusste es wirklich nicht, aber ich würde es gerne wissen. Denn ich würde gerne wissen, ob ich anders gehandelt hätte, wenn ich gewusst hätte, wie es ausgeht. Ob ich manche Dinge nicht gesagt hätte, nur damit es jetzt anders wäre. Aber vielleicht wäre es das ja gar nicht? Womöglich war es von Anfang an egal, und es hätte nichts geändert. Möglicherweise gab es nie die Möglichkeit irgendwas zu ändern, weil das Ende schon bestimmt ist?
Zeit um mir weitere Gedanken darüber zu machen blieb mir nicht, denn ich wurde aufgerufen. Meine Beine waren weich, drohten unter mir zusammenzubrechen. Aber ich musste jetzt stark sein. Ich musste daran glauben, dass jetzt endlich alles gut wird und ich diese ganze scheiße hinter mir lassen kann.
Aber war es das wirklich? So einfach, so simpel, wahrscheinlich nicht...
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Toxic Love - the beginning of the end (Band 2) | Lewis Hamilton FF
FanfictionFortsetzung von Toxic Love - when hate becomes Love Sie hatte es ihm gesagt. Sie hatte ihm die Wahrheit über sich erzählt, ihr größtes Geheimnis preisgegeben, und jetzt bereut sie es. Es ist dieser Moment, wenn man merkt, dass die Liebe für eine an...