Die letzte Ferien Woche war wie im Flug vergangen und plötzlich war es Donnerstag. Es ist wirklich bemerkenswert wie viel die Worte es tut mir leid, ausmachen können. Seit sich Lewis bei mir entschuldigt hat geht es mir wirklich besser, und ich verbringe nicht jede freie Minute damit, ihn für die Dinge die er gesagt hat in der Hölle zu verbannen. Ganz im Gegenteil sogar. Ich bin froh, dass er sich entschuldigt - und wir uns wieder ein bisschen angenähert haben. Andererseits schmerzt es immer noch zu wissen, dass es nicht mehr wird wie es mal war. Ich vermisse die Nähe zu ihm. Ich vermisse es, neben ihm aufzuwachen, und ich vermisse es die T-shirts mit seinem Geruch zu tragen. Dem besten Geruch den ich kenne...
Die Stimme meines Vaters riss mich unwillkürlich aus meinen abweichenden Gedankengängen. „So..." Er schloss den Kofferraum des Wagens und kam dann nochmal auf mich zu um sich zu verabschieden. „Reiß mir bitte nicht die Bude ein, okay?" Er grinste und schloss mich in die Arme. „Ja, Papa..." Ich rollte mit den Augen und konnte mir dabei das schmunzeln nicht verkneifen. „Meld dich bei mir. Ich komme Montag Mittag zurück, ja?" Ich nickte und scheuchte ihn dann zum Auto. „Jetzt geh schon..." Ich winkte ihm noch, als er aus der Auffahrt fuhr und ging dann zurück zum Haus.
Während sich mein Dad auf den Weg zum nächsten Rennen machte, überlegte ich, was ich nun tun sollte. Das Wetter war mittelmäßig und ich war alleine zuhause. Eigentlich müsste man meinen, dass das die perfekten Voraussetzungen für ein entspanntes Wochenende waren, dem war jedoch nicht so. Morgen habe ich mich mit Marco in der Oper verabredet, am Samstag habe ich nichts geplant und am Sonntag, dem letzten Tag bevor die Schule wieder beginnt, werde ich mich dementsprechend vorbereiten. Das dreizehnte Schuljahr wird das letzte sein und auf die Abiturprüfungen habe ich jetzt schon keine Lust...
Eingekuschelt in einen gemütlichen Jogginganzug, genoss ich die Ruhe und das trübe Wetter. Abends meldete sich mein Vater bei mir, dass er nun in Russland gelandet sei. Wir sprachen noch eine kurze Weile, bevor er sich schlafen legte, aufgrund der Zeitverschiebung war es dort schon eine Stunde später als hier. Ich verbrachte die restliche Zeit bis elf, damit durch mein Handy zu scrollen und legte mich dann selber schlafen.
*
Die nächsten drei Tage kamen und gingen und ehe ich mich versah, hatte ich meinen ersten Schultag hinter mir. Irgendwie war der Gedanke nun im letzten Schuljahr zu sein, immer noch ziemlich unwirklich. Dabei hatte ich mehr als genug Zeit um mir dessen bewusst zu werden, dass es nun wirklich ernst wird, das Leben. Und noch bewusster wurde mir das, als ich nachmittags aus der Arztpraxis lief. Er hatte es mir gesagt, ins Gesicht, wie ernst es ist.
Die Sonne schien und der Himmel war blau. Alles war in spätsommerliche Farben getaucht und strahlte. Doch damit konnte ich mich nicht identifizieren. Nicht heute, nicht gerade. Jetzt, wo alles so schön war, wo ich mich mit Lewis vertragen hatte, wo ich meinen ersten Schultag hinter mir hatte, genau jetzt, musste mich die Realität einholen und alles kaputt machen... Das ist doch unfair, absolut ungerecht?! Die verzweifelten Gedanken rauschten in meinen Ohren, während ich nachhause lief. Ich nahm nichts von dem war, was um mich herum passierte und ich fühlte nichts. Meine Finger waren taub, als ich den Türgriff unserer Eingangstüre runterdrückte.
Dann brach alles auf mich herein. Die Realität, in ihrer vollen Intensität stürzte sie über mir zusammen und ich spürte den hohlen Schmerz in meiner Brust. Und dann sah ich in die Augen meines Vaters, der so eben im Eingangsbereich aufgetaucht war. In seinen Augen brannte Schmerz, als er in die meinen blickte, wo sich bereits Tränen sammelten. „Vier Monate..." War alles, was ich irgendwie zusammenbrachte, bevor mir die erste Träne über die Wangen kullerte. Die Arme meines Vaters umschlossen meinen bebenden Körper. Vier verfickte Monate, soll mein Leben noch dauern... Das war doch lächerlich, völlig paradox, wenn man bedenkt, dass ich heute morgen über meine Abiturprüfungen nachgedacht habe, die in neun Monaten stattfinden sollen. Und jetzt sagt mir ein Arzt, dass es noch vier verdammte Monate sein sollen, die ich lebe? Gott, das Leben kann so unfair sein. So verflucht unfair...
Der Schlüssel glitt aus meiner Hand und fiel klirrend zu Boden. Mit dem selben Geräusch zerbrach auch mein Herz. Es zerfiel in tausend Teile, die bittere Realität hatte es zerstört. In der Luft zerfetzt, als es gerade anfing zu heilen. Aber so war es eben, das Leben... Hart und ungerecht, oder nicht?
Nach diesem äußerst ernüchternden Arztbesuch, verzog ich mich in mein Zimmer und kroch unter meine Decke. Am liebsten würde ich diesen hohlen Schmerz in meiner Brust ersticken, irgendwie auszuhalten machen, aber irgendwie ging es nicht. Und plötzlich schlug der Schmerz in bittere Wut um. Ich war einfach so sauer, so unendlich wütend. Wütend auf mich, auf diesen Arzt der eigentlich nichts dafür kann, und wütend auf die ganze restliche Welt. Ich brannte innerlich und dieses Gefühl war noch schlimmer, als der reine Schmerz. Ich wollte meinem Schicksal entkommen, irgendwie entfliehen, aber es war unmöglich...
Völlig perplex schälte ich mich aus den Decken und rannte ins Bad. Kaum hatte ich die Türe hinter mir geschlossen, fiel ich gegen diese und sie rastete gänzlich ins Schloss. Gott, warum tat es nur so weh? Als mir Lewis das Herz gebrochen hat, dachte ich, es wäre der schlimmste Schmerz den ich je spüren könnte. Als würde jede nachträgliche Erniedrigung, alles was wir miteinander erlebt haben, ein Stück von meinem Herz zerreißen, nach und nach... Aber das hier, das hier war um Welten schlimmer. Gut, vielleicht kann man diese beiden Dinge auch nicht vergleichen, aber ich war gerade nicht in der Lage darüber zu urteilen. Alles was ich wusste, war, dass es weh tat, höllisch brannte und mich wütend machte. Denn der Schmerz, die Wut die ich jetzt spüre, dafür kann ich niemand anderen verantwortlich machen. Noch nicht einmal mich selber, denn es war etwas, was in den Händen von irgendjemandem lag. Es war einfach so. Und die Hoffnung, es könnte anders sein, die Hoffnung, ich könnte gesund werden und ein Spenderherz bekommen, war so lächerlich gering, dass meine Kraft darauf zu warten schlicht und ergreifend nicht reichte. Ich hatte einfach keine Kraft, den Niederschlag einer solchen Enttäuschung zu ertragen. Zu oft wollte ich darauf hoffen, daran glauben, und wurde dann enttäuscht. Viel zu oft...
Ich raufte mir die Haare und lief auf den Fliesen auf und ab. Dann blieb ich stehen, blickte auf die Gestalt im Spiegel. Ich nahm mich zwar nur vage wahr, da meine Sicht tränenunterlaufen war, doch ich erkannte das Desaster trotzdem ohne Probleme. Ich sah so schrecklich aus, so unendlich schrecklich, dass ich mich schämte ich selbst zu sein. Meine Lippen waren rot, angeschwollen und meine Haut blass. Was war nur aus mir geworden... Was war mit diesem starken Mädchen passiert, was sich von nichts hat unterkriegen lassen? Wo war die Liv hinverschwunden, die einfach ihr Leben gelebt hat, egal wie schlecht die Zukunft schien? Wie konnte ich mich, auf meinem Weg verlaufen? Fragen über Fragen und ich hatte keine einzige Antwort, was die Wut in mir noch größer werden ließ.
Bevor ich auch nur ansatzweise realisieren konnte was ich tat, traf meine Faust auf den Spiegel vor mir. Der Schmerz der nun meine Hand durchfuhr, brachte mich zurück in die wahre Welt und ich realisierte, was ich getan hatte. Aber es ließ mich kalt. Das zerbrechliche Material war unter meiner Wucht kaputtgegangen. Die Scherben lagen überall. Im Waschbecken, auf dem Boden. Wer war ich bloß geworden? Jemand der Dinge zerstört, wenn vor lauter Wut und Schmerz die Kraft zum Denken fehlt? Jemand der nicht mit der Wahrheit umgehen kann? Das war alles was von der Liv über war, die ich einmal gewesen bin. Und warum das alles? Weil ich schwach geworden bin. Für ihn schwach geworden bin. Für Lewis, den Mann, den ich so sehr hasste. Und da war er wieder. Er spukte in meinem Kopf wie sonst nichts anderes. Und egal was schlimmes in meinem Leben passierte, er hatte immer etwas damit zutun... Immer.
Aber wem sage ich das? Ich wusste es ja selbst, dass es ein Fehler war ihn überhaupt in mein Herz zu lassen. Und womöglich war es auch ein Fehler ihm zu verzeihen. Denn das bedeutete, dass ich wieder schwach war. Und ich wollte nicht schwach sein, nein, ich durfte nicht schwach sein. Aber genauso gut wusste ich auch, dass ich ihm niemals widerstehen - mich niemals von ihm fern halten könnte. Doch das waren Dinge, die mich früher oder später ins versterben stürzen würden. Schon wieder...
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Heyyy, was geht Freunde?
Schreibt mir gerne mal in die Kommentare, was ihr denkt/hofft was als Nächstes passiert. (Das Kapitel ist mehr Lückenfüller und ich bin auch nicht ganz zufrieden damit, aber nvm :))Man liest sich, eure Annpakki <3
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Toxic Love - the beginning of the end (Band 2) | Lewis Hamilton FF
FanfictionFortsetzung von Toxic Love - when hate becomes Love Sie hatte es ihm gesagt. Sie hatte ihm die Wahrheit über sich erzählt, ihr größtes Geheimnis preisgegeben, und jetzt bereut sie es. Es ist dieser Moment, wenn man merkt, dass die Liebe für eine an...