Eifersucht

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Kageyama PoV

Mein Wecker riss mich aus dem Tiefschlaf und ich griff genervt und blindlings neben mich, um das störende Geräusch zum Verstummen zu bringen. Das Training gestern war hart gewesen und meine Muskeln protestierten ein wenig, als ich mich aus dem Bett schälte und aufsetzte.

Ich griff nach meinem Handy und rieb mir einmal über das Gesicht, in der Hoffnung, ein wenig von der Müdigkeit davon zu wischen. Ich beantwortete einige Nachrichten, scrollte durch meine Emails und schaute als letztes auf den Sozialen Medien vorbei. Ich hasste es, Bilder von mir zu posten, doch unsere Manager meinten es gehöre nun einmal ebenso zu diesem Job.

Mitten in der Bewegung hielt ich jedoch inne und starrte auf das Display. Ich blinzelte einmal, zweimal, doch das Bild, was ich sah, wollte nicht verschwinden... oder sich zumindest als Fata Morgana herausstellen.

Hinata hatte ein Bild gepostet, doch nicht von ihm allein. Während mein Freund über beide Ohren grinsend die Hände zu einem Peace-Zeichen in die Kamera hielt, hatte jemand anderes einen Arm um seine Schultern gelegt. Der Kopf der anderen Person war Hinatas Gesicht ganz nahe, damit sie zusammen auf das Bild passten.

Mein Herz fing mächtig an zu klopfen und ich spürte, wie eine heiße und kaum zu unterdrückende Welle der Eifersucht nach oben zu kochen schien. Dieses dämlich grinsende Gesicht Oikawas so nah an... an meinem Freund zu sehen...

Ich schloss die App und wählte mit fliegenden Fingern Hinatas Kontakt aus. Ich drückte auf die Kamera für einen Videoanruf und versuchte meinen unregelmäßigen und wütenden Atem unter Kontrolle zu bekommen. Es tutete mehrmals und obwohl Hinata immer direkt ans Telefon ging sah ich auf dem Bildschirm nur das Bild meines eigenen, wütenden Gesichts, bis der Anruf abbrach.

Verdutzt schaute ich auf das Handy und wählte erneut. Doch wieder nahm Hinata den Anruf nicht entgegen. Ich schaute auf die Uhr. Es war gerade mal acht Uhr abends bei ihm. Er dürfte noch lang nicht im Bett sein. Und selbst wenn er unterwegs wäre... dann ist er sonst auch immer ans Telefon gegangen.

Mit einem unterdrückten Knurren legte ich wieder auf und warf das Handy zur Seite. Ruhig, Tobio... dafür gab es sicherlich eine Erklärung. Ich schnappte mir wieder das Telefon, öffnete erneut das Bild von Hinata und Oikawa und schaute es prüfend an. Es wurde gerade mal vor einer Stunde gepostet und trug die Bildunterschrift: "meet up with my senpai and the great king #oikawatooru today! Great to see some familiar faces here"

Was zur Hölle tat dieser aufgeblasene und eingebildete Typ in Brasilien? Ausgerechnet in genau der gleichen Stadt wie Hinata? Und wieso machten sie ausgerechnet ein Bild zusammen? Und posteten es auch noch?

Frustriert atmete ich durch meine bebenden Nasenflügel aus und schloss für einen kurzen Moment die Augen, um dieses Bild zu vertreiben. Was mich eigentlich am wütendsten machte, war meine eigene Eifersucht. Ich wollte derjenige sein, der Hinata gerade in diesem Moment in den Armen hielt, ich wollte derjenige sein, der mit ihm lachen und glücklich sein konnte... ich wollte sein großer König sein.

Ich atmete noch einen Moment tief durch, dann gab ich mir einen Ruck und stand auf. Wenn Hinata sah, dass er mich angerufen hat, wird er mich sicherlich zurück rufen und dann würde er mir erklären, dass alles in bester Ordnung war und Oikawa wieder weg war und nicht in seinem Bett schlafen würde und-

Ich schüttelte wütend den Kopf. Warum sollte Oikawa bei Hinata schlafen? Vertraute ich meinem Freund etwa so wenig? Nein, flüsterte eine leise Stimme in meinem Kopf, du weißt einfach nicht, wie es ist, dein Eigentum zu teilen. Wieder schüttelte ich den Kopf. Hinata war nicht mein Eigentum. Hinata ist mein Freund. Richtig, dein Freund und nicht Oikawas. Wieso bist du nicht an seiner Seite sondern er, hm?

Die eifersüchtige Stimme in meinem Kopf hielt sich hartnäckig und ich konnte sie nicht zum verstummen bringen. Also entschloss ich mich zu einer kleinen Joggingrunde direkt zum Training, um meinen Kopf ein wenig frei zu bekommen. Hinata würde sich dann sicherlich noch melden...

Doch ich hatte mich getäuscht. Hinata meldete sich den gesamten Vormittag nicht mehr und irgendwann war mir klar, dass es so spät bei ihm war, dass er sicherlich schon längst schlafen gegangen war. Das ganze gab mir einen heftigen Stich. Als ich in unserer Mittagspause immer noch keine Nachricht von ihm auf meinem Handy hatte wurde mir mit einem Mal so schlecht, dass ich bezweifelte überhaupt irgendetwas hinunter zu bekommen.

Wieder musste ich mich zwingen mich zu beruhigen. Wenn Hinata wirklich etwas mit Oikawa anfangen würde... dann würde er doch nicht dieses Bild posten, oder? Oder? "Oi, Kageyama! Darf ich deine Portion essen? Wenn du sie weiterhin nur so finster anstarrst, statt sie zu essen, kann sie einem ja richtig leid tun", riss mich unser Capitain aus meinen Gedanken und ich schreckte nach oben.

Meine Teamkollegen um mich herum brachen in schallendes Gelächter aus und ich spürte, wie meine Wangen ein wenig warm wurden. Murrend, aber ohne eine Antwort zu geben machte ich mich über den Kartoffelbrei her und schob ihn mir widerwillig in den Mund.

Nach der nachmittäglichen Trainingssession war meine Stimmung auf dem Tiefpunkt. Ohne es zu wollen hatten meine negativen Gedanken Besitz von mir ergriffen und mich die schlimmsten Szenarien ausmalen lassen. Die lange Abwesenheit von Hinata, der Druck aus meiner Mannschaft, für die kommende Saison bereits in das Stammteam aufgenommen zu werden und mein sowieso angespanntes Verhältnis zu Oikawa ließen meine Fantasie freien Lauf und so kam es, dass der Coach mich beim Trainingsspiel irgendwann auswechselte und ich die letzten Minuten auf der Bank verbrachte. Für mich das schlimmste Zeichen von Verlieren.

Als ich abends in meine Dusche stieg war ich einfach nur noch frustriert über meine eigene Gedanken. Wieso nur ging mir das ganze so nah? Ich gab meinen Tränen nach, die ich schon den gesamten Tag zurück gehalten hatte und ließ sie stumm über meine Wangen fließen.

Irgendwann, ich hatte keine Ahnung, wie lang ich regungslos unter diesem Wasserstrahl gestanden hatte, trat ich aus dem Badezimmer und rubbelte mir gerade die Haare trocken, als mein Handy stetig vibrierte.

Ich sah Hinatas Bild aufleuchten und stürzte auf das kleine Gerät, welches auf meinem Bett lag zu um den Anruf anzunehmen. Die Verbindung baute sich kurz auf und ich sah nur eine Sekunde später Hinatas grinsendes Gesicht, während ich ihm keine Zeit ließ und wütend in die Kamera schrie: "Wieso zur Hölle muss ich über Social Media erfahren, dass du dich mit einem anderen triffst?"

He is my sunrise || Hinata x KageyamaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt