Geschenke

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Kageyama PoV

Nervös fummelte ich immer wieder an der kleinen Schachtel herum, die sich in meiner Jackentasche befand und musste mich immer wieder daran erinnern, meine Finger davon zu lassen. Nur noch wenige Stunden...

Ich zog die Augenbrauen zusammen und ließ mein Gesicht in der Handfläche verschwinden, als sich ein dicker Kloß meinen Hals hinauf kämpfte. Nichts da! Heute ist der letzte Tag und den werden wir genießen. Ich schüttelte den Kopf und atmete tief ein, ließ die Luft langsam aus meinem Mund entweichen und schaute dann die Straße auf und ab.

Ein heller Haarschopf bewegte sich schnell durch die Menschenmasse und kam grinsend auf mich zu. Bei seinem Anblick wurden fast alle dunklen Wolken aus meinem Kopf verdrängt und ich spürte, wie sich meine Mundwinkel hoben. Er kam auf mich zu und blieb außer Atem vor mir stehen.

"Mann, Kageyama, man hätte meinen können, es sei jemand gestorben, so miesepetrig hast du geschaut", lachte Hinata mich an und ich schaute ihm tief in die Augen. Wie gern würde ich ihn jetzt in die Arme nehmen und ihn küssen. Doch wir waren in der Öffentlichkeit, mitten auf einem Fest, wahrscheinlich würden wir für einen mittelschweren Skandal sorgen, wenn wir das hier täten. Deshalb entschloss ich mich das ganze darauf zu beschränken ihm eine verirrte Strähne aus dem Gesicht zu streichen.

Er schaute mich ganz überrascht an, so schnell war der Moment wieder vorbei doch ich grinste nur leicht und sagte: "Jetzt ist alles wieder gut." Und damit meinte ich nicht nur seine Haarsträhne.

Wir schlenderten nebeneinander über das Matsuri, kauften uns ein bisschen was zum Essen und ich gewann haushoch beim Yo-yo Fishing gegen ihn, woraufhin er ein wenig schmollte und ich ihn erst mit einer riesigen Portion Zuckerwatte wieder zufriedenstellen konnte. Die Sonne war schon längst untergegangen, als wir uns etwas Abseits vom Trubel auf einer Wiese unter einem hohen Baum niederließen und Hinata sich einfach nach hinten ins weiche Gras fallen ließ.

"Oh man, ich war schon ewig nicht mehr auf einem Fest! Die letzten sind immer in unsere Prüfungszeit und Trainings gefallen", seufzte er zufrieden auf und grinste mich an. Ich lächelte zurück und wieder fuhr meine Hand in meine Tasche um die Schachtel zu umgreifen. Ich hatte immer wieder gute Situationen verpasst. Doch jetzt schien eine passende gekommen zu sein.

"Hinata", setzte ich an. Ich schaute ihn nicht an, sondern starrte in den wolkenlosen Himmel. Ich hörte ein leises Rascheln, als er sich neben mir wieder aufrichtete und sich auf seine Ellenbogen stützte. "Ja? Was ist los? Du wirkst irgendwie niedergeschlagen", fragte er und ich atmete tief ein. Mein Herz klopfte mir bis in den Hals und ich hatte das Gefühl, er würde es hören wenn er auch nur einen Zentimeter näher kam.

"Ich, chrm", ich musste mich kurz räuspern, dann setzte ich wieder an: "Ähm... alles Gute zum Geburtstag", murmelte ich vor mich hin und ich sah, wie er nach oben schnellte und mir plötzlich ganz nah kam. "Du hast ihn nicht vergessen?", fragte er aufgeregt und ich schaute ihn an. "Wieso sollte ich deinen Geburtstag vergessen? Was denkst du warum ich dich heute hierher eingeladen habe?", erwiderte ich und verdrehte die Augen. Innerlich freute ich mich natürlich über seine Reaktion.

"Keine Ahnung, ich dachte vielleicht als letztes Date bevor..." Er verstummte und nun sah ich, wie seine Augen verräterisch glitzerten. Dann schüttelte er jedoch energisch den Kopf und strich sich mit dem Ärmel seiner Jacke über die Augen. "Nein, ich hab gesagt ich würde nicht heulen", murmelte er und ich hörte ein leises schniefen, als er sich wieder beruhigen wollte. Ohne zu zögern überwand ich die letzten Zentimeter zwischen uns und nahm ihn in die Arme.

Wir saßen eine Weile so da, ich strich ihm über den Rücken und schob ihn irgendwann von mir weg. Ich kratze mich nervös am Hinterkopf und nahm einen neuerlichen Anlauf. „Also jedenfalls... alles Gute zum Geburtstag. Ich hab... also hier, das ist für dich", fügte ich schnell an und holte die Schachtel aus meiner Tasche um sie ihm zu reichen. Im dämmrigen Licht der Laternen und des Mondes sah ich, wie abgenutzt die Schachtel war und hätte mich am liebsten selbst geohrfeigt. Doch Hinatas große Augen achteten gar nicht auf das Aussehen.

Er öffnete behutsam den Deckel und hielt überrascht den Atem an. "Kageyama", hauchte er und ich sah, wie es in seinen Augen verräterisch glitzerte. Er schaute zu mir und stürzte sich wieder in meine Arme, umschloss meinen Nacken und drückte sich fest an mich. Ich lächelte leicht, drückte seinen Körper ebenfalls zu mir und traute mich einen kleinen Kuss oberhalb seines Ohres zu platzieren.

"Es ist wunderschön", flüsterte er und ich hörte, wie er ein wenig schluchzte. Sofort schob ich ihn von mir weg und betrachtete sein trauriges Gesicht. "Du sollst dich gefälligst freuen und nicht traurig sein", blaffte ich ihn an und strich ihn immer wieder mit dem Daumen unter seinen Augen entlang.

"Tut mir leid, aber ich hätte nie gedacht, dass du so romantisch sein kannst", kicherte er und ein kleiner Schluckauf mischte sich darunter. "Na hör mal", murmelte ich und nahm ihm die Schachtel aus der Hand. Vorsichtig holte ich das kleine Lederarmband aus der Verpackung und nahm sein Handgelenk. Mit einem kleinen Knoten passte ich die Länge an und betrachtete das Band mit der kleinen weißen "10", die daran baumelte.

"Ich... ähm habe auch eins", sagte ich leise und spürte, wie meine Wangen rosa anliefen. "A-Aber nur weil es einen kleinen Rabatt gab, wenn ich zwei davon nehme, also...", fügte ich schnell an und Hinata grinste nur wissend. "Jaja, ist schon klar. Na los zeig es mir", sagte er und seine Finger fuhren immer wieder liebevoll über die kleine Nummer. Ich fuhr erneut mit der Hand in meine Tasche und holte das Armband mit der Nummer "9" heraus.

"Da, siehst du?", sagte ich und zeigte es ihm. Hinata lächelte still, dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck und er knibbelte wieder am Knoten seines Bandes herum. Nanu? Gefiel es ihm doch nicht? Als er sich das Band vom Handgelenk streifte, sagte er: "So macht es doch viel mehr Sinn." Und er streifte mir sein Armband mit der "10" über, während er an seinem das mit der Nummer "9" fest knotete.

Ich saß nur da, starrte abwechselnd ihn und das Armband an meinem Gelenk an. Dann, ohne Rücksicht auf das, was um uns herum passierte, zog ich ihn in meine Arme und küsste ihn. Küsste ihn, als würde er jeden Moment in meinen Armen verschwinden, als wäre das hier unser letzter Kuss.

"Ka-Kageyama", keuchte Hinata an meinen Lippen. Seine Hände fuhren in meine Haare und seine weichen Lippen saugten zärtlich an meinen. Er kam näher, sein ganzer Körper bewegte sich und einen Moment später saß er rittlings auf meinem Schoß. Mir war unglaublich heiß. Mein Herz klopfte wild in meiner Brust, als ich mit meiner Hand unter den Bund seines Shirts fuhr. Ich spürte die Gänsehaut, die sich unter meinen Fingerkuppen ausbreitete und löste den Kuss. Unser Atem ging heftig. Hinatas Wangen waren gerötet und er krallte sich an mein Shirt, als ob es das einzige war, was ihm Halt geben würde.

"Ich will dich, Kageyama."

He is my sunrise || Hinata x KageyamaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt