Gedankenspiele

617 42 26
                                    

Hinata PoV

Ich atmete tief durch und schaute auf das Aufgabenblatt vor mir. Ich saß mitten in meiner Englisch Abschlussprüfung und hatte das Gefühl, mein Gehirn ist wie leer gefegt. Ich verzog das Gesicht und versuchte mich krampfhaft an diese Vokabel zu erinnern... doch nichts da. Meine Gedanken schweiften immer wieder ab, hinüber in die Sporthalle, wo wir bald unser letztes Training absolvieren werden.

Ich schüttelte den Kopf und versuchte mich wieder auf das Aufgabenblatt vor mir zu konzentrieren.

In einigen europäischen Ländern sowie an staatlichen Schulen gibt es keine Schuluniformen. Erörtern Sie folgende Aussage: „Schuluniformen an Schulen sollten abgeschafft werden."

Ich legte den Kopf schief und musste prompt daran denken, wie Noyas Argumentation auf diese Aussage ausgesehen hätte. Ich musste mir ein Prusten und Kichern verkneifen und biss mir angestrengt auf die Zunge. Verdammt ich konnte mich echt kaum konzentrieren.

Mein Blick schweifte durch den Raum. Meine Mitschüler kannte ich kaum ohne Uniform. Es war schwer vorstellbar wie sie in ihren Alltagsklamotten aussehen sollten. Schließlich fiel mein Blick auf den dunkelhaarigen Nacken vor mir. Kageyama hatte seinen Kopf auf seine Hand gestützt und tippelte nervös mit seinen Fingern auf dem Tisch. Er sah selbst von hinten total verzweifelt aus.

Ich unterdrückte ein weiteres Kichern, was sich meinen Hals hoch kämpfte. Dann neigte ich wieder den Kopf und betrachtete seine Nackenlinie. Ich liebte es durch seine Haare zu fahren. Ich müsste nur die Hand ausstrecken und könnte durch die kurzen Stoppeln streicheln. Ich wusste, dass er davon eine Gänsehaut bekommen und sich seufzend meinen Fingern entgegen lehnen würde.

Ich spürte, wie meine Wangen rosa wurden und war froh, dass alle Blicke meiner Mitschüler auf ihren Blättern hingen, weshalb ich zuließ, dass meine Gedanken noch ein wenig weiter schweiften. Kageyama kannte ich durchaus ohne Uniform. Wir verbrachten so viel Zeit miteinander, dass ich das Gefühl hatte, alle Facetten und zugleich nicht alles von ihm zu kennen.

Wie er zum Beispiel ohne Klamotten aussah... ich meine... ja wir zogen uns voreinander um. Und nicht selten hatte sein nackter Oberkörper mich um den Verstand gebracht. Seine straffen Muskeln, die sich unter der Haut bewegten, seine helle Hautfarbe, die so einen extremen Kontrast zu seinen dunklen Haaren bildete...

Ich schüttelte den Kopf. Dass ich meinen Freund mehr als anziehend fand, stand außer Frage. Dass sich bei den Gedanken an seinem nackten Körper ein Kribbeln in meinem Inneren ausbreitete konnte ich schon lang nicht mehr unterdrücken... und dass ich gern mit ihm aufs Ganze gehen wollte, war mir ebenso schon lang bewusst.

Doch mir war auch bewusst, dass ich nicht wirklich etwas zu bieten hatte. Ich schüttelte den Kopf. Nein, das stimmte nicht. Ich war vielleicht klein, aber auch ich hatte einen passablen Körperbau vorzuweisen. Und Kageyama sagte mir immer wieder, wie schön er meine Haare fand (bei der Erinnerung daran, wie er mir das das letztes Mal gesagt hatte wurden meine Wangen ganz heiß).

Außerdem... saß ich in wenigen Wochen im Flieger auf dem Weg nach Brasilien. Und bis dahin... wollte ich gern auf die nächste Stufe mit ihm. Doch gleichzeitig hatte ich unglaubliche Angst davor, dass das alles zwischen uns ändern würde... und mich womöglich noch daran hindert zu gehen.

„Ihr habt noch eine halbe Stunde", rief die Lehrerin von vorn und ich zuckte so heftig zusammen, dass mein Kopf von meiner aufgestützten Hand rutschte. Ich schaute auf das Blatt vor mir und atmete tief durch. Dann probierte ich es nochmal.

Erörtern Sie folgende Aussage: „Schuluniformen an Schulen sollten abgeschafft werden."

Alles klar, dann versuchte ich mal mein Glück. Ich setzte den Stift an und begann zu schreiben.

Eine halbe Stunde später gab die Lehrerin ein Zeichen und sammelte unsere Blätter ein. Draußen wartete ich auf Kageyama und gemeinsam gingen wir in Richtung der Halle. „Wie liefs?", fragte er und ich zuckte mit den Schultern. „Ging so... ich konnte nicht wirklich viel bei der letzten Aufgabe schreiben", murrte ich und seufzte.

Kageyama beugte sich mit einem diabolischen Grinsen zu mir hinunter. „Wieso? Konntest dich wohl nicht konzentrieren?", fragte er und och spürte wie ich rot anlief. „Pah! Ich hab doch genau gesehen, dass du genauso wenig auf deinem Zettel stehen hattest", rief ich empört, doch er reckte nur das Kinn. „Ich weiß halt wie man sich kurz hält", sagte er nur und ich atmete nur genervt aus.

Wir liefen die Treppen zu unseren Umkleiden nach oben und öffneten die Tür. Wir waren wie immer die ersten und ich stellte meine Tasche in meinen Spind. Gedankenlos streifte ich mir mein Shirt über den Kopf und wollte mir gerade mein Trainingsshirt überwerfen, als Kageyama nach meiner Hand griff.

Ich schaute zu ihm hinauf und ich sah seinen dunklen Blick auf mir liegen. Ich musste schlucken und spürte seinen heißen Atem auf meinen Lippen, als er sich zu mir hinunter beugte.

Ich streckte mich ihm unbewusst entgegen und unsere Lippen überwanden die letzten Millimeter. Seine rauen Finger streichelten über meine Wangen und wanderten dann meinen Hals abwärts. Seine Berührungen hinterließen ein leichtes Kribbeln auf meiner Haut und ich seufzte ein wenig auf, streckte mich ihm entgegen und legte meine Arme um seinen Nacken um ihn näher zu ziehen.

Seine Hand wanderte ein wenig weiter nach unten, doch noch bevor sie in gefährlichere Gefilde kommen konnte, ertönten laute lachende Stimmen auf der Treppe und ließen uns auseinander fahren. Keine Sekunde zu früh, da ging die Tür auf und unser Capitän Yamaguchi kam gemeinsam mit den Zweitklässlern und Tsukishima hinein.

Sie verstummten, als sie uns sahen und mir war bewusst, dass unser zerwühltes Aussehen durchaus für sich sprach, was hier gerade passiert ist. Yamaguchi entschied sich nur wissend die Augenbrauen zu heben und grinsend zu seinem Spind zu gehen.

„Ich hoffe eure Prüfung lief gut?", fragte er und ich fuhr mit meiner Hand schnell durch meine Haare. „Hm", brummte Kageyama nur zustimmend und Tsukishima ließ ein leises Kichern vernehmen. Verdammt, mir konnte man einfach alles aus dem Gesicht ablesen. „Holt bitte schon einmal die Bälle raus und hängt das Netz auf", sagte Yamaguchi über seine Schulter und ich nickte stumm um seiner Bitte folge zu leisten.

He is my sunrise || Hinata x KageyamaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt