Ratschläge

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Hinata PoV

Kageyama murmelte unruhig im Schlaf, seine Augenbrauen waren zusammengezogen und er klammerte sich an die Bettdecke, wie ein Ertrinkender. Ich war ehrlich getroffen von der Art, wie er mich nach unserem Gespräch eindeutig abwies, doch wollte mir nicht wirklich einfallen, wie ich ihm umstimmen konnte.

Ich dachte, wir hätten das Thema um Oikawa nun endlich hinter uns gebracht, doch anscheinend beschäftigte es ihn immer noch so sehr, dass er regelrechte Komplexe gegenüber dem ehemaligen Kapitän entwickelt hatte.

Ich streckte meine Hand aus, um ihm eine Strähne aus den Augen zu streifen und strich mit meinem Finger zart über seine Stirn. Leise atmete er ein und aus und seine Sorgenfalte entspannte sich etwas.

Wie konnte ich ihn überzeugen, dass er allein mein Ein und Alles war? Oder war das etwas, was er mit sich ausmachen musste? Ich gab ihm vorsichtig einen kleinen Kuss auf die Nase und flüsterte: "Ich liebe dich. Und nur dich."

***

Als ich am nächsten Morgen erwachte, tastete ich zur Seite und griff in eine unangenehme Leere, sodass ich blinzelnd die Augen öffnete. Die andere Hälfte des Bettes war leer und mein Herz krampfte sich ein wenig schmerzhaft zusammen. Ich wusste, dass Kageyama vor allem nach einem Streit Zeit für sich brauchte, doch ich hätte nach unserer kurzen Diskussion gestern nicht gedacht, dass er heute früh flüchten würde.

Ich griff nach meinem Handy und sah eine Nachricht von ihm aufploppen.

Kageyama [09:53 Uhr]: Ich musste zum Morgentraining und habe dich schlafen lassen. Wir sehen uns heute Abend.

Die Nachricht entlockte mir ein kleines Lächeln. Ich tippte schnell eine Antwort und überlegte dann, was ich den Tag über machen sollte. Ich würde nur bis morgen früh hier sein können, bevor auch bei mir das Training wieder beginnen wird.

Ich raffte mich auf, zog mir meine Sportklamotten aus meinem Rucksack und entschied mich dazu, eine Runde laufen zu gehen, um meinen Kopf ein wenig frei zu bekommen. Doch nach einer Stunde Bewegung konnte mein wirbelndes Gedankenkarussell leider nicht zum Stillstand gebracht werden.

Frisch geduscht fischte ich wieder nach meinem Handy und wählte nach einer kurzen Überlegung einen Kontakt aus. Es tutete mehrmals, bevor eine verschlafene Stimme sich meldete. "Shoyo, was ist los? Ist was passiert?", fragte Kenma müde und ich musste unwillkürlich grinsen. Wahrscheinlich hatte ich ihn geradewegs aus dem Schlaf gerissen.

"Hey Kenma! Ich... wollte einfach mal fragen... wie es dir so geht?", fragte ich ihn unsicher und ich hörte es an der anderen Seite der Leitung rascheln. Eine weitere verschlafene Stimme gesellte sich dazu. "Kenma, was ist los?" Kuroos Stimme klang ganz rau und tief. Ich spürte, wie ich rosa anlief und schnell sagte: "Entschuldige, wenn ich euch gestört habe."

"Kuroo, lass mich los! Shoyo geht's nicht gut", murrte Kenma und ich hörte, wie er aus seinem Bett aufstand. "Ich hab noch gar nicht gesagt, dass etwas los ist", murmelte ich. Kenma seufzte und ein leises Quietschen verriet mir, dass er es sich auf seinem Schreibtischstuhl bequem gemacht hat.

"Aber leugnen tust du es auch nicht", sagte er und ich hörte ihn leise grinsen. Kenma wusste immer sofort, wie es mir ging, egal ob wir uns sahen oder nur hörten. Ich stöhnte verhalten auf und wischte mir über das Gesicht. "Jaah, du hast ja recht. Es geht um Kageyama", sagte ich.

"Um wen auch sonst", antwortete Kenma trocken und ich musste leicht kichern. Mich meinem besten Freund anzuvertrauen half mir ungemein weiter. Ich erzählte ihm von Kageyamas Eifersucht gegenüber Oikawa und meine Ratlosigkeit dem Thema gegenüber. Am Ende hatte ich fast eine halbe Stunde gesprochen, während Kenma und gelegentlich eine Rückfrage gestellt hatte oder ein zustimmendes "Hm" von sich gegeben hatte.

"Wie wäre es, wenn Oikawa mit ihm redet?", fragte er irgendwann und ich legte den Kopf leicht schief. "Wie soll das denn funktionieren? Und was soll das bringen?" - "Er kann ihm doch am besten klar machen, dass er nichts von dir will, oder? Hat er nicht jemanden, mit dem er zusammen ist?", erwiderte er und ich nickte. "Wir denken, es ist Iwaizumi, aber offiziell bekannt ist es nicht", antwortete ich.

"Sprich mit ihm. Vielleicht kann er Kageyama von diesem irrwitzigen Gedanken abbringen", sagte er aufmunternd. Ich dankte ihm, legte auf uns sah auf die Uhr. Kageyama würde bald heim kommen, doch ich wollte wenigstens kurz mit Oikawa gesprochen haben, bevor ich wieder auf ihn traf. Also wählte ich kurzer Hand seinen Kontakt aus und drückte auf die kleine Kamera.

Der Anruf wurde aufgebaut und nach einem kurzem Moment öffnete sich das Kamerabild der anderen Person. Oikawas Grinsen schien mir aus der Dunkelheit entgegen und ich sah, dass er im Bett lag.

"Shoyo, welch Ehre", rief er mir zu und ich sah, wie er es sich etwas bequemer machte und ein Gähnen unterdrückte. Ich hatte ganz vergessen, wie spät es bei ihm sein musste und bekam direkt ein schlechtes Gewissen. "Oikawa, tut mir leid, dich so spät zu stören. Vielleicht ruf ich dich später einfach an", sagte ich schnell, doch er schüttelte den Kopf und verschränkte einen Arm dahinter.

"Jetzt bin ich einmal wach. Was beschäftigt dich so sehr, dass du mich anrufst? Müsstest du dich nicht gerade mit Tobio durch seine gesamte Wohnung vö-" - "Sei still", unterbrach ich ihn und spürte, wie meine Wangen rosa anliefen.

"Ich muss dich um was bitten", sagte ich nervös und seine Miene wurde ebenfalls wieder ernst. "Was ist los?" Ich atmete tief durch und wiederholte nun auch Oikawa gegenüber mein Problem. Als ich geendet hatte, erwartete ich, dass er mich auslachen wird, doch er war ungewöhnlich ernst.

"Ich rede mit ihm. Ich verspreche dir, dass er danach nichts mehr sagen wird", sagte er und schaute mich eindringlich an. Verdutzt schaute ich in die Kamera. "Okaaay", sagte ich gedehnt, denn ich hätte nicht gedacht, dass er so schnell eine Lösung aus dem Hut zaubern könnte, doch er klang zuversichtlich. "Und wie willst du ihn überzeugen?", fragte ich und nun grinste er doch sein süffisantes Lächeln. "Geheimnis", antwortete er nur und wackelte mit den Augenbrauen.

"Mach dir keine Gedanken, Shoyo. Es wird alles wieder gut", sagte er und ich nickte schwer seufzend. "Ich wünschte, du wärst hier. Dann könnten wir die Sache direkt klären, ohne diese Geheimniskrämerei", erwiderte ich schmollend. Oikawa kicherte nur und gähnte dann wieder herzhaft. "Ich würde weiter schlafen, ist das okay?", fragte er und ich nickte schnell. "Natürlich! Gute Nacht, Oikawa und... danke", sagte ich und winkte in die Kamera.

Als der Bildschirm wieder schwarz wurde blickte ich nachdenklich zur Decke. Ich hoffte, Oikawa würde mir helfen können. Großartig Zeit darüber nachzudenken hatte ich nicht, da hörte ich, wie das Türschloss piepste und Kageyama die Wohnung betrat.

Schnell sprang ich auf und lief ihm entgegen. "Willkommen zurück", rief ich freudestrahlend und hoffte, dass er mir meine Sorgen nicht aus dem Gesicht ablas. Auch er hatte ein Lächeln aufgesetzt, doch ich sah sofort, dass es seine Augen nicht erreichte. "Hallo", antwortete er und gab mir einen kleinen Kuss. "Ich geh kurz duschen. Überleg dir doch, was wir essen könnten", sagte er und ich hielt ihn ein wenig fest.

"Wollen wir... vielleicht zusammen duschen?", fragte ich mutig und spürte, wie meine Wangen ganz warm wurden. Er schaute mich kurz an, ich sah, wie in seinen Augen eine gewisse Erregung aufflammte, doch dann legte sich ein grauer Schatten über sie und er schüttelte den Kopf. "Ich mach schnell, dann können wir direkt essen", antwortete er hastig und verschwand ohne ein weiteres Wort im Badezimmer.

He is my sunrise || Hinata x KageyamaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt