Kapitel 11

36 4 1
                                    

„Meine Damen und Herren, wir haben eine Durchsage für die Passagiere British Airways BA2711 von London Gatwick. Mr." Der Sprecher hatte mit seinem schweren italienischen Akzent hörbar Mühe, den Namen auszusprechen, „Coventry Climax. Mr. Coventry Climax wird in Stop and Go Parking Area gebeten, sein Fahrer wartet dort auf ihn. Mr. Coventry Climax bitte!"

„Du hast aber eine verdächtig heitere Laune heute. Muss ich mir Sorgen machen?"

Mini streckte ihren Kopf aus dem Seitenfenster des Mustangs. „Aber nicht doch, Mr. Climax. Ich habe allen Grund zu Lachen. Die Sonne scheint, wir sind in Italien und es ist das Wochenende, an dem ich endlich mein erstes Rennen der Saison gewinnen werde. Also pack deine Sachen in den Kofferraum und steig ein, wir haben einen weiten Weg vor uns."

Minis gute Stimmung kam nicht von irgendwoher. Beim letzten Rennen in Gorjanci war er es für sie akzeptabel gelaufen, obwohl sie die Strecke nicht allzu sehr mochte. Sie hatte sie ihren ersten Podiumsplatz erobern können, zwar wieder ihre inzwischen gewohnten paar Zehntel hinter RJ, aber sie war mit ihrer Leistung fast zufrieden. Die Strecke von Trento auf den 1.650 Meter hohen Monte Bondone war mit mehr als 17 km die längste im Kalender, so lang, dass das Rennen in nur einem einzigen Durchgang ausgetragen wurde. Der Kurs war legendär schwierig und aufregend zugleich. Im letzten Jahr hatte sie sich hier mit einem überlegenen Sieg die Führung in der Meisterschaft geholt.

Nach ihren Testfahrten am Red Bull Ring war sie überzeugt, dass der Kurs ihren Autos in diesem Jahr mehr noch als ihrem PS-starken Lancia liegen würde. Die Formelwagen waren zwar nicht auf Höchstgeschwindigkeit ausgelegt, aber dafür klein und wendig und würden diese Vorzüge auf der engen Straßen mit ihren berüchtigten vierzig Spitzkehren voll ausspielen können. So war sie mit einem Hochgefühl nach Italien gereist. Hier würde es dem Team ausgezeichnet gehen, das spürte sie.

„Willst du nicht aussteigen und mir helfen? Deine Leistung als Chauffeurin lässt mal wieder zu wünschen übrig."

„Du meinst, ich soll aus dem Auto aussteigen, während zufällig der kontaktlose Zündschlüssel auf der Mittelkonsole liegt? Netter Versuch."

„War es aber wert." RJ glitt neben ihr in den Beifahrersitz. „Ich bin etwas enttäuscht, dass du mich bei dem Traumwetter mit dem Mustang und nicht dem Alfa abholst. Das Auto ist doch prädestiniert für den italienischen Sommer.

Sie schüttelte den Kopf und startete den Motor. „Die Strecke über den Brenner wäre schon etwas weit gewesen. Obwohl ich auch lieber ein Cabrio hätte. Aber wir sind nicht zum Spaß hier."

„Willst du wirklich gleich nach Trento fahren?"

Sie drehte den Kopf kurz in seine Richtung, bevor sie ihre Konzentration wieder auf die Straße richtete. „Wo sollte ich sonst hinwollen?", fragte sie verwirrt.

„Du hast auch keinen romantischen Knochen in deinem Körper. Schau doch mal, vor uns liegt Verona. Du könntest dich auf der Casa di Gulietta auf den Balkon stellen und ich schreie dir einen Monolog nach oben."

Mini schnaubte. „Du weißt schon, dass das eine reine Touristenfalle ist, oder? Den Balkon gab es zu Zeiten deines Landsmannes gar nicht, den haben die irgendwann mal für die zahlungskräftigen Literaturfans gebaut."

„Wie gesagt, kein romantischer Knochen. Wenn schon die leidenschaftlichste Romanze der Geschichte dein steinernes Herz nicht bewegt, wie wäre es mit einem Ausflug zum Gardasee? Wir könnten dort nett am Seeufer essen und sind sicherlich bis zur Fahrerbesprechung wieder an der Strecke. Den Check-in hast du Streberin, wo wie ich dich kenne, wie immer als erste in der Früh erledigt und die Strecke bist du zigmal mit dem Mustang abgefahren, bevor du hierhergekommen bist."

MonopostoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt