Kapitel 14

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Die Bahn fuhr in die Haltestelle und ich stieg mit den anderen ein.
„Sucht euch einen Sitzplatz und verhaltet euch unauffällig.", zischte ich ihnen zu. Wir setzten uns in zwei Viererplätze und sah mich nervös um.
Mich überkam sogar meine alte, schlechte Angewohnheit und ich begann an meinen Fingernägeln zu kauen.

„Du bist gerade diejenige, die sich auffällig benimmt.", flüsterte mir Levi zu, der gegenüber von mir saß und sofort nahm ich meine Finger von meinem Mund.

Hanji, die neben mir saß, legte ihre Hand auf meinen Oberschenkel, beugte sich zu mir und flüsterte so leise wie möglich:
„Wie bewegen sich diese Fahrzeuge?"

„Strom.", antwortete ich knapp, denn mehr wusste ich im Grunde auch nicht.

„Strom? Was ist das?"

„Kannst du nachher Googlen."

„Ich kann was?"

„Zeige ich dir zu Hause, Hanji.", versuchte ich sie zu vertrösten, doch ich merkte, wie ihr noch viel mehr auf der Seele brannte.
Ich hörte, wie sie noch etwas sagte, doch am anderen Ende der Bahn entdeckte ich einen Fahrkartenkontrolleur.
Na, ganz klasse.

„Wir steigen aus. Stellt euch an die Türen."
Wir hätten noch zwei weitere Haltestellen fahren müssen, doch ich wollte nicht beim Schwarzfahren erwischt werden.
Wir stellten uns an die Türen und ich sah, wie der Kontrolleur näherkam. Er schien bemerkt zu haben, dass wir bei seinem Anblick die Flucht ergriffen und er kam geradewegs auf uns zu.

Die Bahn hielt und die Türen öffneten sich.
„Schnell. Raus."

Ich sah noch, wie der Kontrolleur ein wenig verärgert dreinblickte, doch er ließ uns ziehen. Ich atmete erleichtert durch.

„War er ein Feind?", fragte mich Levi und beinahe hätte ich laut aufgelacht.

„Nicht wirklich. Wir hätten uns Fahrkarten kaufen müssen, um mit der Bahn fahren zu dürfen. Ich hatte aber kein Geld, also auch keine Karten. Er hat kontrolliert, ob alle Passagiere ein Ticket hatten und für diejenigen, die keines haben, gibt es eine Geldstrafe, die ich umgehen wollte.", versuchte ich einigermaßen verständlich zu erklären.
„Diese Welt ist anders als eure. Wir haben keine direkten Feinde. Natürlich haben wir auch eine Bundeswehr und Soldaten, doch diese sind eher wie eure Militärpolizei."

„Also ist es eine friedliche Welt?", dieses Mal war es Armin und ich lächelte ein wenig, als ich seine strahlenden Augen huschte mir ein Lächeln auf die Lippen.

„Ja und Nein. Auch in dieser Welt herrschen Kriege, Hunger und Tode. Allerdings leben wir hier in einem friedlichen Teil der Erde. Hier sind wir sicher und wohl behütet."
Und einsam. Doch das verkniff ich mir.

Wir waren ungefähr eine halbe Stunde unterwegs, als ich mein Haus bereits in der Ferne sah.
„Da ist es.", teilte ich den anderen mit.

„Wow. Das ist echt riesig!", sagte Eren, als wir davorstanden. Ich ging zielsicher zu den weißen Steinen, die um das Haus lagen. Ich nahm mir eines der Steine, von dem ich wusste, dass es ein Versteck war. Ich öffnete den Stein und holte mir meinen Ersatzschlüssel heraus.

Ich drängte mich an den anderen vorbei und öffnete die Haustür. Im Flur schaltete ich das Licht ein und es war ein merkwürdiges Gefühl, wieder zu Hause zu sein.
Ich zog meine Schuhe aus, legte das Cape mit dem 3DM auf den Boden und ging weiter hinein. Ich hörte, wie die anderen etwas sagten, doch war mit meinen Gedanken versunken.

Überall lag Staub und als ich die Küche betrat, entdeckte ich meine Tasse Tee, die ich mir in der Nacht gemacht hatte, als ich Levi das erste Mal getroffen hatte.
Wieviel Zeit war seitdem vergangen?

Ich hörte, wie der Kühlschrank geöffnet wurde und sowohl Sasha als auch Hanji begeistert hineinsahen.
„Sasha. Das meiste wird mittlerweile verdorben sein. Iss nichts davon.", warnte ich sie vor, doch ich war mir nicht sicher, ob sie sich zusammenreißen konnte.

Ich ging ins Wohnzimmer und bevor ich das Licht einschalten konnte, sprang mir das Telefon ins Auge, dass mir 34 Nachrichten auf dem Anrufbeantworter anzeigte.

Ich wusste nicht, was mich erwartete, also ging ich so langsam wie möglich zu dem Sessel, der neben dem Telefon stand. Ich drückte auf die Play Taste und starrte in die Dunkelheit hinein.

Die erste Nachricht war von meinem Chef. Ich arbeitete nebenbei in einer Bar, damit ich behaupten könnte, ich hätte soziale Kontakte.
Auch die nächsten Nachrichten waren scheinbar von ihm. Und so wie es klang, war ich den Job los.

Dann kamen Nachrichten von meinem Lektor, der sich erkundigen wollte, wie ich mit meinem neuen Buch vorankommen würde und er gerne beim nächsten Termin ein Blick drauf werfen wollte.
Diese Nachricht war vor zwei Wochen.

Die 34. Nachricht war von meiner Mutter. Sie fragte, wie es mir ginge. 57 Tage. So lange hatte sie gebraucht, bis ihr aufgefallen war, dass ich verschwunden war. Wobei ich mir nicht sicher war, ob sie es gemerkt hatte. Ihr war nicht aufgefallen, dass ich nicht einmal die Woche angerufen hatte. Sie hatte keine Fotos und keine Nachrichten von mir bekommen. Zwei Monate lang. Und sie fragte lediglich, wie es mir ginge. Da war keine Sorge.
Ich hätte hier tot liegen können und es wäre ihr nicht aufgefallen.

Ich lehnte mich in den Sessel zurück und spürte diese Leere, die ich immer fühlte. Die diese Welt mit sich brachte. Eine Welt, in der jeder nur an sich dachte.
Diese Leere hatte aufgehört, als ich in die Welt von Levi getaucht war. Dort war ich nie allein oder einsam.
Doch kaum betrat ich mein eigenes Leben, war ich einsam.

Ich kam erst aus meinen Gedanken, als Levis Gesicht vor meinem auftauchte. Er legte seine Hand auf meine Beine und streichelte sie sanft.
Er schien die Nachrichten gehört zu haben, doch er würde nicht begreifen können, was sie mit mir machten.

Ich sah in die grauen Augen und spürte seine Finger sanft über meine Oberschenkel gleiten. Plötzlich wurde mir klar, dass, egal wie er sich die letzten zwei Monate benommen hatte, immer an meiner Seite war.
Er hatte mich, auf seine eigene, verkorkste Art beschützt und mich niemals allein gelassen.

Ich legte meine Hand auf seine und sofort umfasste er sie und führte sie an seine Lippen. Ich wusste nicht, ob ich auf seine Lippen oder seine Augen schauen sollte, die mich fixierten und eine unglaubliche Hitze stieg in mir auf.

Ein Räuspern riss mich aus meiner Trance und auch Levi löste seine Lippen von meiner Hand, doch ließ sie nicht los.

„Ich will ja nicht stören-", fing Armin an, wurde von Levi aber sofort unterbrochen.

„Dann lass es."

„Shorty.", ging Hanji ihn an.
„Sucht euch einfach ein Zimmer."

Das war mein Stichwort. Wie von einer Tarantel gestochen sprang ich auf.
„Ich werde eure Betten fertig machen. Ich habe ein Gästezimmer, wo zwei schlafen können und das Sofa ist ausziehbar, sodass da auch zwei übernachten können."
Ich überging die Tatsache, dass die fünfte Person, Levi, bei mir schlafen würde.

„Ich mache euch den Fernseher so lange an. Da kann man verschiedene Menschen sehen, die in Serien oder Filmen ihre Schauspielerischen-"

Ich hatte beim Reden den Fernseher bereits eingeschaltet und wechselte die Sender, als ich an einem Kanal stieß, der die regionalen Nachrichten zeigten. Sie zeigten eine Eilmeldung, bei der ein riesiges Ungeheuer sein Unwesen nur wenige Kilometer von hier trieb.
Es gab Bilder, wie dieses Wesen Menschen in die Hand nahm und zu seinem Mund führte. Polizisten, die versuchten es zu töten, dabei aber selbst starben.

Geschockt starrten wir alle auf den Titanen im Fernseher, der sich in unsere Welt verirrt hatte...


Levi x Reader~ Jumper~ // ABGESCHLOSSEN//Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt