Kapitel 20

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Ich unterdrückte mein Schluchzen, doch meine Tränen konnte ich nicht verhindern. Irgendwann, es musste schon weit nach Mitternacht sein, hörte ich, wie die Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde.
Levi kam ins Bett. Ich hatte den Rücken zu ihm gedreht, doch ich spürte, wie er seinen Arm um mich legte und mich näher ran zog.

„Du hast ja recht.", flüsterte er leise.
„Ich musste mein Leben lang nur kämpfen und ich weiß nicht, ob ich es schaffe ein Leben als Zivilist zu führen. Ich kann mich an diesen Gedanken einfach nicht gewöhnen."

Ich wartete eine ganze Weile, doch er sagte nichts mehr. Irgendwann drehte ich mich zu ihm um und auch wenn es dunkel war, sah ich durch den Mondschein, der ins Zimmer strahlte, seine Gesichtszüge.
Ich strich mit einem Finger über seine Wangen, die so schön aussahen.

„Ich weiß.", flüsterte ich leise.
„Es tut mir auch leid, dass ich dich so angegangen habe. Auch ich denke an deine Welt und wie sie ohne dich überleben sollen."

Er lachte leise und wischte mir die Tränen von der Wange.
Eine ganze Weile sagte niemand etwas von uns, er streichelte mein Gesicht und ich sah ihn schweigend an.

„Ich weiß nur nicht, wie ich ohne dich leben kann.", flüsterte er in die Dunkelheit und sofort schossen mir wieder die Tränen in die Augen.
„Ich wollte noch nie jemanden so bei mir haben, wie dich. Und als ich dich heute mit dem Typen gesehen habe, war ich blind vor Wut. Den ganzen Tag habe ich darüber nachgedacht, ob es nicht besser wäre, wenn du hier dein gewohntes Leben führen würdest. Doch der Gedanke schmerzt."

„Wir werden einen Weg finden.", hauchte ich. Im Grunde müsste ich hier alles aufgeben. Meine Familie hinter mir lassen, die sich sowieso nicht interessierten. Mein Traum als Autorin vergessen und dafür menschenfressende Wesen töten. Aber dafür bei Levi sein und hoffen, dass wir beide lang genug Leben würden, um eine Zukunft zu haben.

„Es wäre egoistisch von mir, von dir zu verlangen, dass du mit mir kommst, wenn sich die Chance ergibt."
Ich hörte an seiner Stimme, wie sehr er es sich wünschte, doch ich war nicht dazu in der Lage ihm eine Antwort zu geben. Auch wenn ich nicht lange dort gelebt habe, wusste ich, wie grausam diese Welt war. Wie viele Menschen gestorben waren und wie die Menschen es ihnen dankten, dass sie ihr Leben opferten, um sie zu schützen.

Statt ihm eine Antwort darauf zu geben, erhob ich mich, setzte mich auf seinen Schoß, um mich dann runterzubeugen und ihn zu küssen.
Er ging sofort drauf ein und legte seine Hände auf meine Hüfte. Ich versuchte ihn spüren zu lassen, wie stark ich für ihn empfand und dass auch ich mir keine Zukunft ohne ihn vorstellen wollte.
Wir küssten uns eine ganze Weile, doch irgendwann schob er mich von sich.

„Was meintest du eigentlich mit Petra?"
Ich konnte mir ein genervtes Stöhnen nicht unterdrücken. Ich rollte mich von ihm, schnappte mir eines der Kissen und schmiss es ihn an den Kopf.

„Vergiss es.", brummte ich und drehte mich wieder von ihm weg.

Ich hörte ihn leise lachen, dann robbte er sich an mich und fing an meinen Hals zu küssen.
„Warst du eifersüchtig?"

„Nein."
Doch wir beide wussten, dass das gelogen war.

„Brauchst du nicht. Weder auf Petra noch auf Isabel."

„Du musst nicht über sie reden-", fing ich an, doch er legte mir einen Finger auf meine Lippen, damit ich ruhig war.

„Isabel war wie meine Schwester für mich. Wir lebten zusammen mit Farlan zusammen." Er erzählte mir von seinem Leben. Von seiner Mutter, die in einem Bordell starb, von Kenny, der ihn großgezogen hatte. Von Isabel und Farlan, die seine Familie waren und wie er schließlich von Erwin aufgenommen wurde und wie die zwei starben.

Während er erzählte, spürte ich, wie mir die Tränen über meine Wangen liefen, die er mir weg wischte.
„Ich könnte es nicht ertragen, dich auch noch zu verlieren."
Seine Stimme war zittrig und ich wollte nichts weiter, als dass er glücklich war. Denn wenn es einen Menschen gab, der etwas Glück verdient hatte, dann war es Levi.
Auch wenn er manchmal ein riesiges Arschloch war, so hatte ich erkannt, dass er das nur tat, um andere zu schützen.

Ich nahm meine Position von eben wieder ein und küsste ihn wieder. Ich ließ meine Tränen frei laufen, doch als ich seine Hände über meinen Körper wandern ließ, wusste ich, dass ich nicht hätte glücklicher sein können.

Wir drehten uns, ohne den Kuss zu unterbrechen. Er lag über mir und ich griff mit meiner Hand in seine Haare.
Seine Hände glitten unruhig über meine Haut, was mich wahnsinnig machte. Sein Knie drückte sich gegen meinen Schritt, was mich aufstöhnen ließ.

Ich setzte mich etwas auf und Levi ergriff mein Shirt, als uns ein lauter Knall erstarren ließ. Wir stoppten unsere Bewegungen und hörten, wie unten Unruhe ausbrach.
„LEVIIIII!", hörten wir Hanji brüllen.


Wir sahen uns an und ich merkte, wie angepisst Levi war, dass wir unterbrochen wurden.
„Wehe das ist nicht wichtig."

Levi erhob sich und ging in den Flur. Ich wollte ihm folgen, doch eine Bewegung, die vor meinem Fenster war, ließ mich innehalten.
Mein Gehirn brauchte einen Moment, bis er es realisierte, doch dann wusste ich, dass ich sofort reagieren musste.

Ich rannte hinunter und wie ich bereits vermutet hatte, waren alle in voller Kampfmontur gekleidet. Auch Levi schnallte sich gerade das 3DM ein.

„Zieh dich an. Ein neues Tor hat sich geöffnet."

„Ich weiß.", nuschelte ich. Auch ich nahm mir meine Waffen und zog sie an. Das Tor war im unteren Badezimmer geöffnet und ich sah schon, wie Eren als erstes hindurch ging und Armin sich ebenfalls bereit machte.

Ich überlegte, ob ich das, was ich gesehen hatte, einfach ignorieren sollte. Es könnte mir einfach egal sein. Ich könnte egoistisch sein und tun, was ich für richtig hielt.

Auch Armin und Sasha waren schon durchs Tor. Hanji machte sich gerade bereit und Levi griff nach meiner Hand, doch ich umfasste sie nicht.

Wieder sammelten sich Tränen in meinen Augen. So viel geweint, wie heute hatte ich glaube ich, noch nie in meinem Leben.
Levi sah mich an und wollte wieder meine Hand nehmen, doch ich schüttelte den Kopf.

„Da draußen ist ein Titan!", erklärte ich ihm. Er schien einen Moment darüber nachzudenken und wollte schon rausstürmen, doch ich hielt ihn auf.

„Nein!"
Er sah mich entsetzt an und es fiel mir schwer, nicht doch einfach durch dieses Tor zu rennen.
„Wir wissen nicht, wie lange das Tor noch offenbleibt. Deine Welt braucht dich, Levi. Ich töte den Titan und wenn es noch offen ist, komme ich hinterher. Versprochen!"

Ich sah Levi an, dass er mit dem Gedanken nicht zufrieden war, doch wenn ich meine Welt schützen wollte, musste ich mich jetzt von ihm trennen.

„LEVI!", rief Hanji und wir sahen, dass das Tor schwächer wurde.

Er umfasste mein Gesicht, drückte mir ein Kuss auf und lehnte dann seine Stirn gegen meine.
„Ich werde dich holen. Ich verspreche es."

Er wurde von mir weggerissen und ich sah, wie er mit Hanji durchs Tor glitt. Für einen Moment starrte ich auf die Stelle, wo er eben noch gestanden hatte, doch dann dachte ich an meine Mission. Ich verdeckte mein Gesicht mit der Maske, rannte auf die Straße und auf den Titanen zu.

Im Kopf hatte ich die gesamte Zeit über seine Worte. Er hatte versprochen mich zu holen.

Als ich wieder ins Haus zurück kehrte und sah, dass kein Tor mehr existierte, bereitete sich wieder meine gewohnte Leere in mir.
Mit einem kleinen Funken. Sein Versprechen.

Ich rief es mir jeden Abend, wenn ich mich ins Bett legte ins Gedächtnis. Er würde mich holen. Ich müsste nur geduldig warten.
Dann wäre meine Einsamkeit verschwunden und ich wäre wieder bei ihm.

‚Ich werde dich holen.'
Das hatte er gesagt und ich hörte diesen Satz immer und immer wieder.

Auch Wochen später als ich im Badezimmer saß und mir den Test genauer ansah, der mir vermittelte, dass ich schwanger war.

‚Ich werde dich holen.'
Ich dachte an diesen Satz, als ich mir die Ultraschallbilder ansah.

Ich musste nur warten, dann würde er mich holen...


Levi x Reader~ Jumper~ // ABGESCHLOSSEN//Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt