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Nachdenklich laufe ich in seinem Zimmer herum und sehe mich um, doch gerade streiche ich mit meinen Fingerspitzen über einige seiner Bücher.

"Wissen deine Eltern, dass du bei mir bist?", spricht er nun das erste Mal, seit ungefähr zwanzig Minuten von Stille.

Seit Arthur diese Sachen gesagt hat, war Ashton total still und nachdenklich, doch wen wundert das auch?

Ich wäre wahrscheinlich genauso drauf.

"Nicht wirklich. Ich bin gestern beim Essen einfach losgestürmt, weil ich unbedingt mit dir reden wollte. Heute Morgen habe ich Mom geschrieben, dass ich noch nicht genau weiß, wann ich nach Hause komme und sie fand es in Ordnung", erkläre ich ihm und nehme dabei dasselbe Buch aus dem Regal, dass ich letztens herausgenommen hatte und dabei den Brief gefunden habe.

"Du, hör mal", beginne ich nervös und lasse meine Augen immer und immer wieder über das Buch wandern, doch ich weiß einfach nicht, was und wie ich es sagen soll, also bekomme ich kein Wort heraus.

"Wenn du schon anfängst, dann sprich auch zu Ende. Oder lass es ganz bleiben", sagt er in einem kühlen Ton, doch als ich über meine Schulter hinweg zu ihm blicke, sitzt er lächelnd auf seinem Bett und sieht auf sein Handy.

"Wegen des Anrufes deiner Schwester", sage ich nun und schiebe das Buch wieder zurück ins Regal, ehe ich mich umdrehe und zum Bett laufe.

Ich zögere, doch dann lasse ich mich einfach auf ihn fallen, sodass er seine Arme hebt und ich mich ordentlich hinsetzen kann, bis ich mit dem Rücken an seiner Brust lehne.

"Mach dir darüber mal keine Gedanken. Ich werde dich ganz sicherlich nicht mit zu meiner Familie nehmen", sagt er und legt dabei seine Arme auf meinem Körper ab, sodass ich jetzt auch auf sein Handy blicken und erkennen kann, dass er mit Mace schreibt.

Die Art, wie ernst er es sagt, lässt mich irgendwie schlecht fühlen, so als sei ich es nicht wert, seiner Familie vorgestellt zu werden.

"Diese Leute haben meiner Meinung nach kein Recht, dich überhaupt ansehen zu dürfen", fügt er dann noch hinzu, so als hätte er meine Gedanken gelesen und schon beginnt mein Herz wieder zu rasen.

Ich brauche wirklich einen verdammt langen Moment, bis ich den kleinen Knopf an der Seite seines Handys drücke und der Bildschirm somit sofort schwarz wird.

Dann lehne ich mich weiter zurück und lege meinen Hinterkopf direkt an seine Schultern, ehe ich zögerlich zu ihm aufsehe.

"Den ersten Feiertag verbringe ich mit meinen Eltern, aber danach hätte ich Zeit", sage ich ziemlich leise und zurückhaltend.

Als er dann verdammt überrascht zu mir heruntersieht, blickt er mich mit großen Augen an.

"Du willst mit meiner Familie Weihnachten verbringen?", fragt er weiterhin überrascht, was die ganze Situation für mich unglaublich peinlich macht.

Langsam sehe ich wieder geradeaus, doch schon legt er mir sanft die Hand an mein Kinn und schiebt mein Gesicht wieder in seine Richtung, weshalb ich ihm nun wieder in die Augen sehen muss.

"Naja", beginne ich und suche nach passenden Erklärungen.

"Ich bin dank Tvyla dazu gezwungen, Thanksgiving und Weihnachten mit meiner richtigen Familie zu verbringen, da Mom sie schon alle mit eingeplant hat. Jetzt wo ich gerade so darüber nachdenke, hast du letztes Jahr Thanksgiving doch auch bei uns verbracht, oder? Machst du das dieses Jahr auch wieder?", frage ich ihn jetzt und hoffe, dass er nicht bemerkt hat, wie gekonnt ich seiner Frage ausgewichen bin.

"Nach der Sache mit dir, wird Tyron das sicherlich nicht gutheißen. Und was willst du deinen Eltern erklären, warum ich bei euch bin, obwohl ich mit Ty auf Kriegsfuß stehe?", fragt er soeben und streicht mit dem Daumen sanft über meine Wange.

Mein Herz beginnt wieder zu rasen und in meinem Bauch beginnen die Schmetterlinge wie wild umher zu flattern.

"Ich könnte dich als meinen Freund vorstellen", sage ich und löse mein Gesicht wieder aus seiner Hand, doch dieses Mal macht er keine Anstalten, es zu verhindern, oder rückgängig zu machen.

Einige Momente bleibt es so still, dass es schon unfassbar unangenehm ist, hier überhaupt mit ihm zu sitzen.

"Das würdest du wollen?", fragt er dann leise, was mich wirklich stört, weil er es so sagt, als hätte er die Zuneigung einer anderen Person nicht verdient.

"Willst du es denn?", frage ich und beginne nervös an meinen Fingern herumzuziehen.

"Was ich will, ist gerade mehr als egal, Madelyn", sagt er ernst, was mir nun doch etwas Angst ein jagt.

Dann jedoch, nehme ich all meinen Mut zusammen, drehe mich so um, dass ich inzwischen auf ihm liege und lege meine Wange auf seine Brust, ehe ich meine Arme um seinen Körper schlinge.

"Die Sache mit dem Brief, war mehr als nur falsch, aber ich sehe ein, dass du mich nur vor der Wahrheit beschützen wolltest, so wie Rick es getan hat. Von mir war es überhaupt nicht in Ordnung, dich vor Tyron und James so bloßzustellen, dass du jetzt mit den beiden Streit hast und das tut mir unfassbar leid", beginne ich leise und spüre nun, wie er sein Handy vollkommen bei Seite legt und seine Hand sanft in das Shirt schiebt, welches ich trage, ehe er an meinem Rücken kleine Kreise auf die Haut malt.

Das hat er damals schon gemacht und irgendwie habe ich es vermisst.

Be my SalvationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt