Nerven aus Stahl- Nacken aus Gummi

1K 24 3
                                    

Jeder kennt es- Arbeit, Uni, Liebeskummer, Stress mit der Familie, finanzielle Sorgen. Normalerweise durchlebt man diese Dinge oft nur vereinzelt und nicht gleichzeitig. Bei mir ist dies jedoch anders- ich lebe im Dauerstress mit allen Dingen gleichzeitig.
Wieder einmal plagt mich ein absoluter Schlafmangel. Wieder einmal hetze ich von A nach B. Wieder einmal komme ich selber zu kurz.

Ich bemühe mich nach meiner Vorlesung die Nachtschicht unbeschadet zu überstehen.
Check, geschafft. Folgen 3 Vorlesungen. Check, auch geschafft. Mission Einkaufen. Check, erledigt.
Naja und dann muss der Einkauf noch nach Hause.
Wäre da nicht diese eine Kreuzung - meine Gedanken hängen noch in der Uni, mein Kopf checkt den Kontostand und mein Hirn versucht das Chaos zu ordnen. Aber Moment, wer kümmert sich ums Auto fahren und die grade rot werdende Ampel?
Richtig - niemand!

Und somit hänge ich mit meinem Auto grade über der Haltelinie der roten Ampel. Leider erkannte mein Nachfolger auch die Situation zu spät und klebt mir prächtig auf meiner Stoßstange.
Der durchlebte Rumps zieht mir vom Nacken bis hinunter zu den Zehen.

Mein Unfallgegner erkundigt sich umgehend nach meinem Wohlergehen „ach halb so wild, lassen Sie uns flott die Personalien tauschen und dann regelt das unsere Versicherung.", entgegne ich, schließlich stehe ich ja permanent unter Zeitdruck und muss dringend nach Hause die Einkäufe ausräumen.
Meine kleine Knutschkugel scheint noch fahrtüchtig, zwar ist der hintere Part ziemlich eingedrückt, jedoch scheint noch alles dran zu sein.

Zuhause angekommen nehmen die Kopf- und Nackenschmerzen zwar zu, aber ich bleibe taff.
Die Einkäufe sind schnell einsortiert. Mein Laptop aufgestellt und das Buch geöffnet.
Ich freue mich auf den Abend, Phil und ich hatten uns vorgenommen einen Film zu schauen und zu kuscheln.

Ruckzuck ist es 18:00 Uhr und unsere Haustür beamt mich weg von den vielen Buchstaben in die Realität. Mein Nacken bringt mich wortwörtlich um. Meinen Kopf bewegen kann ich aktuell leider gar nicht mehr.
Phil schaut mich umgehend skeptisch an.
"Ist alles gut bei dir? Du bist sehr blass und wirkst unglaublich müde?".
"Alles gut, ich brauch nur ein Glas Cola und eine schnelle Dusche. Der Tag war einfach anstrengend. Kannst du dich schon mal um unsere Snacks kümmern? Im Kühlschrank ist schon einiges vorbereitet."

Unter der Dusche überkommt mich ein derber Schwindel. Meine Beine sind wacklig und die Schmerzen nehmen immer wieder zu. Aber ich bin ja kein Weichei, Augen zu und durch.
Grade als mir das heiße Wasser über den Nacken rinnt stürmt Phil vollkommen aufgebracht ins Bad.
"Sag mal, wie sieht deine Knutschkugel aus?! Hattest du einen Unfall?!".
Ich bin etwas perplex, aber bestätige ihm seine Vermutung und erzähle von dem Geschehenen.

Und Zack meine Nerven aus Stahl bleiben bestehen, mein Körper zeigt sich jedoch sehr flexibel und somit lande ich auf dem Boden.
Nach kurzer Zeit erwache ich aus dem Dunkeln.
"Hey Schatz, alles gut. Oli und Franco kommen gleich. Du hattest heute morgen einen Unfall. Ich passe auf dich auf."

Kaum beruhigte Phil mich mit diesen Worten stürmten besagte Rettungskräfte in unser Badezimmer.

Ich bin unglaublich dankbar, dass mein Freund mir geistesgegenwärtig noch meinen Bademantel anzieht. Meine Mitbewohner brauchen schließlich nicht alles von mir im Detail kennen.

Erneut hatte ich nun also das Vergnügen eine Zwangspause einlegen zu müssen. Natürlich unter ständiger ärztlicher Überwachung.
So verbrachte ich die nächsten 24 Stunden in der Klinik und die nächsten fünf Tage auf dem heimischen Sofa.

Diagnose Tollpatsch mit Symptom Dickkopf - ShortStoriesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt