Kapitel 1

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Mit schlürfenden Schritten ging ich hoch auf die Tribüne für die Zuschauer, von wo aus ich das Training beobachten wollte. Meine Mutter hatte ich überreden können, mich in die Schule zu lassen, da ich nicht allzu krank war. Am Ende war sie sogar sehr froh gewesen, dass ich so fleißig sei und keine Schule verpassen wollte. Ich hatte sie nicht korrigiert. 

Doch als Suga mich gesehen hatte, hatte er mich sofort weggeschickt. Er war der Meinung, dass ich so nicht beim Volleyball-training mitmachen konnte. Ich hustete tief und schmerzhaft. Er hatte ja recht. 

Etwas wehleidig beobachtete ich jetzt die anderen, die sich gerade aufwärmten, von oben. Zu gerne wäre ich dabei gewesen, aber als ich Sugas rhythmische Rufe hörte, konnte ich mich wenigstens ein bisschen entspannen. Ich war mir sicher, dass Sugawara mir eine würdige Vertretung war, denn auf ihn konnte ich mich verlassen. Und als ich ihn so sah, wie er mit den anderen sprach, wurde mir wieder einmal klar, dass er genauso gut Kapitän hätte werden können wie ich. Doch dafür war er viel zu bescheiden. 

Mittlerweile waren sie sogar schon zum richtigen Training übergegangen. Obwohl ich versuchte, alle meine Spielkameraden zu beobachten und ihren Leistungsstand abzuchecken, blieb mein Blick doch immer wieder an einer Person hängen. 

Ich liebte es, Sugas fließende Bewegungen zu beobachten und zu sehen, wie er mit den anderen harmonierte. Als wäre er durch unsichtbare Bänder mit ihnen verbunden. 

Als sie die Annahmen übten, fiel mir wieder mal Hinata auf. Er hatte große Schwierigkeiten, die Annahmen richtig zu lernen und obwohl ich ihm deshalb nicht böse war, schrie ich nun runter: "Hinata, beweg deine Beine, verdammt! Wie oft soll man dir das noch sagen?" Naja, schreien war ein bisschen übertrieben. Eher krächzte ich, da meine Stimme ziemlich im Arsch war. 

"Hey Sawamura! Klappe da oben! Das ist mein Job!", rief Ukai sofort zu mir hoch. "Ruh du dich lieber aus." 

Erstaunt schaute ich ihn an. Manchmal vergaß ich einfach, dass wir jetzt wieder einen richtigen Trainer hatten, da ich es eher gewöhnt war, dass Training selbst zu leiten. Beschämt ließ ich mich nach hinten auf den Sitz fallen und hoffte nur, dass niemand gesehen hatte, wie rot ich geworden war. Verdammt Daichi, was ist nur los mit dir? Wirst du jetzt zur halben Portion so wie Asahi?, dachte ich nur wütend über mich selber. 

Den Rest der Stunde schaute ich stumm zu, ohne recht viel mitzubekommen. Vielleicht war ich sogar eingeschlafen, denn als ich mich das nächste Mal umschaute, stand Suga plötzlich vor mir. 

Er lächelte warmherzig und mein Herz schien einen ungesunden Hüpfer zu machen. 

"Wie geht's dir?", fragte er und setzte sich neben mich. 

"Alles gut. Mir geht's bestens" Verlegen kratzte ich mich am Kopf, da ich mir nun immer sicherer wurde, dass ich geschlafen haben musste. Was war in den letzten 20 Minuten des Trainings passiert? Ich könnte mich nicht erinnern. 

Suga lachte. "Super. Ich wollte fragen…", begann er, doch er kam nicht dazu, seine Frage laut auszusprechen, denn Asahi kam plötzlich zu uns gestoßen. 

"Waren wir auch mal so passioniert wie die Erstklässler?", fragte er, statt einer Begrüßung. Er sah ziemlich fertig aus. Ich kannte Asahi gut genug, um zu wissen, dass ihn die Aufgeregtheit anderer manchmal sehr anstrengen konnte. Er war eher der ruhige Typ. 

Sugawara und ich warfen uns einen Blick zu. Dann sprach er genau das aus, was ich gerade dachte. "Waren? Wir sind doch heute noch passioniert, oder etwa nicht, Asahi?" 

Da schien der Braunhaarige aus seiner Trance aufzuwachen. Erstaunt schaute er uns an, bevor er sich verlegen am Kopf kratzte und schnell antwortete: "So war das nicht gemeint. Wir sind eben nicht mehr so… aufgeregt…" Plötzlich schien er den Faden verloren zu haben. Er starrte mich an. Warum starrte er denn so? Ich wollte ihn schon fragen, ob ich denn was im Gesicht hätte, doch da sagte er schon: "Woah Daichi, du siehst aber beschissen aus…äh…ich meine, krank…also….sicher dass du nicht zuhause bleiben willst die Tage?" 

Ich seufzte. Er war eben doch nur eine halbe Portion. Doch dann überkam mich ein kalter Schauer und ich bemerkte, dass meine Augen zu tränen begonnen hatten. Ja, vielleicht hatte er sogar recht. "Vielleicht sollte ich das wirklich tun" Obwohl ich das natürlich gar nicht wollte. 

Ich sah zu dem Jungen mit den silbernen Haaren rüber, der der Grund dafür war, doch dieser nickte nur bekräftigend. 

"Na dann sollten wir uns mal los machen. Gib uns 5 Minuten dann können wir zusammen nach Hause gehen", meinte dieser nur. 

Natürlich. Wie hatte ich so dumm sein können zu glauben, dass er traurig darüber sein würde, wenn ich nicht zur Schule kommen würde? Suga war selbstbewusst und unabhängig. Er würde mich kaum vermissen.

Ich sah Suga hinterher und mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Jedes Mal wenn wir uns verabschiedeten, kam es mir so vor, als könnte das das letzte Mal gewesen sein. Dabei hatten wir noch ein paar Monate, bis wir unseren Abschluss machen würden, aber dann…  dann war nicht klar, wie es weiter ging und ob wir überhaupt Kontakt halten würden. 

Warum musste ich mich auch unbedingt jetzt, in unseren letztem Jahr an der Karasuno in ihn verlieben. Drei Jahre hatten wir jeden Tag miteinander verbracht und plötzlich… plötzlich merkte ich, dass ich mir ein Leben ohne Suga nicht mehr vorstellen konnte. Verdammt! 

We Will Stay Together (Daichi x Suga) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt