Kapitel 15

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Die Worte meiner Schwester hatten sich tief in mein Bewusstsein eingeschliffen. Den Rest des Tages überlegte ich, was ich Suga sagen wollte.

Am nächsten Tag wollte ich es dann realisieren. Allerdings erschien es mir unpassend, Koshi innerhalb einer Pause darauf anzusprechen. Wir brauchten unsere Zeit dafür. Deshalb musste ich warten, bis das Training vorbei ging.

Um mich von meiner Nervosität abzulenken, hängte ich mich richtig ins Spiel rein. Ich hatte das Gefühl, dass es jetzt eine Entscheidung zwischen uns geben musste. Vielleicht sagte Koshi mir ja sogar, dass er gar nicht mehr mit mir zusammen sein wollte. Vielleicht aber, könnte ich auch so nicht mehr weiter machen.

Am Ende des Trainings war ich so fix und fertig wie seit langem nicht mehr. "Hey Daichi, du warst ja heute genauso übermotiviert wie die Erstklässler", kommentierte Tanaka, als wir in den Clubraum zurückkehren.

"Tja, das sollten wir wohl alle mal ab und zu tun. Wir wollen uns schließlich verbessern", gab ich, gespielt locker zurück.

Dann endlich machten wir uns los. Nur nach wenigen Metern verabschiedeten sich die anderen und jeder ging in Richtung nach Hause. Suga und ich hatten zum Glück noch ein kleines Stück gemeinsamen Weg.

"Koshi, wir müssen reden. Dringend.", sagte ich irgendwann in die Stille hinein, die zwischen uns herrschte.

"Daichi, ich weiß nicht ob,...", druckste Suga herum, doch ich unterbrach ihn sofort.

"Du musst mir jetzt zuhören! Ich weiß, dass es dir nicht gut geht und es verletzt mich, dass du mir nicht sagen willst, was los ist. Merkst du nicht, dass unsere Gespräche immer trockener werden? Du bist mein fester Freund, aber irgendwie fühlt es sich gar nicht mehr so an." Ich merkte, wie mir die Tränen hochkamen. Ich wollte sie wegdrücken, doch ich konnte es nicht. Sollte Sugawara doch sehen, dass es mir scheiße ging.

Ihn schien es auch nicht wirklich kalt zu lassen. Ich sah, dass seine Augen ebenfalls anfingen glasig zu werden und sein Gesicht vor Anstrengung rot wurde. Das gab mir Hoffnung.

Ich versuchte, ein bisschen herumzuraten: "Bist du nicht glücklich mit mir?" Meine Stimme klang brüchiger als ich es erwartet hätte.

"Was? Nein, Daichi, das ist es nicht!", rief er aus. Für einen Moment starrten mich seine graubraunen Augen an, dann wandte er jedoch erneut den Blick ab.

"Was dann? Schämst Du Dich? Oder hast Du Angst?", erneut zitterte meine Stimme.

Ich musste an die Dinge denken, die meine Mom gesagt hatte, als ich ihr von mir und Suga erzählt hatte. Eine Beziehung? Wirklich? Du solltest dich auf die Schule konzentrieren. Ich musste hart Schlucken und den aufkeimenden Schmerz wegdrücken.
Ich meine ja nur, dass du vielleicht glaubst,du fühlst was für ihn, aber eigentlich seid ihr eben beste Freunde. Am Ende hatte meine Mom mir dann doch noch geglaubt oder es zumindest hingenommen und gemeint, dass ich machen sollte, was ich für richtig hielt. Aber damit konnte sie eben auch nicht ungeschehen machen, was sie gesagt hatte. Es tat trotzdem noch weh, diese Worte in meinem Kopf zu hören.

"Nein! Verdammt, ich bin so stolz! So stolz, den besten Boyfriend zu haben, den man sich wünschen kann! Bitte zweifel jetzt nicht an dir!" Aufgebracht starrte er mich an. Ich konnte den Schmerz in seinen Augen sehen, wusste aber immer noch nicht, was es war.

Verdammt Koshi, was war es denn nur?!

"Warum waren wir seitdem dann nie bei dir zuhause? Hast du es deinen Eltern noch nicht gesagt?" Ich konnte nicht einschätzen, wie sie reagieren sollten. Wenn sie scheiße reagieren wollten, wollte ich auch nicht, dass er es ihnen sagte. Ich konnte es akzeptieren, wenn er es vor ihnen geheim halten wollte, aber... Ich wollte wissen, was es war.

"Das hab ich." Ich sah, wie sich nun endlich Tränen in seinen Augen sammelten.

Ich schwieg und wartet darauf, dass er weitersprach. Ich hatte das Gefühl, dass er nun kurz davor war, es mir zu verraten und ich wollte nichts kaputt machen, indem ich ihn drängte.

"Ja! Meine Mom fragt mich die ganze Zeit, wann du mal vorbei kommst."

Ich erinnerte mich an das Sportfest der Grundschule. Wie freundlich sie gewesen war und auch, wie schnell Sugawara, sie weggescheucht hatte.

"Ja, aber warum...?"

"Es geht nicht. Ich... mein jüngerer Bruder... Er hatte einen Unfall vor ein paar Wochen. Seitdem ist er  Querschnittsgelähmt und sitzt im Rollstuhl. Ich wollte nicht, dass du Mitleid mit mir bekommst oder du mich verlässt, weil du nicht damit klar kommst"

Ich schüttelte den Kopf. "Suga. Das tut mir leid. Das würde ich nie tun"

"Du hast es ja noch gar nicht gesehen.", schluchzte Sugawara.

"Und du hast mir noch nicht die Chance gegeben" Ich nahm Sugawara sanft bei den Armen. Ich war so erleichtert, dass er es mir gesagt hatte. Und auch wenn das, was seinem Bruder passiert war, furchtbar war, wusste ich, dass wir das schaffen würden. "Bitte, bring mich zu deiner Familie. Ich verspreche dir, es wird sich nichts zwischen uns ändern."

Suga nickte und ich schloss ihn in meine Arme. Erschöpft ließ er sich darin fallen. Ich vernahm leises Schluchzen und er zitterte. Aber ich merkte auch, dass er erleichtert war, es nicht mehr verstecken zu müssen.

"Alles wird gut", sagte ich, und rieb sanft mit der Hand über seinen Rücken.

"Danke, dass du so verständnisvoll bist", murmelte er an meiner Schulter.

Ich schüttelte den Kopf. Wie hatte er auch nur für einen Moment glauben können, dass ich sofort abhauen würde, wenn er es mir erzählte?

Als Koshi sich etwas beruhigt hatte, nahm ich seine Hand und wir gingen das erste Mal seit Monaten wieder zu ihm nach Hause.

We Will Stay Together (Daichi x Suga) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt