Als alle Kinder nach Hause gegangen waren, wurde für alle, die mitgeholfen hatten und noch etwas Zeit hatten, ein großes Buffet hergerichtet.
"Als Dankeschön", wie uns Sugas Mom erklärte. Natürlich nahmen wir das freudig an. Der Tag war anstrengend genug gewesen.
Komischerweise hatte es Suga recht eilig, sich abseits von allen zu setzen. Er drängte mich, etwas beim Buffet zu holen und sich dann in eine ruhige Ecke zu verziehen, wo keiner war. Vielleicht glaubte er, seine Mom könnte mir sonst bei dieser Gelegenheit peinliche Geschichten aus seiner Kindheit erzählen oder sowas.
Also dachte ich mir nicht viel mehr dabei und machte, was er sagte.
"Das hat wirklich Spaß gemacht", wiederholte ich noch einmal, was ich bereits seiner Mom erzählt hatte. Er sollte wissen, dass es mir keine Last gewesen war, weil er mich gefragt hatte zu helfen.
"Das freut mich wirklich sehr, dass du das sagst.", antwortete Suga und lächelte mich an, doch seine Hände spielten unruhig mit seinen Essstäbchen. "Ich hatte wirklich ein wenig Sorge, dass..."
"Nein", unterbrach ich ihn wieder einmal, bevor er irgendetwas aussprechen konnte, was so gar nicht der Fall war.
"Ich verbringe einfach gerne Zeit mit dir", fügte ich noch hinzu, ohne vorher darüber nachgedacht zu haben. Ich merkte, wie meine Wangen und Ohren warm wurden. Dabei hatte ich das auch schon zu ihm gesagt, als wir nur befreundet gewesen waren.
Suga lächelte und diesmal war es echt. Er glaubte mir.
Ich ließ meinen Kopf gegen seine Schulter fallen und atmete für einen Moment seinen Geruch ein, ließ mich in seiner Gegenwart fallen.
Dann machte ich mich an mein Essen, denn mein Magen krurrte bereits mächtig.
Doch auch jetzt begann Sugawara nicht mit dem Essen. Nach einiger Zeit stoppte ich. "Was ist los?"
Betreten betrachtete Suga seine Schuhe. Es dauerte einen Moment, bis er den Mut zu finden schien, auszusprechen, was ihm eindeutig auf dem Herzen lag. "War es für dich eigentlich schon immer klar, dass du auf Jungs stehst?", fragte Suga plötzlich.
"Was? Nein!", antwortete ich überrascht. Ich hatte keine Ahnung, warum er das gerade jetzt fragte. Aber wahrscheinlich hatte er es sich, so wie ich mich bei ihm, schon seit längerer Zeit gefragt.
"Ich meine, was heißt hier 'schon immer'? Ich werd es ja schlecht als Kind gewusst haben.", fügte ich nach einer Pause hinzu, als mir klar wurde, wie es wohl bei ihm angekommen sein musste. Als fände ich es komisch.
Suga zuckte nur mit den Schultern. "Manchen ergeht es so."
"War es etwa bei dir so?" Das würde mich schon überraschen. Aber warum hätte er es mir auch erzählen sollen, als wir uns kennengelernt hatten.
"Nein. Ich dachte 'ne Weile, ich würde Shimizu toll finden, aber tatsächlich hat sich das als falsch herausgestellt." Nervös zupfte mein Freund an seiner Serviette herum. Es ging ihm wohl ziemlich nahe. "Jedenfalls ist mir das bewusst geworden, als ich dann... Gefühle für dich entwickelt hatte."
"Hmm" Ich nickte, legte meine Hand auf seinen Arm und lächelte ihn an. Er sollte wissen, dass ich verstand, was er meinte und er sich keine Sorgen machen brauchte. "Ich hab mir ehrlich gesagt, davor nie solche Gedanken gemacht. Ich habe nicht sonderlich viel darüber nachgedacht, mit wem ich eines Tages zusammen sein werde."
"Aber du hattest vorher auch schon mal eine Freundin, oder?", fragte Suga kleinlaut.
Ich lachte überrascht. Dass er sich daran erinnerte! "Ja, in der Zweiten. Aber das war nicht sonderlich lange gegangen. Ich glaube, dass ich Jungen und Mädchen ganz gut finde, oder es mir zumindest egal ist. Man verliebt sich doch in die Person, oder?"
Suga nickte heftig. Dann wandte er erneut den Blick ab und wurde wieder nachdenklich.
"Koshi, was ist?", fragte ich besorgt und streichelte mit dem Daumen über seine Hand, wo meine immer noch lag.
Es dauerte eine Weile, bis Koshi tatsächlich mit der Sprache rausrückte. Ich hatte schon Angst, er würde jeden Moment platzen, so rot war sein Gesicht geworden. "Fühlst du dich manchmal komisch deswegen? Dass du mit mir zusammen bist?"
Ich schaute ihn erstaunt an. "Ob ich mich schäme?"
"Naja, es ist in der Gesellschaft nicht vollkommen angenommen. Manchmal habe ich mir selber nicht richtig zugetraut, dass die Gefühle echt sind."
"Natürlich sind sie echt! Jedenfalls von meiner Seite her." Am liebsten hätte ich ihn einfach in den Arm genommen, aber ich spürte, dass er jetzt eher meine Worte brauchte. Ich schaute über den leeren Flur, wo wir uns hingesetzt hatten, überlegte noch einmal, was ich jetzt am besten sagen konnte.
"Ja... ich hab schonmal darüber nachgedacht, aber ehrlich gesagt erscheint mir die Ansicht, jemand nur wegen des Charakters zu lieben, viel plausibler. Ich hab eher Schwierigkeiten damit, mir vorzustellen, warum es anderen anders geht. "
"Ich glaube trotzdem nicht, dass ich ein Mädchen daten könnte.", flüsterte Suga.
"Und das ist auch vollkommen okay!", bekräftigte ich und drücke seine Hand. Es schmerzte mich zu wissen, dass er sich wegen so einer Sache schlecht fühlte. Warum konnte nicht von allen Menschen akzeptiert werden? Ob er schon schlechte Erfahrungen gemacht hatte? Hatte er sich jemals geoutet? Ich traute mich nicht zu fragen, jetzt noch nicht.
"Okay"
Ich merkte, dass der Suga, der vor den anderen und auf dem Spielfeld, immer selbstbewusst und manchmal sogar etwas hart rüber kam, in diesem Moment seine Verletzlichkeit mir gegenüber zeigte. Es tat mir zwar auch weh, aber ich war auch unendlich dankbar, dass er mir dabei vertraute. Ich wollte so gerne all seine Gedanken wissen.
Ich vergewisserte mich noch einmal, dass wirklich niemand da war und nahm ihn in den Arm. Dabei drückte ich ihn so fest an mich, wie ich nur konnte, in der Hoffnung, all seine Sorgen aus ihm herauspressen zu können. Tatsächlich entspannte er sich nach ein paar Minuten. "Du zerquetscht mich, Daichi", murmelte er an meiner Schulter.
Sofort ließ ich ihn los, froh darüber, dass er jetzt wieder ein wenig lebendiger aussah.
Kurz nahm ich sein Gesicht in meine Hände, um ihm noch einmal in die Augen sehen zu können. Ich wollte mich vergewissern, dass es ihm tatsächlich wieder besser ging.
Als ich zufrieden mit meinem Werk war, drückte ich ihm einen leichten Kuss auf die Stirn.
"Und nun essen wir endlich!", entschied ich schließlich und ließ ihn ganz los.
//Hey!
Als ich angefangen habe, diese Geschichte zu schreiben, hatte ich nicht daran gedacht, Suga und Daichi so ein Gespräch jemals führen zu lassen. Ich mag solche Storys, in denen eine gleichgeschlechtliche Beziehung genauso selbstverständlich geführt wird wie eine Hetero-Beziehung. Das ist schließlich irgendwann das Ziel. Allerdings hab ich in letzter Zeit selber festgestellt, dass es nicht immer einfach ist, es sich auch selber zuzugestehen, deswegen hab ich es an dieser Stelle doch noch mit reingenommen.
Wie immer freue ich mich über Feedback :) //
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We Will Stay Together (Daichi x Suga)
FanfictionDaichi und Sugawara verbringen seitdem sie sich im Volleyball-club der Karasuno kennengelernt haben, jeden Tag miteinander. Doch ausgerechnet im letzten Jahr verliebt sich Daichi in Suga. Dabei weiß er gar nicht, ob ihre Wege nach der Schule nicht i...