Kapitel 17

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Stumm starrte ich auf mein Spiegelbild. Ich beobachtete wie die Wunde wuchs. Ich musste automatisch an meinen Bruder und meine Eltern denken. Wie sie erbarmungslos zerfetzt wurden.
"Ist das schlimm?", fragte Tresha mit grossen Augen.
"Ich weiss es nicht. Ich hatte noch nie jemand mit einem Vampirbiss laufen sehen.", murmelte ich.
"Und was heisst das?"
"Dass noch niemand einen Vampirbiss überlebt hat." Tresha verstummte. "Ich muss zu Rex."
Ich lief aus meinem Zimmer und lief zu Rex. Ich merkte bereits wie ich schwächer wurde. Bereits nach wenigen Stufen musste ich eine Pause einlegen. Ich setzte mich auf die Treppe und legte meinen Kopf in meine Hände. Wie lange werde ich wohl noch leben? Ich stand wieder auf und erreichte endlich die nächste Etage. Ich schleppte mich zum Lift. Ich fragte mich, warum ich überhaupt Treppe gelaufen bin, wenn es einen Lift gibt. Ich drückte auf den Knopf und lehnte mich an die Wand. Ein Licht blinkte und die glänzenden Türen öffneten sich. Was sich im Lift befand schockte mich. Die Wände waren mit Bildern beklebt. Überall waren Bilder. Ich ging näher heran und erkannte, das ich auf dem Bild zu sehen war, aber nicht alleine, sondern mit Luke. Ich starrte auf die Bilder. Das werde ich mir nicht gefallen lassen. Ich sah wie Schüler auf den Lift zusteuerten. Schnell drückte ich irgendeinen Knopf und die Türen schlossen sich. Ich atmete aus. Ich riss die Bilder von den Wänden und warf sie in den Abfalleimer als der Lift seine Türen wieder öffneten. Ich schleppte mich wieder zurück in den Lift und ging zu Rex.
"Du weisst dass du auf der Krankenstation liegen solltest, oder?", fragte Rex mit hochgezogenen Augenbrauen.
"Was soll ich denn da? Vor mich hinvegetieren?", antwortete ich bissig.
"Dich ausruhen."
"Hast du schon Mal jemanden mit einem Vampirbiss gesehen? Ich meine einen Werwolf."
"Ja, mehrmals."
"Hat jemals einer überlebt?", Rex blickte auf den Boden. Er wich offensichtlich meinem Blick aus.
"Ich habe schon einmal von einem Werwolf gehört, der auch von einem Vampir gebissen wurde. Ich weiss aber nicht ob das stimmt. Manche sagen es sei nur eine Geschichte. Andere sagen es sei wahr. In dieser vielleicht wahren Geschichte geht es darum, dass ein Werwolf von einem Vampir gebissen wurde und zu einem Vampir wurde. Wenn die Geschichte wahr ist, musst du nicht sterben.", erklärte Rex.
"Ich will aber kein Vampir werden. Lieber würde ich sterben."
"Ich kann dich verstehen, aber bitte überleg dir das ganz genau.", er schaute mich tadelnd an.
"Wenn es diesen Werwolf-Vampir gibt, der überlebt hat, denkst du wir könnten ihn finden?"
"Können schon, nur ist die Frage ob du noch genug Zeit hast. Normalerweise sterben die Werwölfe 24 Stunden nach dem Biss. Bei dir sind es schon einige Stunden her."
"Dann lass uns anfangen.", sagte ich und in mir blühte wieder ein wenig Hoffnung auf.
Wir suchten unendlich lange. Von Stunde zu Stunde wurde ich schwächer. Ich wurde immer müder und konnte mich kaum noch auf dem Stuhl halten. Und die Schmerzen. Sie waren erträglich, schränkten mich aber extrem ein. Ich konnte kaum mehr klar denken.
"Ich glaube ich habe etwas gefunden. Hier steht, dass sein Name Shan ist.", sagte Rex.
"Bringt uns das weiter?", fragte ich.
"Ich weiss nicht. Aber wenn es ihn wirklich gibt, wissen wir jedenfalls wie wir ihn erkennen können. Ausserdem können wir Michael fragen, ob er ihn schon einmal getroffen hat."
"Wer ist Michael?", ich runzelte die Stirn. Ich hatte seinen Namen noch nie gehört.
"Wir haben im Verliess einen Vampir gefangen. Alles was wir brauchen ist ein bisschen Blut und einen Eichenholzpfahl."
Wir machten uns auf den Weg ins Verliess. Rex stützte mich auf dem Weg dorthin. Beim Verliess angekommen liefen wir an vielen Wachen vorbei. Es war kein gewöhnliches Verliess. Ein dunkelhäutiger Mann sass da hinter Holzstäben, wahrscheinlich auch Eichenholz. Rex warf ihm ein kleines Fläschchen mit Blut in seinen Käfig.
"Rex. Schon lange nicht mehr gesehen.", flüsterte Michael. Langsam griff er nach dem Fläschchen. Er trank es in einem Zug aus. "Was brauchst du? Ich nehme nicht an dass du mich einfach so besuchst."
"Hast du schon einmal von einem Shan gehört?", fragte Rex genervt.
"Das hier kann auf zwei Arten laufen. Antworten gegen Blut oder mein Schweigen.", Michael lächelte spielerisch.
"Nein. Es gibt noch eine dritte.", sagte Rex, machte ein Schritt nach vorne und rammte Michael mit aller Kraft den Pfahl in sein Bein. Es zischte und der Pfahl begann Michael's Haut zu verätzen. Michael schrie auf. Rex zog den Pfahl wieder aus seinem Bein.
"Na? Fallen dir ein paar Wörtchen ein?", frage Rex.
"Shan kam vor einigen Jahren zu uns. Er sagte er wäre gebissen worden und hat sich nun verwandelt. Er wurde bei uns aufgenommen. Er lebte ein halbes Jahr bei uns, als er einen Angriff startete. Die meisten von uns hat es tatsächlich erwischt. Er verliess uns dann jedoch. Sein einziges Ziel war es nur uns auszulöschen.", stiess Michael hervor.
"Wo ist er?", fragte Rex.
"Ich weiss es nicht."
"Falsche Antwort." Rex stiess den Pfahl diesmal ins andere Bein und wieder schrie Michael auf.
Als der Pfahl wieder draussen war, antwortete Michael: "Er ging damals in ein weit entferntes Dorf. Mehr weiss ich nicht. Wirklich."
"Gehen wir.", sagte Rex.
Wir gingen wieder in Rex' Büro. Keuchend lehnte ich mich gegen seine Wand.
"Bitte, setz dich.", sagte Rex . Man sah ihm sein Mitleid an.
"Kann ich mich hinlegen?", fragte ich.
"Natürlich. Mach es dir bequem. Ich habe beschlossen, dass ich Leute in naheliegende Dörfer schicken werde. Sie sollen alles absuchen."
"Nein, bitte nicht. Er ist immer noch ein Vampir. Er könnte sie alle umbringen und das einzig und alleine wegen mir?", flüsterte ich.
"Ja, weil du in Lebensgefahr bist. Wenn jemand anders dasselbe wie du durchmachen müsste, würdest du auch gehen?"
"Ja, aber..." Mir fiel nichts ein.
"Siehst du?"
Nach einer Weile fragte ich: "Was denkst du, wie lange habe ich noch?"
"Gehen wir davon aus, dass du den Biss eine Stunde bekommen hast, bevor du wiederkehrtest. Folglich wären es noch eineinhalb Stunden.", Rex senkte seinen Blick. Noch eine Stunde.
"Ich möchte noch zu Tresha. Und so komisch es auch klingen mag, ich möchte noch zu Luke, aber ich bin zu schwach um zuzuschlagen. Das musst du übernehmen.", Rex lachte. Dann gab es einen lauten Knall. Ich setzte mich auf. Ein gross gewachsener, braunhaariger Junge stand in der Tür.
"Ein Vampir ist hier. Er sagt sein Name ist Shan."

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