Kapitel 14

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Ich wachte auf. Ich war nicht in meinem Bett. Bei mir zuhause. Normalerweise würde mein Bruder mich wecken kommen. Wo ist er bloss?
''Mama?'' Ich rief nach meiner Mutter. Sie kam nicht. Eine komische Frau kam. Sie war nicht meine Mutter.
''Brauchen sie etwas?'' fragte sie.
''Wer sind Sie?'' fragte ich.
''Ich bin die Krankenschwester.'' sagte sie.
''Wieso bin ich in einem Krankenhaus?''
''Weil Sie aus dem fünften Stock gestürzt sind.''
''Wieso bin ich aus dem fünften Stock gestürzt?''
''Das sollten Sie sich fragen.''
''Wo ist mein Bruder?''
''Wer?''
''Mein Bruder.'' Ich blickte sie fragend an.
''Er ist tot.''
''Wieso?''
''Er hat den Vampirangriff nicht überlebt.'' Ich schaute sie misstrauisch an.
''Ich habe keine Ahnung von was Sie reden.'' sagte ich. Damit verschwand sie. Sie kam nach einigen Minuten mit einem Mann wieder.
''Weisst du wer das ist?'' fragte die Krankenschwester.
''Nein.'' Die Krankenschwester schaute den Mann verblüfft an.
''Bitte holen Sie Tresha.'' sagte der Mann. Die Krankenschwester nickte und lief weg.
''Lily.'' sagte er.
''Ja?'' fragte ich.
''Weisst du nicht wer ich bin?'' fragte er.
''Nein.''
''Weisst du wo du bist?''
''In einem Krankenhaus denke ich. Wieso sind mein Bruder und meine Eltern nicht hier?'' Der Mann schaute mich bemitleidend an.
''Lily, ich bin Rex. Du bist in einer Werwolfschule. Du bist ein Werwolf. Das sind alle hier. Deine Familie wurde von Vampiren angegriffen. Keiner hat überlebt.'' Mit dieser Nachricht drehte er sich um und ging. Ich starrte geschockt noch an die Stelle, wo eben noch seine Augen waren. Mein Bruder ist tot? Das konnte doch nicht sein. Vampire gibt es doch überhaupt nicht. Und Werwölfe auch nicht. Dann kam ein Junge und ein Mädchen ins Zimmer.
''Lily.'' begann das Mädchen. Sie hatte Tränen in den Augen. Ich schaute sie nur an. Ich hatte keine Ahnung wer die waren. Als sie fortfuhr, bekam ich eine Gänsehaut.
''Ich bin Tresha. Ich bin deine beste Freundin.'' Ich lächelte sie an. Es klang wahr. Ihre Stimme beruhigte mich. Der Junge trat vor.
''Ich bin Luke. Ich bin dein Freund.'' Ein schreckliches Pfeifen begann mein Gehörsinn zu übertönen. Alles in mir wehrte sich gegen eine Berührung mit diesem einen Jungen. Ich begann zu schreien. Ich boxte ihm in den Bauch.
''Geh weg!'' schrie ich. Ich schlug immer wieder nach ihm. Eine Krankenschwester kam und zog ihn aus dem Zimmer. Ich hatte aufgehört zu schreien, denn Tresha umarmte mich. Mir rannen die Tränen über die Wangen. Sie liess mich los.
''Willst du dass ich bleibe?'' fragte sie. Ich nickte. Sie lag sich zu mir ins Bett und ich kuschelte mich an sie. Ich schlief wie ein kleines Baby ein.
Als ich wieder aufwachte, lag Tresha immer noch neben mir. Ich hörte Stimmen draussen vom Flur.
''... Sie erinnert sich an nichts?'' fragte eine männliche Stimme.
''Nein. Als sie auf den Boden aufschlug hatte sie sich nicht nur sämtliche Knochen gebrochen, sie hat sich auch noch den Kopf angeschlagen. Dabei hat sie ihre Erinnerung verloren.'' Das sagte eine andere männliche Stimme. Ich stand auf und lief zur Tür.
''Entschuldigung, ist hier irgendwo Rex?'' fragte ich. Sie schauten mich beide entgeistert an. Mit hochgezogenen Augenbrauen schaute ich sie fragend an.
''Ähm, ja ich rufe ihn.'' sagte endlich einer der beiden. Ich ging wieder ins Zimmer zurück. Tresha war wach.
''Hi'' sagte ich nur und legte mich wieder hin, da mir schwindelig war.
''Wie gehts dir?'' fragte sie mich.
''Besser als gestern. Wer war der Junge?''
''Er ist dein Freund. Erst seit ein paar Tagen. Ich weiss nicht warum du so auf ihn reagiert hast.'' sagte sie. Ich zuckte mit den Achseln. Da kam Rex.
''Hallo Tresha, schön dich zu sehen. Würdest du uns einen kleinen Moment alleine lassen?'' fragte er sie. Sie nickte und sagte, dass sie im Wartezimmer warten würde. ''Lily, wie gehts dir?'' fragte er.
''Besser.'' sagte ich nur.
''Hör mal, ich möchte dass du folgendes probierst. Ich möchte dass du die Augen schliesst und an gestern denkst. Ich weiss dass du nicht weisst, was gestern geschehen ist, vielleicht klappt es.''
''Okay, ich versuche es.'' sagte ich. Ich versuchte mir auszumalen, was gestern wohl geschehen ist. Ich denke, dass ich mit Tresha aufgewacht bin. Wir wohnen sicher im gleichen Zimmer. Wir gehen zusammen in die Klasse... Wie ein Film zog nun der gestrige Tag vor meinen Augen vorbei. Ich sah, wie ich mit Tresha in die Mensa ging. Ich ass mein Lieblingsmüsli. Wir gingen zusammen in die Schule. Beim Mittagessen kam Luke vorbei und gab mir einen Kuss. Ich verabredete mich mit ihm. Nach der Schule kam dann Luke und ich bekam eine Nachricht von Rex. Ich musste ins Konferenzzimmer. Rex erzählte mir, dass ich von nun an Stunden mit den Drittklässlern hatte, weil ich schon ein erwachsener Wolf bin. Nach dem Gespräch gingen Luke und ich zurück in mein Zimmer. Ich bekam wieder eine Nachricht. Tresha übernachtete bei Ryan und Luke bei mir. Und dann... Dann sah ich, was der Grund war, wieso ich bei Luke's Anwesenheit schreie. Ich wurde vergewaltigt. Ich sah, wie ich am nächsten Morgen aufwachte und meinen zerschundenen Körper sah. Die Morddrohung. Ich sah, wie ich Angst bekam und von Tresha davon rannte. Wie ich von Rex und Luke davonrannte. Wie ich gefangen aus dem Fenster sprang. Wie damals. Wie damals als meine Familie starb.
Ich schrak hoch, als der Erinnerungsfilm zu ende war.
''Und was hast du gesehen?'' fragte mich Rex. Die Morddrohung. Ich musste es jedoch Rex erzählen. Luke weiss vielleicht ja nicht, dass ich mich wieder erinnerte. Also erzählte ich alles. Bei dem Teil der Vergewaltigung stand Rex einfach auf und ging. Ich fühlte mich so alleine, wie an dem Morgen, an dem ich aufwachte, und ich nicht mehr ich selbst war. Ich drückte wie wild auf einen Knopf. Jemand musste kommen. Ich hielt es keine Sekunde länger alleine aus. Als eine Schwester reinkam und mich fragte was los sei, schrie ich: ''Tresha! Tresha!'' Die Schwester verstand offenbar und rannte los. Ich legte mich hin. Mein Körper schüttelte sich. Ich war schweissnass. Dann kam Tresha reingerannt und warf sich auf mein Bett. Sie drückte mich. Ja sie verquetschte mich fast. Sofort hörte mein Körper auf sich zu schütteln. Ich weinte fürchterlich.

Die VerwandlungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt