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„Was hast du gesagt?"
Er war einige Schritte wieder zurückgelaufen und mich überkam eine Erleichterung, denn er hatte endlich die Gefahr erkannt.

„Bitte, Levi... Ich erkläre dir alles, doch nicht jetzt."
Ich musste ihm klar machen, dass wir keine Zeit hatten.
„Er weiß, wo wir sind. Wir hocken hier, wie die Ratten im Käfig."

„Wehe du lügst.", drohte er mir noch, doch ich sah zu ihm.

„Es ist die Wahrheit.", versicherte ich ihm. Er sah mich noch einen Augenblick an, dann wendete er sich an die Soldaten der Mauergarnison:
„Sucht alle Männer zusammen, die ihr finden könnt. Versperrt die Ausgänge in die Unterwelt. Haltet auch hier oben Ausschau, nach Leuten, die nur ansatzweise verdächtig aussehen!"

„Sie glauben ihr, Hauptgefreiter?", sprach einer der Männer entsetzt zu ihm, doch er fing sich einen bösen Blick ein.

„Sie würde es bereuen, wenn sie lügen würde. GEHT!"
Die Soldaten sprinteten los und ich sah, wie Levi einen Schlüssel vom Tisch nahm und die Zelle öffnete.

Erst jetzt bemerkte ich, dass auch Erwin und Hanji noch da waren.
„Wer ist Kenny?", fragte Hanji, während sie dabei zusah, wie er das Schloss öffnete.

„Vermutlich der gefährlichste Mensch auf dieser Erde.", antwortete er knapp, dann trat er ein und suchte sich am Bund den nächsten Schlüssel, der für die Handschellen waren.

Ich hörte es klicken und meine Hände fielen beinahe augenblicklich herunter. Ich spürte, wie ich zusammensackte und vermutlich wäre ich gefallen, wenn Levi mich nicht aufgefangen hätte.

„Du hast jetzt keine Zeit, um schlapp zu machen.", motzte mich Levi an und er drückte mich nach oben. Ich versuchte auf meinen Beinen stehen zu bleiben, doch sie zitterten, sodass ich ihnen nicht trauen konnte.

Ich sah zu Levi.
„Der Junge. Enzo. Er ist es, den Kenny will. Nimm jemanden, dem du vertraust. Er muss sich verstecken und keiner darf wissen, wo er ist. Du kennst ihn am besten."

Ich sah Levi an, dass es ihm missfiel, dass ich ihm Anweisungen gab und sein zögern brachte mich beinahe um den Verstand.
„Bitte, Levi! Er muss weg von hier. Ich werde dir alles sagen, aber bitte glaube mir!"

Er sah mir noch einen Augenblick in die Augen, ehe er von mir absah und zu Hanji blickte.
„Übernimm du das bitte."

„Natürlich.", sagte sie sofort und sie rannte aus der Zelle.

Ich schaffte es nicht ohne Levis Hilfe aus der Zelle, dort überreichte er mich Erwin.
„Bitte übernimm sie."

Ich spürte Erwins Arm um meinen Körper und sah, wie Levi aus dem Kerker stürzte.

Ich hasste dieses Gefühl, dass ich das Leben von Enzo in fremde Hände zu geben. Ich ließ mich von Erwin durch das Gebäude führen, bis wir auf einer Art Krankenstation ankamen.
Er bugsierte mich auf ein Bett, verschwand dann kurz und kam mit etwas Verbandzeug zurück.

„Ich denke, wir sollten uns erst einmal um deine Verletzungen kümmern.", er lächelte mich an, doch ich hatte nicht die Kraft, es zu erwidern.
Ich spürte, wie er die Wunde an meinem Kopf behandelte, doch ich war zu müde, um auch nur zusammen zu zucken.

„Vermutlich hast du eine Gehirnerschütterung.", hörte ich ihn sagen, doch ich nahm es nur am Rand wahr.

Es kam erst wieder Leben in meinen Körper, als ich spürte, wie er mein Oberteil umfasste und es noch oben zog.
Ich packte seine Arme, sprang auf, verdrehte seinen Arm und drückte ihn aufs Bett.

An seinem Blick sah ich, dass es ihn überrascht hatte, doch dann fing er an zu lachen.
„Ich wollte mir nur die restlichen Wunden ansehen, doch vielleicht macht das lieber später Hanji."

Ich lockerte meinen Griff um seinen Arm und trat einen Schritt zurück.
„Tut mir leid.", entschuldigte ich mich und griff mir an den Kopf, der wieder zu Pochen begonnen hatte.

„Du solltest dich lieber hinlegen."

Ich torkelte zum Bett, doch statt mich zu legen, setzte ich mich und lehnte mich gegen die Wand. Es war jederzeit möglich, dass Kenny hier auftauchte, da wollte ich nicht im Bett liegen, sondern bereit sein, mich zu verteidigen. Auch wenn ich mir sicher war, dass ich in diesem Zustand keine Chance hatte.


Ich spürte, wie mir immer und immer wieder die Augen zufielen, doch ich kämpfte gegen die Müdigkeit an.
Ich zuckte erschrocken zusammen, als die Tür aufgerissen wurde und ein Soldat, den ich noch nie zuvor gesehen hatte, jedoch das Wappen des Aufklärungstrupps trug, hereinkam.

„Kommandant!", er salutierte kurz, dann sprach er weiter:
„Wir haben einige Menschen, die aus der Unterwelt nach oben gelangen wollten, festgenommen. Laut dem Hauptgefreiten Levi war Kenny nicht dabei!"

„Er würde nicht den normalen Weg gehen. Die dienen nur zur Ablenkung.", hauchte ich schwach und ich lehnte meinen Körper wieder gegen die Wand.

„Wie würde Kenny nach oben gelangen?", fragte mich Erwin und ich erkannte, wie ernst er es nahm, wofür ich ihm dankbar war.

„Keine Ahnung.", gestand ich ehrlich.
„Irgendwie, womit niemand von uns rechnen würde."

Erwin sah mich noch einen Moment an, ehe er nickte und wieder zu dem Soldaten sah:
„Connie, geh zu Levi und richte es ihm aus."

„Jawohl!"
Der Soldat salutierte wieder und sprintete wieder hinaus.

„Levi weiß das.", sagte ich zu Erwin.
„Er kennt Kenny besser als ich, deswegen ist er der Einzige, der mir noch helfen kann."

Erwin sagte nichts dazu, doch er blieb die ganze Zeit neben mir sitzen, während ich damit kämpfte, nicht ohnmächtig zu werden.

Die Sonne ging unter, als die Tür wieder aufgerissen wurde, dieses Mal war es Levi, der hereintrat.

Sofort setzte ich mich wieder auf und versuchte in seinem Gesicht zu lesen, was geschehen war, doch es gelang mir nicht, da er immer noch so grimmig dreinsah, wie immer.

„Er ist uns entwischt.", richtete Levi an Erwin das Wort.
„Wie eine Ratte ist er aus der Kanalisation gekrochen. Fünf Soldaten sind dabei ums Leben gekommen."

Ich sah ihn an, dass er wütend war, als er mich ansah, doch ich konnte die Frage nicht verkneifen:
„Was ist mit Enzo?"

„Er ist sicher.", knurrte Levi, was mich erleichternd zurücklehnen ließ, doch er packte mich am Kragen und zog mich nach vorne, sodass sein Gesicht sehr nahe an meinem war.

„Doch du hast noch viele Fragen zu beantworten, also sag mir: Was macht dieses Schwein hier oben und warum ist er hinter dir her?"

Ich spürte, wie mein Schädel heftig pochte und nach der Tatsache, dass Kennys Angriff missglückt ist, wollte ich nichts sehnlicher als schlafen, doch ich wusste, ich würde keine Ruhe haben, ehe ich Levi alles erzählte, also blieb mir nichts anderes übrig, als zu überlegen, wie ich beginnen sollte...


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