Besuch bei Birget

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Phillis hatte noch nicht das neue Haus von Birget und Emmeline gesehen, aber sie hatte schon einmal die Straße gesehen, in die sie gezogen waren. Jedes Jahr – ohne Ausnahme – platzierte sie vor dem Ligusterweg Nummer 4 ein großes Paket voll mit Zeug. Es war immer unterschiedlich – immer das, von dem sie dachte, es könnte Harry vielleicht gefallen. Als er in Hogwarts angefangen hatte, hatte sie ihm allerlei Kram für die Schule eingepackt (keine Schreibfeder und Tintenfässchen, sondern Scherzartikel von Zonko's). Als sie erfahren hatte, dass er Quidditch spielte, hatte sie ihm Quidditchausrüstung gekauft. Davor war es Babykleidung gewesen, Spielzeug und Fotografien.

An Harrys achtem Geburtstag hatte Phillis das erste Mal einen Brief dazu gelegt – sie hatte gedacht, Harry wäre da alt genug, um zu verstehen, was mit seinen Eltern passiert war und wer Phillis war. Sie hatte ihm in diesem Brief erklärt, dass er sie jederzeit kontaktieren konnte – bisher hatte Harry das nicht getan. Aber das war in Ordnung – Phillis platzierte trotzdem jedes Jahr an seinem Geburtstag ein Paket für ihn.

Birget und Emmeline waren in das Haus gegenüber eingezogen und absolut jeder wusste, dass sie es mit dem Hintergedanken gemacht hatten, ein Auge auf Harry zu haben. Aber der Hauptgrund war Anaïs gewesen.

Als Remus und Phillis also das erste Mal bei der Familie Vance zu Besuch in den Ligusterweg kamen, war Anaïs im Garten.

Phillis hatte von ihr gehört – Birget und Emmeline hatten bei anderen Besuchen viel von dem Mädchen erzählt, das sie erst in diesem Jahr adoptiert hatten. Phillis hatte sie aber bis zu diesem Tag nicht gesehen.

Und zu sagen, Anaïs war bezaubernd, war eine klare Untertreibung.

Ihre Locken hatten die Farbe von einem reifen Weizenfeld im Sommer. Ihre Augen so blau wie der Himmel. Und als sie Phillis und Remus anlächelte, als diese durch das Gartentor kamen, war Phillis sich sicher, Remus zerschmolz, so bezaubernd war sie.

Sie trug ein weißes Sommerkleid mit einem Blumenmuster darauf, dazu keine Schuhe, aber eine Lederjacke. Das erinnerte Phillis ein wenig an Birget und bei diesem Gedanken musste sie schmunzeln. Als wäre Anaïs eine Mini-Version von Birget, aber mit einem Kleid. Niemals hätte man Birget in einem Kleid erwischt. Ihre Hände waren voll Erde – sie war gerade dabei, im Garten zu arbeiten.

Kein Wunder, vermutete Phillis. Anaïs war – wie Birget erzählt hatte – eine Demigöttin. Die Tochter von Persephone, der Göttin des Frühlings und lange auch als eine einfache Naturgottheit oder sogar Nymphe bekannt.

Überraschter war Phillis von dem Vater des Mädchens – besonders, weil Anaïs absolut keine Ähnlichkeiten zu ihm aufzuweisen schien. Wäre Peter Pettigrew nicht tot, Phillis wäre zuerst zu ihm gegangen und hätte ihn gefragt, wie genau – von allen im Orden – er es geschafft hatte, ein Kind mit einer Göttin zu zeugen.

„Du musst Anaïs sein", erkannte Remus und kam ein paar Schritte auf Anaïs zu, blieb aber auch auf Abstand. „Mein Name ist Remus, das ist meine Frau Phillis. Wir sind Freunde von Birget und Emmeline."

Anaïs musterte die beiden misstrauisch. „Ich glaube, Emmeline hat gesagt, dass wir heute Gäste haben... ich habe es aber vergessen."

Phillis biss sich auf die Zunge, damit sie nicht zu sehr grinste – Anaïs könnte es als eine Beleidigung auffassen. Es war einfach nur niedlich, wie offensichtlich es war, dass Anaïs eine Demigöttin war.

„Was machst du da?", fragte Remus – wahrscheinlich mehr aus Höflichkeit, immerhin würde er im nächsten Schuljahr ein Professor von Anaïs sein.

Für das, dass Remus ziemlich klug war, konnte er aber manchmal ziemlich idiotisch sein, fand Phillis. Immerhin kannte er Houdini jetzt schon seit vielen Jahren und trotzdem hatte er scheinbar gar nichts gelernt – besonders nicht, wenn es um die Interessen von Demigöttern ging.

Achilles | Remus Lupin [3]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt