Kapitel 27: die Thronfolge

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Ich rannte so schnell mich meine Füße trugen durch die Gänge. Alleine und mit schwirrendem Kopf. Erst rannte ich über Stein, dann lange dicke Teppiche, Holzboden und schließlich wieder Stein. Von außen schlugen die Regentropfen an die Mauern und der Sturm hämmerte an die Fenster. Auch das noch, als wäre die Situation nicht schon schlimm genug. Ich atmete einen Moment durch, und verlangsamte, und nicht die lange Treppe hinunter zu fallen. Schnell wischte ich mir die Tränen weg, die aus meinen Augen gekommen waren ohne das ich es mitbekommen hatte. Hastig übersprang ich die letzten zwei Treppenstufen und rannte um die letzte Ecke. Vor der Tür zum Gemach meines Vaters blieb ich stehen. Die beiden Wachen davor musterten mich besorgt und mitleidig. „Prinzessin Y/N..." Sie traten zur Seite und ließen mich eintreten. Der Raum war klein, und düster. Da er nur ein ziemlich kleines Fenster hatte verstummte auch der Regen von draußen fast komplett. Nur leise hörte man es noch rieseln. Ein Gesicht, von langen blonden Strähnen gerahmt, sah zu mir auf. Zelda saß am Rand des Bettest, in dem unser Vater lag und strich sanft über seine Hand. Als sie mich erkannte breitete sie die Arme aus und zog mich an sich. Da brachen die Tränen schon wieder aus mir heraus. Es war einfach zu viel! Meinen Vater, den König von Hyrule, dort so zu sehen, das Gesicht glühend vom Fieber, den schwachen Atem zittrig vom Schüttelfrost... Er hatte die Grippe bekommen, nur einen Tag nachdem Link und ich aufgebrochen waren. Ich vergrub das Gesicht in Zeldas Haaren und schluchzte vor mich hin. „Was sagt der Heiler? Kann er denn irgendetwas tun?" fragte ich mit erstickter Stimme. Meine Schwester seufzte tief. „Wir haben schon alles versucht. So schlimm es auch ist, jetzt hilft wohl nur noch beten." Ich musste tief schlucken. Natürlich war uns allen klar gewesen, dass es irgendwann so weit kommen würde. Der Tag hatte kommen müssen, und unser Vater war auch nicht mehr der Jüngste. Trotzdem war es für mich unvorstellbar, in einem Hyrule zu leben in dem es keinen König mehr gab. Zelda würde die Thronfolge als ältere von uns antreten. Nur konnte keiner im Angesicht der Lage darüber glücklich sein. Nich mal sie selbst hatte sich auf eben diesen Tag gefreut, an dem sie den Thron besteigen würde. Das hatte verschiedene Gründe, aber größtenteils war es schrecklich, weil ein neuer Herrscher immer den Tot des Vorherigen mit sich brachte. Ich sah auf meinen Vater hinunter. Noch war er nicht gestorben, noch bestand die Hoffnung, dass die Göttin Hylia unsere Gebete und Bitten für ihn erhören würde. ,,Er hat die ganze Nacht lang schon keinen Schlaf gefunden. Erst vorhin ist das Fieber etwas gesunken, sodass er Ruhe finden konnte." Wir wussten beide, dass wir nicht wussten, ob unser Vater jemals wieder aufwachen würde. War jemand schwer krank, konnte man das vorher nie wissen. Und verdammt noch mal, ich war nicht da gewesen um mich zu verabschieden! Ich könnte es mir nicht verzeihen, wenn mein Vater nicht noch einmal aufwachen und mit mir sprechen könnte. Bei der heiligen Göttin, bitte lass ihn noch einmal erwachen, bitte! Zelda erhob sich von der Bettkante. ,,Möchtest du noch hier bleiben?" fragte sie leise. Ich sah sie an. ,,Alleine hier? Das halte ich nicht aus." Also verließen wir zusammen das kleine Zimmerchen. Es gab im Moment sowieso nichts, was wir hier machen konnte. Zelda drückte mich noch einmal, und verabschiedete sich dann in die andere Richtung des Ganges. Ich blieb vor der Tür stehen und sah mich um. Wo war er nur? Da, da stand er an der Wand! Sobald Link meine glänzend nassen Augen bemerkte, kam er hastig schnellen Schrittes auf mich zugeeilt. Sofort schmiegte ich mich in seine Arme, und schon wieder kamen die Tränen über mich. Sie tropften auf sein Hemd hinunter. Sachte strich er mir durch die Haare, drückte meinen Kopf an sich. Er stellte keine Fragen, wollte nichts wissen, war einfach nur für mich da und hielt mich fest als ich weinte. Somit war seine Nähe wohl das einzige, was mich vom nervlichen Zusammenbruch abhielt...


Zeitsprung - ein paar Tage später:

Es regnete und regnete. Wie aus Kübeln goss es vom grauen Himmel herunter. Der dünne Stoff meines pechschwarzen Kleides war schon komplett durchnässt und klebte an meinen Armen. Auch aus meinen Haaren tropfte es. Wir liefen so die große Haupttreppe des Schlosses hinunter, wie es sich nach der Tradition gehörte: Zelda lief auf der linken Seite des Sarges, und ich auf der rechten. Wäre nicht Link noch auf meiner anderen Seite gelaufen und hätte mich festgehalten, wäre ich wohl auf den regennassen Stufen ausgerutscht. Ich hob meinen von Regen und Tränen verschleierten Bick an. Hunderte waren gekommen, tausende. Die Menschen standen wie es mir schien zu tausenden auf dem Schlosshof. Alle, die es irgendwie hatten einrichten können, waren gekommen um sich von ihrem König zu verabschieden. Obwohl so viele hier waren, waren der Regen und meine Schritte dass einzige das zu hören war. Niemand sagte auch nur ein Wort, alle schwiegen. Tausende von Menschen und Bewohnern des Reiches schwiegen zusammen, zu Ehren meines Vaters. Ganz vorne standen die besonderen Ehrengäste: Impa war gekommen, obwohl ihr Alter eine solche Reise sicher schwer machte. Die Ornis und Zoras waren gekommen. Und auch Urbosa war aus der Wüste gekommen, und stand neben den ebenfalls anwesenden Goronen. Der Regen fiel auf sie alle hinunter, und schien jede Spur von Glück und Freude aus den Gesichtern zu waschen. Inzwischen waren wir mit langsamen Schritten unten an der Treppe angekommen. Die Soldaten welche den  Sarg trugen, setzten ihn vorsichtig ab. Ich sah zu Zelda hinüber und merkte wie sie schluckte. Wir wussten beide was jetzt kommen würde, was meine Schwester jetzt tun musste. Nervös trat sie vor den Sarg und stellte sich vor die Menge der Versammelten. Ich sah wie ihre Hände zitterten, und die Tränen über ihre Wangen liefen. Sie holte tief Luft. ,,Höret, ihr Anwesenden, diese Rede zu Ehren unseres verstorbenen Herrschers, des Königs, meines Vaters!" erhob sie die Stimme. ,,Der er regiert hat, fair und gutmütig für viele Jahre. Zu Ehren seiner Entscheidungen, Bestimmungen und seines königlichen Geistes. Der Geist, den ich die Göttin erbitte, mit der Ehre zu empfangen die ihm gebürt." Sie musste wieder tief durchatmen bevor sie weitersprach: ,,Ich bete zu Hylia, auf dass sie ihn empfängt und in ihr himmlisches Reich eingehen lässt, auf dass er dort bis in alle Ewigkeit heilig sein und weiter leben wird." Da wurde sie wieder von einer Tränenwelle erschüttert. Besorgt sah ich zu ihr hinüber. ,,Er war ein Mann von unvergleichbarer Größe, und ein ehrenvoller Herrscher. Und er war Vater. Mein Vater und der meiner Schwester. Er..." sie musste sich über das Gesicht wischen. ,,Er... war ein guter Vater. Zwar streng und bedacht, aber doch gutherzig..." Dann war es vorbei. Die Tränen schüttelten sie so stark, das sie fast in die Knie gegangen wäre. Ich drehte mein Gesicht zu Link, der in seinem schwarzen Anzug hinter mir stand. Er verstand was ich wollte, ohne dass wir auch nur ein Wort wechselten und nickte. Sofort eilte ich die wenigen Schritte zu meiner Schwester hinüber und schloss sie in die Arme. Versuchte sie vor tausenden von Menschen zu beruhigen. ,,Ich kann das nicht!" schluchzte sie völlig fertig. Ich nickte und redete beruhigend auf sie ein. Aber es brachte alles nichts, Zelda war am Ende. Ich sah über meine Schulter und winkte meinen Leibwächter heran. Er übernahm Zelda und stützte sie, bis sie schließlich auf der Treppe zusammensank. Ich drehte mich wieder zu den Menschen, vor denen ich nun ganz alleine stand. Ich sah in die Augen von Revali, Impa, Urbosa und all den anderen. Und dann straffte die Königin der Gerudoiander die Schultern und nickte mir bestimmt zu. Ich sah zu Impa hinüber, und auch sie nickte leise lächelnd. Ich schloss ganz kurz die Augen, atmete ein und aus. Dann erhob sich meine eigene Stimme über die Totenstille: ,,Er war ein gutherziger und führsorglicher Vater. Ich breche gerade mit dieser Rede die alte Tradition des Königshauses, aber das kümmert mich nicht wirklich. Denn mein Vater, unser aller König, verdieht es, eine Abschiedsrede zu bekommen." Revali sah mich an, in seinen Augen lag Stolz. Ich fasste noch mehr Mut und sprach lauter: ,,Eine Zeit geht heute zu Ende. Eine glorreiche Zeit der goldenen Herrschaft des Königs, den wir heute im letzten Gang zu Grabe tragen werden. Und der Tag, der den Beginn einer neuen Zeit verkündet. Eine neue Zeit, die von Königin Zelda beherrscht und geführt werden wird. Unser aller neue Königin, eigens auserwählt und gesandt von der großen Göttin Hylia. Es werden auch in Zukunft Schwierigkeiten und Konflikte auf uns alle warten. Und seid gewiss Hylianer: eure Königin wird euch führen und euch leiten, aus jeder Dunkelheit wieder ins Licht." Ich hatte es fast geschafft, nur noch ein bisschen. ,,Jeder, der im Gedenken an mich die Hilfe der Göttin in Anspruch nehmen wird, soll sie empfangen und sie soll ihn heilig führen! Das waren die letzten Worte eures Königs, eures ehemaligen Herrschers. Auf dass Hylia euch alle seelig hat!" Damit beendete ich die Rede. Sofort begannen die tausenden Menschen zu jubeln. Ich lächelte schwach, verneigte mich, und trat zurück. Zwischen meiner Schwester und Link kam ich zum stehen. In der Menge kamen vereinzelte Rufe auf. Nach und nach stimmten immer mehr Menschen ein, und irgendwann rief die ganze Menge immer wieder: ,,Auf den König! Auf den König!" Es war unbeschreiblich. Tausende Stimmen aus dem ganzen Reich bildeten einen einzigen vereinten Chor. Sie übertönten den Regen und das Unwetter. Die Worte stiegen immer weiter an und an, immer höher und höher. Das Volk Hyrules pries seinen verstorbenen König bis in den Himmel hinauf. Es war, als würden sie alle zusammen zur Göttin rufen und ihren König für sie ehren. Ich sah zu Zelda auf. Ein Lächeln zierte ihre blassen Lippen. Und ich merkte auch, wie ich selbst lächelte. Die Rufe der Hylianer hallten über das Schloss hinweg, in die Berge, Wälder und Flüsse hinein. Ich schloss die Augen und lauschte. Hier und da erklangen Lob und Rufe für meine Schwester. ,,Auf die neue Königin!" riefen die Menschen, und: ,,Auf Königin Zelda!" Mit dem heutigen Tage war nicht nur meine Schwester Königin geworden, sonder auch für mich hatte sich vieles geändert. Mit ihrer Krönung war ich nun die erste und letzte nächste Erbin und Thronfolgerin... 


In der nächsten Nacht hatte ich wieder den gleichen Traum wie schon gestern. Ich hörte die letzten Worte, die mein Vater zu mir gesangt hatte. Denn er war noch einmal wach geworden. Ich hatte mich verabschieden können von ihm. Aber es war unfassbar schmerzhaft gewesen. Und doch war ich dankbar für unser letztes Gespräch:

,,Ach Y/N... Ich weiß doch genau was du wissen willst. Und ich habe es mir lange überlegt, sehr lange. Am Ende bin ich zu einem Schluss gekommen. Link ist ein wirklich guter Mann, das weiß ich. Er führt seinen Beruf mit Bravour aus, ist für dich da und passt auf dich auf. Er würde sein Leben für dich lassen. Und deshalb finde ich, das eurer Bindung nichts mehr im Wege stehen sollte. Ja ja, du verstehst mich schon ganz richtig. Ich gebe hiermit meine Erlaubnis, dass meine tapfere kleine Tochter und ihr Leibwächter den Bund der Ehe eingehen dürfen. Wenn ihr Beide das denn wirklich wollt. Aber ich denke, einen besseren wirst du im ganzen Reich nicht finden!  Versprich mir dass du auf die selbst aufpasst, also keine Dummheiten machst, und dich benimmst Y/N. Ich muss wohl einsehen, dass du nicht die typische Prinzessin bist und von der ein oder anderen Regel und Tradition nichts hälst. Bis jetzt hat dir das jedoch nie geschadet, und du wirst mit Sicherheit deinen ganz eigenen Weg gehen. Sei für Zelda da, hilf ihr wenn sie dich braucht und unterstütze sie als Herrscherin des Landes. Bleib so wie du bist mein Kind. Mutig, bestimmt, großherzig und liebevoll, gerecht, freundlich, schlau und humorvoll. Du bist wunderbar, genauso so wie du bist. Lass dir bloß nie von jemandem etwas anderes einreden! Ich werde von oben auf die herab sehen, meine Tochter. Ich werde dir im Geiste bei allem beistehen, und immer und überall bei dir sein wenn du mich brauchst. Ich weiß, dass das Königreich in den Händen von deiner Schwester und dir in den besten ist. Du kannst alles schaffen, Y/N! Alles, was auch immer es ist. Das weiß ich, denn ich kenne meine Tochter so gut wie sonst kein anderer...


Nachdenklich strich ich Link durch die Haare. Er hatte den Kopf auf meinem Brustkorb abgelegt und schlief tief und fest. Während ich an meinen Vater und seine Worte dachte, kraulte ich durch seine wirren blonden Stränen. Heiraten... bei Hylia, wollte ich überhaupt heiraten? Die ersten Sonnenstrahlen erhellten mein Turmzimmer. Plötzlich klopfte es. Ich drehte den Kopf zur Tür. ,,Ja?" rief ich, wobei ich Angst hatte Link aufzuwecken. Zelda schlüpfte durch die Tür, sie sah noch recht verschlafen aus. ,,Morgen Schwesterherz. Ich wollte nur Bescheid sagen, dass Impa mit dir sprechen möchte." Sie schlich leise näher an mein Bett, und musterte mich und den immer noch schlafenden Link auf mir. ,,So so..." kicherte sie. ,,Das ist also der Leibwächter den du am Anfang auf gar keinen Fall wolltest, hm? Der, der am Anfang kaum ein Wort gesprochen hat und bei dem ich dir sofort gesagt habe das er nett ist!" Ich rollte grinsend mit den Augen. ,,Genau der. Er und kein anderer." 

Hyrule Lovers (Link x fm reader) IN ÜBERARBEITUNGWo Geschichten leben. Entdecke jetzt