Ferun
„So, und noch einen Beutel.", zufrieden mit mir selbst betrachtete ich den, nun mit Geschenken vollbeladenen, Schlitten. Heute würde ich aufbrechen um diese in die Depots an den Stadträndern zu fliegen. Denn egal was die Menschen erzählten, Rudolf und ich schafften es wirklich nicht alleine an einem Tag allen Menschen Geschenke zu verteilen, daher die Vorarbeit.
„Rudolf! Kommst du? Es geht los!", rief ich gut gelaunt dem Rentier zu. Dieser kam gemächlich angetrabt. Der gute Junge war mittlerweile auch schon recht alt, aber immer noch mein liebster Mitarbeiter und Freund. „Wohin geht es den heute?", fragte er mit sanfter, tiefer Stimme. „Rüber in den Westen.", lächelte ich und warf noch das Sicherheitsnetz über die Geschenksäcke. „Dort ist es schön... überall glitzernder Schnee.", träumte Rudolf mit einem seligen Lächeln. „Da hast du recht, los, lass uns gehen.", ich schnallte Rudolf in die Zugeinrichtung vor den Schlitten. Hocherfreut endlich wieder fliegen zu können setze ich mich hinter die Zügel. Rudolf trappte fröhlich schnaubend los zur Startbahn. Der Schnee knirschte unter seinen Hufen und sein Atem hinterließ weiße Wölkchen in der kalten Luft. Ich zog meinen Schal enger um meinen Hals, und packte die Zügel etwas fester. Rudolf ging in den Galopp, und hob dann elegant vom Boden ab.
Etwas holprig erhoben wir uns in die Lüfte, mit jedem Schritt wurde Rudolf wieder sicherer. Lachend warf ich meinen Kopf in den Nacken und genoss das unvergleichliche Gefühl von Freiheit.
Skadi
Ich stand am höchsten schneebedeckten Gipfel und schaute fasziniert über die tief verschneiten, in der Sonne glitzernden, Berge und Bäume. Endlich war es wieder soweit, der Winter nahte. Es wurde Zeit den Menschen und allen anderen Geschöpfen Kälte und Schnee zu schicken. Es ging nichts über einen kleinen Schneesturm und Kälteeinbruch, überlegte ich mit einem teuflischen Grinsen im Gesicht. Es fühlt sich so unfassbar berauschend an, wenn meine Macht durch meinen Körper fließt und die ganze angestaute Energie sich endlich entladen kann. Tja und da momentan kein anderweitiger Zeitvertreib in Sicht war, ist eben jetzt Winterbeginn....
Ihr stellt euch sicher die Frage, wer oder was ich bin. Für Manche bin ich das eiskalte skrupellose Monster das nur Tod, Vernichtung bringt, für Andere die wunderschöne faszinierende Schneekönigin um deren Beachtung sie kämpfen, wenn sie mich sehen, für wieder Andere die böse weiße Hexe, die Jeden denn sie haben möchte verzaubert und verschleppt. Weiteres werdet Ihr noch früh genug erfahren und Ihr könnt selber entscheiden, was ich für euch bin.
Ich ließ meinen Kräften freien Lauf und spürte endlich wieder das wunderbare Gefühl wie sich die viel zu lange angestaute Energie aus meinem eiskalten Herzen löst, durch meinen ganzen Körper floss und sich geballt in meinen Handflächen sammelte. Und ich ließ los, aus paar wundervoll tanzenden Schneeflocken wurden immer mehr und mehr, der Schneesturm tanzte wild um mich herum, spielt mit meinem Haar und Kleid, schmiegte sich an mich, bevor ich ihn Richtung Menschenwelt schickte. Nachdem sich meine Macht entladen hatte, war ich wieder total entspannt. Wow, es war jedesmal wieder eine Wohltat und Glücksgefühle strömten durch meinen Körper, ähnlich wie nach einem heftigen Orgasmus. Lächelnd stieg ich vom Berg herab und machte mich auf den Weg zurück zum Schloss.
Vielleicht kommt Cara endlich zurück und bringt einen neuen Zeitvertreib mit. Hoffentlich überlebt der dann länger. Es war echt frustrierend, dass keiner außer Cara mir länger standhielt. Cara habe ich auf einer meiner Reisen gerettet und mitgenommen. Sie war eine Walküre Odins und wurde verstoßen, weil sie zu mächtig war. Seitdem ist sie bei mir und übernimmt Aufträge, unterstützt mich und Ja, sorgte auch für meine Unterhaltung, Entspannung und besseren Gemütszustand.
Ich bin gespannt, was der Tag noch so bringt. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es heute noch ganz interessant werden könnte....
Cara
Ich hatte mein Ziel erreicht. Branda meine treue Schimmelstute, schnaubte kurz auf. Ein kleines Dorf, südlich unseres Schlosses. Mich verband etwas mit dem Dorf. Es gab da jemanden, der mir wichtig war, aber den ich nicht haben konnte, weil meine Herrin es niemals zulassen würde. Aber einmal im Jahr musste ich in dieses Dorf. Ich musste die Steuern in Form von Lebensmitteln rein holen und natürlich das „Geschenk" des Dorfes. Eine Gespielin für meine Herrin. Dafür standen die Dörfer unter unserem Schutz. Es waren insgesamt zwölf Dörfer. Jeden Monat besuchte ich ein anderes Dorf. Nicht jeden Monat brauchten wir ein Geschenk für meine Herrin. Aber diesen Monat war es wieder soweit und die Wahl fiel auf dieses kleine Dorf. Ich holte noch einmal tief Luft und stieg ab. Von hier aus würde ich zu Fuß gehen. Branda würde erst wieder zu mir kommen, wenn ich sie rufe. Solange kann sie tun und lassen was sie will. Was sie mit Sicherheit auch tat. Den sie war ein Dickkopf... genau wie ich. Und sie ließ sich nichts sagen... auch genau wie ich. Und trotzdem war sie meine treueste Weggefährtin, die viele Schlachten mit mir geschlagen hatte und mir mehr als einmal den Hintern gerettet hatte. „Ok, alte Freundin. Von jetzt an gehe ich alleine. Wenn ich dich brauche werde ich dich rufen." Kurz stubste sie mir gegen die Stirn, als Zeichen dass sie verstanden hatte. Dann drehte sie sich um und galoppierte in den nahe gelegenen Wald. Kurz sah ich ihr noch hinterher. Dann durchquerte ich das Dorf und ging direkt zu der Hütte des Dorfältesten. Ich klopfte dreimal fest gegen seine Tür. Es dauerte nicht lange da wurde sie geöffnet und ein kleiner, gebrechlich wirkender, alter Mann stand vor mir. „Es ist wieder soweit?" Ich nickte nur. Er rief nach seinem Sohn. „Jakob! Bereite alles vor." Ein ca. 15 jähriger Junge trat ängstlich an die Tür. Ich ging einen Schritt zur Seite um den Knaben durch zulassen. Mit gesenktem Kopf schlich er an mir vorbei. „Das wird etwas dauern. Möchtet ihr etwas essen oder etwas trinken?" „Nein... ich möchte wissen, warum noch nicht alles vorbereitet ist. Denkst du, ich habe ewig Zeit?" Ich ging bedrohlich auf den alten Mann zu. Er zog den Kopf ein. „Verzeiht mir... ich bin alt und habe mich in den Monaten vertan. Ich dachte, wir wären erst nächsten Monat dran." Ich sah auf ihn hinab. „Du kannst es wieder gut machen. Ich brauche noch drei starke Männer, die handwerklich begabt sind und drei Frauen, die kochen und putzen können. Und natürlich noch das Geschenk für unsere Königin." Ich grinste ihn an. „Natürlich... ich werde mich darum kümmern. Jetzt ruht euch etwas aus. Morgen früh wird alles fertig sein." Ich nickte ihm zu. Dann verließ ich sein Haus und ging zu dem Gasthof in dem ich auch überdachten würde.
Es hatte sich mittlerweile rumgesprochen, dass ich da war. Mein Essen stand auf dem Tisch und mein Zimmer war auch schon fertig. „Braucht ihr noch etwas?" fragte der Gastwirt überfreundlich. Ich schüttelte nur den Kopf. Erleichtert verließ er mein Zimmer. Endlich hatte ich Ruhe.
Ich hatte gerade fertig gegessen, als es an meiner Tür klopfte. „Herein!" „Du bist wirklich da." „Almina!" Sie rannte auf mich zu, sprang mir in die Arme und ehe ich mich versah, lagen ihre Lippen auf meinen.
Kurz erlaubte ich mir, ihren Kuss und ihre Nähe zu genieße, bis ich mich sanft aber bestimmt von ihr löste und sie auf den Boden stellte. „Almina... wir hatten darüber gesprochen." Ich warf ihr einen strengen Blick zu. „Du sollst dir jemanden suchen, der besser für dich ist." Trotzig sah sie mich an. „Ich will aber niemand anderen. Ich will dich. Ich liebe dich." Ich seufzte. Zärtlich strich ich ihr eine Strähne hinters Ohr. „Du kennst mich nicht. Ich bin nicht gut für dich. Ich..." weiter kam ich nicht, schon lagen ihre Lippen wieder auf meinen. Wie gern würde ich meinen Gefühlen nachgeben... aber es geht nicht. Meine Herrin würde das niemals zu lassen. Für sie bedeutet Liebe Schwäche. Und sie würde diese Schwäche von mir sofort beseitigen. Ohne mit der Wimper zu zucken. Wenn ich Almina schützen wollte, musste ich mich von ihr fern halten. Ich schob sie wieder von mir weg. Diesmal bestimmter. „Geh! Vergiss mich." Ich sah wie sich ihre Augen langsam mit Tränen füllten. Es brach mir das Herz. Aber es war zu ihrem Schutz. „Sag, dass du mich nicht liebst und ich werde gehen." Mein Herz setzte kurz aus. Ich musste mich zusammen reißen. Mit ausdrucksloser Miene sah ich sie an. „Ich liebe dich nicht! Und jetzt geh!" Mein Herz zerbrach. Jetzt flossen ihre Tränen. Aber sie sagte nichts mehr, drehte sich um und rannte aus meinem Zimmer. Ich musste hier so schnell wie möglich wieder weg. Hoffentlich war morgen früh alles vorbereitet, damit ich früh aufbrechen konnte. Ich legte mich auf mein Bett. Wohlwissend, dass ich heute Nacht nicht schlafen werde.
Nach einer schlaflosen Nacht, entschied ich mich dazu, noch vor Sonnenaufgang aufzustehen. Ich blickte aus dem Fenster und sah eine Weile dem Treiben zu. Dann ging ich runter um zu frühstücken. Ich wollte die Heimreise gestärkt antreten. Der Wirt servierte mir das Beste, was seine Küche zu bieten hatte. Aber mal ganz ehrlich... wer isst den schon zum Frühstück einen Braten? Ich bevorzugte Morgens eigentlich eher leichte Kost... Obst... aber gut. Da ich nicht geschlafen hatte, würde diese Stärkung mir wohl gut tun. Nach dem Essen ging ich raus und suchte den Dorfältesten. Ich fand ihn bei den Waren für mich. Er erteilte noch letzte Anweisungen. Als er mich sah, kam er mich freundlich lächelnd entgegen. „Ihr kommt genau richtig. Wir sind gerade fertig geworden." Ich überprüfte mit einem kurzen Blick die Waren. „Gut... Wo ist das Geschenk für unsere Königin?" „Ich bin hier." Hörte ich eine mir sehr vertraute Stimme hinter mir antworten. „Nein. Sie nicht. Wählt jemand anderes." „Sie hat sich freiwillig gemeldet. Sie möchte unser Dorf schützen." Stammelte der Dorfälteste. „Nein, sagte ich!" Meine Stimme war nur noch ein bedrohliches knurren. Plötzlich ging ein Ruck durch den alten Mann. Er stellte sich mir aufrecht gegenüber und hob herausfordernd sein Kinn. „Ich werde niemanden zwingen, diese Bürde auf sich zu nehmen. Almina hat sich freiwillig gemeldet und ich werde ihren Wunsch akzeptieren. Ich..." Mehr konnte er nicht mehr sagen, da durchtrennt mein Dolch auch schon seine Kehle. „Ich glaube ihr braucht einen neuen Dorfältesten." knurrte ich, während ich das Blut von meinem Dolch wischte. Ich sah Almina direkt in die Augen, die mich entsetzt anstarren. „Das bin ich. Jetzt kennst du mein wahres Ich."
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Eine etwas andere Wintergeschichte
FantasyViele Geschichten beginnen mit „Es war einmal ..." und enden mit „... und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende." Begebt euch mit in die wundervolle Welt des hohen Nordens, lasst euch überraschen und wir werden sehen wie es hier e...